Heiligsprechung von Pater Pio
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Die Heiligsprechung von Pater Pio: ein Ereignis
ohnegleichen
Papst stellt der Welt sein Zeugnis an Gebet und Barmherzigkeit vor
VATIKAN, 16. Juni 2002 (ZENIT.org).- Papst
Johannes Paul II. hat der Welt Pater Pio aus Petrelcina als Vorbild für Gebet
und Barmherzigkeit vorgestellt, in einer Zelebration, die wohl am meisten
Zulauf in der Geschichte des Vatikans gefunden hat.
"Der neue Heilige fordert uns auf, Gott ganz obenauf zu stellen, ihn als
unser höchstes und einziges Gut anzusehen", sagte der Heilige Vater in
der Heiligungshomilie von Francesco Forgione, wie der Kapuzinerfrater mit den
Wundmalen mit dem Geburtsnamen heißt, der 1968 mit 81 Jahren gestorben ist.
Die mehr als 300.000 Pilger, deren genaue Zahl unmöglich zu ermitteln war,
die nach Rom gekommen waren, um an der Feier teilzunehmen, passten nicht auf
den Petersplatz. Hunderttausende drängten sich in der Via della Conciliazione
und auf den nahegelegenen Plätzen, indem sie der Liturgie auf
Megabildschirmen folgten.
Die Pater-Pio-Fans wurden hart auf die Probe gestellt, denn sie wurden bei
schwülem Wetter einer unerbittlich niederbrennenden Sonne bei 35 Grad im
Schatten ausgesetzt, und die Hitze wurde durch den aufgeheizten römischen
Asphalt noch unerträglicher. Die Organisatoren verteilten Millionen
Wasserflaschen und bei einer Gelegenheit spritzen sie von Tanklastwagen Wasser
auf die Gläubigen.
Der bewegendste Moment fand um 10.25 statt - die Heiligsprechung, die in viele
Länder übers Fernsehen übertragen wurde, hatte um 10.00 angefangen - als
der Papst, auf Latein und mit der Gelegenheit angemessenener bebender Stimme,
die Formel aussprach, mit der Pater Pius in das Heiligenregister eingetragen
wurde.
Der 462. Heilige dieses Pontifikats ist auf jeden Fall der bestbekannteste und
meistgeliebte, besonders in Italien. In der ganzen Welt gibt es Gebetsgruppen,
die sich an seiner Spiritualität inspirieren.
Unter den Anwesenden waren auch die beiden Menschen, die seiner Interzession
ein Wunder zuschreiben, das ausschlaggebend gewesen sein soll, um zu diesem
Augenblick zu gelangen: die unerklärliche Heilung von Consiglia De Martino,
welche die Tore der Seligsprechung aufschlug, und die Heilung des Kindes
Matteo Pia Colella, der genau an diesem Tag die Erstkommunion aus den Händen
des Papstes empfängt.
2.700 Gebetsgruppen auf der Welt inspirieren sich an Pater Pio
großartige Idee in Zeiten des Individualismus - gemeinsam beten
SAN GIOVANNI ROTONDO, 16. Juni 2002 (ZENIT.org).-
Derzeit gibt es 2.700 Gebetsgruppen auf der Welt, die sich an der Spiritualität
von Pater Pio orientieren, der am Sonntag heiliggesprochen wird.
Als erster rief Papst Pius XI. dazu auf, um von Kriegswirren fernzuhalten,
dann auch Papst Pius XII. im Zweiten Weltkrieg. Die Gläubigen sollten sich in
kleinen Gruppen zum Gebet zusammentun und den Herrn bitten, die Gesellschaft
moralisch wiederzuerrichten.
"Pater Pio bildete in den 20er Jahren eine kleine Gebetsgruppe, denn Pius
XI. hatte dazu aufgerufen, für das Fernhalten von Kriegswirren zu beten. Man
sollte zusammen beten, um das Herz Gottes zu bewegen, das waren seine Worte.
Und Pater Pio reagierte: "Wir müssen die ersten sein", sagte
er", so Pater Marciano Morra, Sekretär der Gebetsgruppen "Pater Pio".
