Lebensbeschreibung
des seligen Alanus de Rupe.
Der Name Alanus de Rupe ist mit der Geschichte des Rosenkranzes so eng verknüpft, daß es nicht möglich ist, ihn zu übergehen.
Die Wiege Alanus' liegt in der Bretagne, jenem Land, das so viele Heilige hervorgebracht und das heute noch ein fruchtbarer Boden für tiefes religiöses Leben ist. Zu Dinan um 1428 geboren, trat er später ins Dominikanerkloster ein, von wo aus er zum Studium der Theologie ins St. Jakobskloster nach Paris geschickt wurde. Weil die Beobachtung der Ordensgelübde in Lille strenger war als in Paris und Dinan, zog es ihn dorthin. Mit Ausnahme der letzten paar Jahre seines Lebens wirkte er immer als Professor der Theologie in Lille, Douai und in Gent, wo ihm die Würde eines "Lector primarius" verliehen wurde. Sein großer Einfluß war weniger die Wirkung einer reich entfalteten und allbekannten Beredsamkeit als vielmehr seiner leuchtenden Tugend, seiner strengen Abtötung und seiner glühenden Liebe zu Maria.
Es ist schwer, in seinem von der Lehrtätigkeit ganz ausgefüllten Leben den Zeitpunkt seiner apostolischen Reisen zu bestimmen. Und doch ist es sicher, daß er die Bretagne, Flandern, Holland und einen Teil Deutschlands durcheilt und allüberall mit glühendem Eifer den Rosenkranz gepredigt, das Volk aus seiner Lauheit aufgerüttelt und zu einem eifrigen christlichen Leben entflammt hat.
Am 14. März 1470 wurde die erste Rosenkranzbruderschaft von ihm zu Douai gegründet. Nachher wurde er als "Magister Sacrae Theologiae" nach Rostock in Meklenburg geschickt, wo er mit großem Eifer "unserer lieben Frauen Psalter" predigte, und zwar in seiner Muttersprache, während der Prior des Klosters ihn verdolmetschte und seine Predigt dem Volke erklärte.
1473 bestimmte das Provinzialkonzil in Zwolle in Flandern, die Laienbrüder seien verpflichtet, an jenen Tagen, da für die Kleriker das liturgische Psalterium vorgeschrieben sei, den marianischen Psalter zu beten. Das war eine Frucht seiner Tätigkeit.
Im April 1475 benützte Alanus die Gelegenheit eines Provinzialkonzils in Lille, um die Andacht und Bruderschaft des heiligen Rosenkranzes gegen einige Feinde zu verteidigen. In Lille errichtete er die Rosenkranzbruderschaft, und zwar mit solchem Erfolg, daß binnen Jahresfrist mehr als 50.000 Mitglieder eingeschrieben waren.
Von Lille wanderte er nach Zwolle, aber schon am 15. August fühlte er sich krank und starb am 8. September, dem Feste Mariä Geburt, im Alter von 47 Jahren.
Die Zeitgenossen schildern ihn nicht nur als großen Gelehrten, sondern auch als Heiligen, als glühenden Marienverehrer und unermüdlichen Eiferer für ihre Ehre. Sein geradezu wunderbarer Erfolg in der Ausbreitung des Rosenkranzes, der nur ein Werk der göttlichen Vorsehung sein konnte, läßt uns verstehen, warum Alanus seit Jahrhunderten vom Volke mit dem Titel eines Seligen geschmückt und auf alten Bildern mit dem Heiligenschein abgebildet wird.