FÜNFUNDVIERZIGSTE ROSE
Wie man auch die äußere Ehrfurcht wahren soll.
Ich füge bei, daß man den Rosenkranz auch mit äußerer Ehrfurcht beten soll, d.h. wenn möglich auf den Knien mit dem Rosenkranz in der gefalteten Hand. Jedoch, wenn man krank ist, kann man ihn auch im Bett verrichten; ist man auf der Reise, so betet man ihn im Gehen oder Fahren; wenn man aus Kränklichkeit nicht knien kann, darf man ihn stehend oder sitzend verrichten.
Man darf ihn sogar während der Arbeit beten, wenn man die Arbeit nicht verlassen kann, ohne die Standespflichten zu verletzen, denn die Handarbeit ist dem mündlichen Gebete nicht immer hinderlich. Ich gestehe, daß unsere Seele, die nur von beschränkter Fähigkeit ist, der Geistestätigkeit, z.B. dem Gebete, weniger Aufmerksamkeit schenken kann, während sie auf die Handarbeit achtet; im Notfälle indessen hat dieses Gebet seinen Wert in den Augen Mariä, die mehr den guten Willen des Herzens als das äußere Werk belohnt.
Ich rate dir, den Psalter in drei Rosenkränze einzuteilen oder ihn zu drei verschiedenen Tageszeiten zu beten. Es ist besser, ihn so zu verteilen, als ihn auf einmal ganz zu beten.
Wenn du nicht genug Zeit finden kannst, fünf Gesätze nacheinander zu beten, so bete einen Zehner da, einen Zehner dort. Auf diese Weise kannst du trotz aller deiner Beschäftigungen deinen Psalter vor dem Schlafengehen vollendet haben.
Ahme hierin die Treue des heiligen Franz von Sales nach. Auf einer Visitationsreise hatte er eines Tages bis in die späte Nacht hinein keine Zeit gefunden, seinen Rosenkranz zu vollenden. Kurz vor Mitternacht erinnerte er sich, daß ihm noch einige Gesätze seines Psalters zu beten übrigblieben. Gleich kniete er nieder und betete sie vor dem Schlafengehen, trotzdem sein Hofkaplan, der ihn so ermüdet sah, ihm zuredete, den Rest seines Gebetes auf den folgenden Tag zu verschieben.
Ahmet auch die Treue, die Ehrfurcht und die Andacht jenes heiligen Ordensmannes nach, von dem die Chroniken des heiligen Franziskus sprechen, und der die Gewohnheit hatte, vor dem Mittagessen mit großer Andacht und Ehrfurcht einen Rosenkranz zu beten. Ich habe weiter oben davon gesprochen.