"Damals war der Konvent noch keine Abtei, und daher gab es keine Klausur
und man konnte dort ungehindert Besuch empfangen. Es gab dort einen Kamin, um
den Pater Pio etwa 10 Frauen versammelte. Es waren einfache Leute aus dem
Volk. Er gab ihnen Katechismusunterricht, las aus dem Evangelium vor und legte
das Alte Testament aus, stellen sie sich das mal in den 20er Jahren
vor!".
In den 40er Jahren war man da schon organisierter. Pater Pio diktierte Dr.
Guglielmo Sanguinetti seine Instruktionen. Er war als energischer Arzt die
Seele des entstehenden Krankenhauses von San Giovanni Rotondo, dass die
Kapuziner gegründet hatten.
"Er legte die Charakteristiken seiner Bewegung grund. Die Gruppen mussten
immer von einem vom Bischof ernannten Priester geleitet werden".
Warum, das erklärte Pater Pio folgendermaßen: "Wir wollen jeglichen
Protagonismus und mögliche Abgleitungen durch persönliche Initiativen
vermeiden , welche das Ziel verfälschen könnten".
Ziel war "in der Kirche, mit der Kirche und für die Kirche zu
beten". Pater Pio war der erste, der wusste, dass der "Pater Pio
Kult" zum Sektierertum, Aberglauben und dergleichen führen könnte. Er
selbst schob dem einen Riegel vor. Wenn der Ortsbischof keine Gebetsgruppe
wollte, löste er selbst sie wieder auf".
In den Gruppen gab es große Freiheit. "Die einen trafen sich bei den
Carabinieri, wo der Kommandant mit seiner Frau und Kindern eine Gruppe gegründet
hat, die anderen in der FAO in Rom, wo Angestellte nach der Mittagspause die
Initiative ergriffen hatten".
"Was tun sie dann? Sie beten, vier Mal im Monat kommen sie zur Messe, zum
Rosenkranz und Schriftmeditation zusammen. Für die Laien war Pater Pio mit
kleinen Schritten zufrieden. Allmählich wird das gemeinsame Gebet zur aktiven
Nächstenliebe", so der Sekretär der Gebetsgruppen.
Beim Tode Pater Pios gab es 700 Gebetsgruppen. Heute gibt es 2.300 in Italien
allein und 400 im Rest der Welt. "Die Zahlen sagen wenig aus. Kürzlich
habe ich in Polen drei Gruppen besucht, die ich schon kannte, und ich habe 24
Gruppen vorgefunden. In Argentinien gibt es offiziell eine Gruppe und
inoffiziell 70. Es sind entstehende Gruppen in Erwartung ihrer
Anerkennung", so der Vizepostulator der Heiligsprechung, Pater Gerardo
Ruotolo.
Pater Marciano stellte einen unerwarteten Aufschwung der Pater
Pio-Gebetsgruppen fest, der auf einer ganz simplen Tatsache beruht: in Zeiten
des Individualismus "gemeinsam" zu beten.
Pater Pio, ein Heiliger der das Herz der Menschen rührt
Interview mit päpstlichem Hoftheologen Pater Cottier
ROM, 14. Juni, 2002 (ZENIT.org-Avvenire).-
Wer ist Pater Pio? Der päpstliche Hoftheologe Pater
Georges Cottier antwortet: "Er ist der Prototyp des wahren Sohnes des
heiligen Franz von Assisi".
Der Dominikaner kennt die Gestalt des Heiligen bestens sowie auch die aller
anderen Unzähligen Heiligen, welche dieser Papst zur Ehre der Altäre erhoben
hat.
FRAGE: Warum sollte man der Kirche und der Welt die Gestalt von Pater Pio
nahebringen?
