Aussprüche des hl. Johannes M. Vianney, Pfarrer von Ars

GLAUBENS- UND GEBETSLEBEN

 

DIESSEITS UND JENSEITS

 

Bedenken wir doch: wir haben eine Seele zu retten und eine Ewigkeit erwartet uns! Die Welt, die Reichtümer, die Vergnügungen, die Ehren werden vergehen. Der Himmel und die Hölle aber werden nie vergehen.

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Die Welt verbirgt uns den Himmel und die Hölle: Den Himmel, weil man um jeden Preis dorthin kommen möchte, wenn man seine Schönheit kennen würde; die Hölle, weil man alles tun würde, um nicht in sie zu kommen, wenn man ihre Qualen kannte.

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In dieser Welt müssen wir arbeiten, müssen wir kämpfen. Einst können wir die ganze Ewigkeit hindurch ruhen.

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Man soll nicht an die Mühe denken, sondern an den Lohn. Der Kaufmann sieht auch nicht auf die Beschwerlichkeit in seinem Handel, sondern auf den Gewinn, welchen er daraus zieht. — Was sind zwanzig, dreißig Jahre im Vergleich mit der Ewigkeit? ... Was haben wir denn gar so Schweres zu ertragen? Einige Demütigungen, einige Quetschungen, einige beißende Worte: das bringt uns nicht ums Leben.

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Wir dürfen unsern Lohn erst in unserer Heimat, im Vaterhaus erwarten. Die guten Christen erleiden Widersprüche und Widerwärtigkeiten, sie werden verachtet und verleumdet; so muß es sein! Viele finden das jedoch auffallend. Wenn sie den lieben Gott ein wenig lieben, meinen sie, von aller Widerwärtigkeit, von allen Leiden frei sein zu können.

Der Schatz des Christen ist nicht auf Erden, er ist im Himmel. Unsere Gedanken sollten immer dorthin gerichtet sein, wo unser Schatz ist.

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Wir sollten über die Erde in den Himmel gehen, wie man auf einer Brücke über das Wasser schreitet.

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Der Mensch ward für den Himmel erschaffen. Der Teufel hat aber die Leiter zerbrochen, die dorthin führte. Der Heiland hat uns durch sein Leiden eine andere geschenkt und die Pforte des Himmels wieder geöffnet. Die billigste Jungfrau ist oben, hält die Leiter mit beiden Händen und ruft uns zu: »Kommet, kommet!« O welch schöne Einladung! Was für eine schöne Bestimmung hat doch der Mensch: Er soll Gott schauen, ihn lieben, ihn preisen, ihn ewig betrachten!

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»Wer den Tod fürchtet«, sagt der heilige Augustin, »der liebt Gott nicht«. Das ist ganz wahr. Wenn du sehr lange Zeit von deinem Vater getrennt warst, wirst du dich nicht glücklich fühlen, ihn wiederzusehen?

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Wir werden nur dann dort oben mit Gott vereinigt sein, wenn wir es schon hier auf Erden waren. Der Tod wird dabei gar nichts lindern. Wo der Baum hinfällt, da bleibt er liegen.

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Das Herz neigt sich zu dem hin, was es (im meisten liebt: das stolze Herz zu den Ehren, das habsüchtige zu den Reichtümern; das rachsüchtige denkt an seine abscheulichen Ergötzungen. An was aber denkt der gute Christ? Wohin wird sein Herz sich wenden? Zum Himmel, wo sein guter Gott, wo sein liebstes Gut ist Dreiviertel der Christen arbeiten nur dafür, um ihren Körper, der bald in der Erde verfaulen wird, zufriedenzustellen, während sie an ihre arme Seele, der eine ewige Seligkeit oder Unglückseligkeit bevorsteht, nicht denken. Sie leben sinn- und gedankenlos dahin! Ich zittere um sie!

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Oh, wie sehr wird man im Augenblicke des Todes die Zeit bereuen, welche man den Vergnügen, den unnützen Unterhaltungen, dem Nichts gewidmet hat, statt sie zur Abtötung, zum Gebet, zu guten Werken, zum Nachdenken über seinen armseligen Zustand und zum Weinen über seine unzähligen Sünden zu benützen! Dann erst sieht man, daß man nichts für den Himmel getan hat.

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O mein Gott, wie sehr werden wir uns schämen, wenn einst der Tag des Jüngsten Gerichtes unseren Leichtsinn und unsere Undankbarkeit offenbart!

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Unterhaltet euch oft mit dem tröstenden Gedanken: Mit wem werden wir im Himmel sein? Wir werden im Himmel sein mit Gott, der unser Vater ist; wir werden im Himmel sein mit Jesus Christus, der unser Bruder ist; wir werden im Himmel sein mit der heiligen Jungfrau, die unsere Mutter ist; wir werden Im Himmel sein mit den Engeln und den Heiligen, die unsere Freunde sind.

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Ein König sprach voll Schmerz in seinen letzten Augenblicken: »Muß ich also wirklich mein Reich verlassen, um in ein Land zu gehen, wo ich niemand kenne?« Seht, das ist die Folge, wenn man nie an die Seligkeit des Himmels denkt! Wir müssen uns schon jetzt Freunde im Himmel machen, um sie nach dem Tode wiederzufinden. Dann haben wir keinen Grund, wie dieser König, zu fürchten, daß wir im Himmel niemand kennen.

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Ein schlechter Christ will nichts wissen von der schönen Hoffnung des Himmels, welche den guten Christen tröstet und mit Mut erfüllt. Er findet alles, was die Glückseligkeit der Heiligen bildet, hart, lästig und beschwerlich.

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Außer dem lieben Gott ist nichts dauerhaft, gar nichts! Das Leben vergeht! Das Glück verschwindet; die Gesundheit wird zerstört; der gute Name wird angegriffen. Wir fahren dahin wie der Wind ... Alles enteilt im Sturmschritt, alles stürzt pfeilschnell dahin. Ach! mein Gott, mein Gott! wie sehr sind also die zu beklagen, die ihre Neigungen auf alle diese Dinge richten und die Geschöpfe mehr suchen als Gott! Gerade deshalb sind sie nie zufrieden und ruhig, sondern stets voll Unruhe und in peinlicher und angstvoller Erwartung.

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Wir sollten es machen, wie die Könige, die für den Fall ihrer Entthronung ihre Schätze im voraus in Sicherheit bringen. Schicken wir doch unsere guten Werke in den Himmel voraus!

Wenn man an die Seligkeit im Himmel denkt, kann man da seine Blicke noch auf die Erde heften?

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Wenn du kein Heiliger bist, dann wirst du ein Verworfener sein; es gibt hier kein Mittelding. Man ist entweder das Eine oder das Andere. Beherzige das wohl! Alle jene, die einst den Himmel besitzen, werden Heilige sein.