PATER GEORGES COTTIER: Weil es ihm gelang, zwei entscheidende Tugenden wie
Armut und Demut zu leben und weil er auf wirksamste Weise die Bedeutung der
Eucharistie und der Beichte aufgewertet hat. Man muss gemäß der
Seligpreisungen leben, das Heil im eucharistischen Leben suchen und auf das
Erbarmen Gottes vertrauen. Das ist sein Geheimnis. Pater Pio wie auch andere
Heilige unserer Zeit - ich denke zum Beispiel an die heilige Therese vom Kinde
Jesu - sind eine Gnade Gottes für die Kirche von heute. Außerdem ist er ein
Heiliger, der die Herzen der Menschen rührt, und nur wenige haben ein solches
Charisma.
FRAGE: Einige sagen, Pater Pio wäre etwas für einfache Gemüter. Was denken
Sie darüber?
PATER GEORGES COTTIER: Seine Liebe zur Beichte lässt uns das erbarmungsreiche
Antlitz Gottes schauen, und diese Botschaft übersteigt jegliche ideologische
Widerrede und lädt uns auch ein, angesichts der ständigen Offenbarung
menschlichen Elends zu hoffen. Alle dürfen wir Grund zum Hoffen haben,
andernfalls überwiegt die Bitternis und Mutlosigkeit. Das sagt uns Pater Pio,
und diese Botschaft ist an alle gerichtet.
FRAGE: Ist seine Beliebtheit ein Vorteil oder ein Problem?
PATER GEORGES COTTIER: Der Teufel hat immer schon großes Interesse für die
großen Gaben Gottes an die Kirche bekundet. Entglittene Frömmigkeit und
Gleichgültigkeit sind für ihn ein bevorzugter Sieg. Ich glaube allerdings,
dass man all das Folkloristische um Pater Pio herum mit Aufmerksamkeit
betrachten muss, denn es ist doch eine spontane Glaubensäußerung, die daher
auch respektiert und geschützt werden muss vor zweideutigen und exzessiven
Formen. Wer den neuen Heiligen kennen gelernt hat, weiß, dass er in erster
Linie sehr streng mit sich selbst war.
FRAGE: Millionen von Christen wenden sich an Pater Pio und bitten um ein
Wunder. Grenzt das nicht an Ausnutzung?
PATER GEORGES COTTIER: Die Kirche hat immer schon die Heiligen angerufen, um
besondere Gnaden des Himmels durch sie zu erlangen. Zu Recht ist das auch
heute noch so, ohne an einen Automatismus denken zu wollen. Wir wissen ja,
dass die Fürsprache eines Heiligen bei Gott viel wirksamer ist als unsere
eigene. Vor allem lehrt die Kirche, dass bei einer Heiligsprechung Gott seine
Gnade durch dessen Vermittlung offenbaren will. Daher ist es auch durchaus
gerechtfertigt, von diesem Moment Gebrauch zu machen, wenn die Kirche durch
unfehlbare Verkündigung des Papstes uns einen sicheren Weg weist. Die
technokratische Kultur neigt dazu, die Macht des Gebetes zu vergessen, nicht
zuletzt deshalb ist Pater Pio so außerordentlich aktuell.
Eine Freundin des Papstes durch Interzession Pater Pios geheilt
Interview mit Professorin Wanda Poltawska
VATIKAN, 16. Juni 2002 (ZENIT.org).- Als
Johannes Paul II. noch Erzbischof von Krakau war und Karol Wojtyla hieß,
schickte er eine Karte an Pater Pio aus Pietrelcina, um ihn zu bitten, dass er
für eine Freundin von ihm beten möge, Professorin Wanda Poltawska, die
schwer an Rachenkrebs erkrankt war.
An diese Begebenheit erinnert Professorin Wanda Poltawska, derzeit Odinaria für
Pastoralmedizin an der Päpstlichen Akademie Krakau, die damals eine unerklärliche
Heilung erlebte.
FRAGE: Welche Dimension der Persönlichkeit und der Berufung von Pater Pio berührt
Sie am meisten?
WANDA POLTAWSKA: Was mich am meisten beeindruckt ist vor allem das Zeugnis
seines inneren Lebens in Verbindung mit Gott. Pater Pio zeigt mit jeder Faser
seiner Existenz, dass die wahre Ebene und die authentische Dimension, die wir
anstreben sollten, das spirituelle Leben ist: ein Leben in Gemeinschaft mit
dem Herrn Jesus Christus, damit wir sein Leben empfangen. Normalerweise
vergessen heute viele dass die wahre Dimension die ewige ist, denn Gott hat
uns geschaffen und Gott ist ewig.
Pater Pio ist wie alle Heiligen Zeuge davon, dass das Leben nicht mit dem Tod
endet, sondern dass in Wirklichkeit nach dem Tod erst das wahre Leben beginnt,
dass ganz in Gott aufgeht. Die Ausdrucksweise derer, die nicht an Gott
glauben, beschränkt sich auf psychologische, soziologische und physische
Kategorien ... Pater Pio teilt uns die wahre Dimension des Menschen mit, das
wahre Maß der menschlichen Person, denn er spricht zu uns von Gott: ja, Gott
existiert und Pater Pio legt davon Zeugnis ab.
FRAGE: Können Sie uns davon erzählen, was Sie nach Ihrer Heilung durch die Fürsprache
von Pater Pio erlebt haben? Nach dem Wunder der Heilung sind Sie nach San
Giovanni Rotondo gereist. Was haben Sie empfunden, als sie Pater Pio begegnet
sind?
WANDA POLTAWSKA: Es ist gewiss nicht einfach, davon zu erzählen, was ich in
meinem Innersten fühle. Meine Krankheit und dann die unerklärbare Heilung,
von der ich zunächst glaubte, es handle sich um eine Fehldiagnose der Ärzte.
Erst später wurde mir bewusst, vor allem als ich Pater Pio begegnet bin, dass
es sich um ein Geschenk Gottes gehandelt hat, das Pater Pio für mich erwirkt
hatte.
Was mich am meisten beeindruckt hat, als ich im Mai 1967 zum ersten Mal in San
Giovanni Rotondo war, war der Blick von Pater Pio, seine Augen und seine
Worte, die so sehr vom Glauben sprachen, als er die Heilige Messe feierte. Ich
wusste nichts über ihn, doch seit ich ihm begegnet bin, geht er mir nicht
mehr aus dem Sinn.
An jenem Tag befand ich mich mitten in einer Menschenmasse. Ich habe wie alle
anderen am Gottesdienst teilgenommen. Nach dem Gottesdienst ging Pater Pio wie
gewöhnlich, obschon dies für Ihn sehr anstrengend war, durch die Menge. Als
er in meiner Nähe war, schaute er mich an, ohne etwas zu sagen und
streichelte mir väterlich über den Kopf. Als sie diese Geste sahen, fragten
die Frauen, die neben mir standen, wer ich sei.
Es hatte sie beeindruckt, dass Pater Pio gerade bei mir stehen geblieben war.
Ich verstand nicht genau, was sie von mir wissen wollten und antwortete nur:
"Ich komme aus Polen". Dieser Augenblick, in dem er mich angeschaut
hat, ohne etwas zu sagen, wird mir immer im Gedächtnis bleiben. Es fällt mir
nicht leicht, mich für jemanden zu halten, der ein Wunder erfahren hat.
FRAGE: Was hat Sie an Pater Pio am meisten beeindruckt?
WANDA POLTAWSKA: Wie ich bereits sagte: sein Blick und wie er die Heilige
Messe feiert. Er feiert die Messe, indem er sie erlebt; es war sichtbar, dass
Pater Pio ein wahres Geheimnis und wahres Leid erfuhr. Ich habe noch nie
jemanden gesehen, der so wie Pater Pio die Heilige Messe feiert; welche andere
Priester feiert die Heilige Messe auf diese Weise? In einer derart gottesfürchtigen
Stille und mit soviel Hingabe. Alle waren still, weil sie von dieser Art und
Weise die Messe zu feiern beeindruckt waren. Es war zu der Zeit, als Pater Pio
auch körperlich sehr leiden musste und fast nicht mehr gehen konnte; es war
ein Jahr vor seinem Tod.
FRAGE: Wir wissen, dass Sie Papst Johannes Paul II. gut kennen und zwar aus
der Zeit, als er noch in Krakau lebte. Gibt es Ihrer Meinung nach
Gemeinsamkeiten zwischen dem Papst und Pater Pio?
WANDA POLTAWSKA: Der tiefe Glaube. Auch der Papst lebt stets auf einer
spirituellen Ebene in Verbindung zu Gott, seiner Existenz, seiner Gegenwart
uns seiner Herrschaft gewiss. Dieser tiefe Glaube hat mich bei beiden
beeindruckt. Sie leben einen gewissen, starken Glauben und aus diesem Grund
glauben sie auch, dass für Gott alles möglich ist. Mit einem unumstößlichen
Glauben an den Herrn Jesus Christus ist nichts unmöglich und dessen sind sie
gewiss.
FRAGE: Wie wird es für Sie sein, an der Heiligsprechung von Pater Pio am 16.
Juni 2002 auf dem Petersplatz in Rom durch Papst Johannes Paul II.
teilzunehmen?
WANDA POLTAWSKA: Ich betrachte dies als das Ziel eines langen Weges, des Weges
der Anerkennung der Heiligkeit von Pater Pio. Der Heilige Vater war bereits,
bevor er selbst Papst war sicher, dass Pater Pio ein Heiliger war. Mit dieser
Gewissheit legte er bei Pater Pio die Beichte ab.
Die Heilgsprechung ist deshalb meiner Ansicht nach für Papst Johannes Paul
II. eine Vollendung. Er besiegelt damit einen Weg, der vor langer Zeit
begonnen hat, und der von der Kongregation für die Selig- und
Heiligsprechungsprozesse unter allen Aspekten sorgfältig geprüft wurde.
Der Papst hat sich an die vorgeschriebenen Verfahren gehalten, doch in seinem
Herzen war er sich sicher, dass es sich bei Pater Pio um einen Menschen
gehandelt hat, der von Christus auf außergewöhnliche Art und Weise geliebt
wurde mit seinem Leben, in dem er so viel Schmerz erfahren musste. Der Papst
war sich seit vielen Jahren sicher, dass Pater Pio ein heiligmäßiges Leben
geführt hatte; und ich war es auch.
FRAGE: Möchten Sie etwas zu der "Katechese" zum Schmerz sagen, die
uns Papst Johannes Paul II. am eigenen Leib vorlebt?
WANDA POLTAWSKA: Ich kann nur wiederholen, was der Heilige Vater gesagt hat:
der Schmerz ist das größte Geheimnis Gottes, man kann ihn nicht verstehen,
man muss ihn einfach annehmen; er ist also vor allem Geheimnis und wir
Katholiken sollten nicht über das Leid Unschuldiger diskutieren, wir sollten
uns nicht nach dem Grund dafür fragen, sondern es dem Herrn als Opfer
anbieten, wie es auch der Papst tut und uns damit unserem Herrn Jesus Christus
für das Heil der Welt anschließen. Hat uns dies nicht auch Pater Pio
gelehrt? Alles liegt in den Händen Gottes. Gott hat auch das Leben des
Heiligen Vaters in seinen Händen, der Heilige Vater vertraut sich Ihm völlig
an und erwartet von Ihm und nur von Ihm alles; so war es bis heute und so wird
es bis zum Schluss sein.
Pater Pio bleibt ein Geheimnis und es wird noch Jahre dauern, es
zu lüften
Interview mit dem Postulator der Causa Pater Pios
ROM, 16. Juni 2002 (ZENIT.org-Avvenire).-
Pater Gerardo de Flumeri ist der Postulator des
Heiligsprechungsprozesses von Pater Pio, und er ist überzeugt, dass noch längst
nicht alles über den Heiligen gesagt ist: "Ich bin überzeugt, dass es
noch jahrelang gehen wird, bis wir gewisse Aspekte seiner Spiritualität
richtig verstehen werden".
FRAGE: Von Pater Pio zu sprechen heißt oft, über die unglaubliche andauernde
Beliebtheit des Heiligen zu sprechen. Will man allerdings die Hauptmerkmale
seiner Spiritualität aufzeigen, wo soll man da am Besten beginnen?
PATER DE FLUMERI: Ich glaube, dass die Hauptmerkmale seiner Spiritualität in
erster Linie in der Entwicklung seines Denkens und einiger seiner Begriffe
entdeckt werden müssen. Vor allem zwei sind hier zu nennen: Sein Leidbegriff
und der Stellenwert des Leids sowie Maria, obschon natürlich sein Denken, wie
aus seinen Schriften evident, viel umfangreicher ist.
FRAGE: Fangen wir doch beim Ersteren an.
PATER DE FLUMERI: Das Leid war für Pater Pio ein Privileg, und wenn er zu
Gott betete, dass er ihm nicht so viel Leid auferlegen möge, dann tat er
dies, weil er dachte, er hätte sonst die anderen benachteiligt, da das Leid
ein so großes Gut ist, und er erachtete es nicht als gerecht, als einziger
dessen teilhaftig zu sein. Mit anderen Worten, er betrachtete das Leid als ein
so großes Gut, dass er es mit der Zeit als ein göttliches Privileg
betrachtete. Ich stelle diesen Aspekt natürlich hier sehr vereinfacht dar, da
sein Denken viel feiner ist, doch das ist wohl schon ein Grundzug seines
Denkens.
FRAGE: Was bedeutete für ihn Maria?
PATER DE FLUMERI: Er nannte Jesus und Maria immer in einem Atemzug. Sie ist
gleichsam ein Vehikel Christi, der allein das Heil bedeutet. Sie ist der
Stern, der voranleuchtet. Neu ist gemäß seiner Schriften, dass er Maria oft
auch alleine nennt und zwar nicht, weil etwa Maria Christus nicht
untergeordnet wäre, sondern weil die Vorrechte aus ihrem Leben beim Namen
genannt werden, wie göttliche Mutterschaft, also der Titel, den Gott selbst
ihr verliehen hat und wodurch ihr die Macht verliehen wurde, kraft ihrer mütterlichen
Autorität bei Jesus zu intervenieren. Maria hat also bei Gott selbst einen
besonderen Stellenwert.
FRAGE: Sie zeigen hier eine sehr komplexe und tiefe Spiritualität auf, die
vielleicht sogar unpopulär ist für den vorherrschenden Kult. Ich denke
hierbei an den Leidbegriff. Und dennoch empfinden die Leute Pater Pio als außerordentlich
nahe. Wie erklären sie das?
PATER DE FLUMERI: Eine Erklärung ist in der Tat sehr umfangreich und jede
Antwort ist hier gewagt. Ich bin überzeugt, dass man noch Jahre braucht, um
vollends bestimmte Dinge zu verstehen. Dass er ein so volksnaher Heiliger ist,
hängt hauptsächlich davon ab, dass er sich für die Bekehrung der Sünder
allzu oft bei Gott aufgeopfert hat sowie von seiner Schlichtheit, mit der er
gewisse Dinge in Worte gekleidet hat. Es ist eine Sprache, die jedermann zugänglich
ist. Daher sehen die Leute in ihm einen Freund, einen Wohltäter und einen,
der sie an der Hand nimmt und führt. Dass nun dies seine große Verehrung
bewirkt, kann man, glaube ich, nur mit dem Übernatürlichen erklären.
"Ich aber will mich allein des Kreuzes Jesu Christi, unseres Herrn, rühmen"
(Gal 6, 14).
VATIKAN, 16. Juni 2002 (ZENIT.org-www.vatican.va).-
Wir publizieren die offizielle Biographie Pater Pios, die der Vatikan zur Verfügung
gestellt hat.
Pater Pio von Pietrelcina hat wie der Apostel Paulus das Kreuz des Herrn als
Kraft, Weisheit und Ruhm in den Mittelpunkt seines eigenen Lebens und
Apostolates gestellt. Er hat Jesus Christus glühend geliebt und sich ihm in
voller Selbsthingabe für das Heil der Welt gleichförmig gemacht. In der
Nachfolge und Nachahmung Christi, des Gekreuzigten, war er so hochherzig und
vollkommen, dass man hätte sagen können: "Ich bin mit Christus
gekreuzigt worden, nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir"
(Gal2, 19). Die vielen Gnaden, die Gott ihm in so einzigartiger und
reichhaltiger Weise geschenkt hatte, teilte er durch seinen Dienst aus, indem
er die immer zahlreicher herbeiströmenden Männer und Frauen aufrichtete und
eine unübersehbare Schar von geistlichen Söhnen und Töchtern hervorbrachte.
Der verehrungswürdige Jünger des heiligen Franz von Assisi wurde am 25. Mai
1887 in Pietrelcina, Erzdiözese Benevent, als Sohn von Grazio Forgione und
Maria Giuseppa De Nunzio geboren und am nachfolgenden Tag auf den Namen
Francesco getauft. Im Alter von zwölf Jahren empfing er die erste heilige
Kommunion und die Firmung.
Mit 16 Jahren trat er am 6. Januar 1903 als Novize in den Orden der
Kapuzinerminoriten in Morcone ein, wo er am darauffolgenden 22. Januar
eingekleidet wurde und den Ordensnamen Bruder Pio erhielt. Nach dem
Noviziatsjahr legte er die einfachen Gelübde ab und am 27. Januar 1907 die
ewigen Gelübde.
Nach der Priesterweihe am 10. August 1910 in Benevent blieb er zunächst aus
gesundheitlichen Gründen bei seiner Familie. Im September 1916 wurde er in
das Kloster San Giovanni Rotondo eingewiesen, wo er bis zu seinem Tod
verblieb.
Pater Pio lebte in vollendeter Gottes- und Nächstenliebe seine Berufung, um
zur Rettung des Menschen beizutragen. Diese sein ganzes Leben kennzeichnende
besondere Sendung verwirklichte er durch die geistliche Begleitung der Gläubigen,
durch die sakramentale Versöhnung der Reumütigen und durch die Feier der
Eucharistie. Der Höhepunkt seiner apostolischen Tätigkeit war dann erreicht,
wenn er die heilige Messe zelebrierte. Die Gläubigen, die daran teilnahmen,
spürten die Tiefe und Fülle seiner Spiritualität. Im Bereich der
christlichen Nächstenliebe bemühte er sich, die Leiden und Nöte zahlloser
Familien zu lindern, hauptsächlich durch die Stiftung "Casa Sollievo
della Sofferenza", die am 5. Mai 1956 eingeweiht wurde.
Leben bedeutete für Pater Pio zugleich glauben. All sein Wollen und all sein
Tun standen im Licht des Glaubens. Er betete unablässig. Den ganzen Tag und
einen Großteil der Nacht verbrachte er im Gespräch mit Gott. Er pflegte zu
sagen: "In den Büchern suchen wir Gott, im Gebet finden wir ihn. Das
Gebet ist der Schlüssel zum Herzen Gottes." Der Glaube bewog ihn, dem
geheimnisvollen Willen Gottes immer zuzustimmen.
Eingetaucht in die übernatürlichen Wirklichkeiten, war er nicht nur ein
Mensch voller Hoffnung, der seine ganze Zuversicht auf Gott setzte, sondern er
vermittelte diese Tugenden allen, die ihn aufsuchten. Er tat dies durch sein
Wort und Beispiel.
Die Liebe zu Gott, die ihn erfüllte, übertraf alle seine Erwartungen.
Leitprinzip seines Tagesablaufs war die Liebe: Gott lieben und dazu beitragen,
dass er geliebt wird. Seine besondere Sorge war es, in der Liebe zu wachsen
und auch den anderen dazu zu verhelfen.
Er liebte den Nächsten bis zur Vollendung, indem er mehr als fünfzig Jahre
lang unzähligen Menschen, die um seinen Dienst baten und seinen Beichtstuhl
aufsuchten, durch Rat und Trost beistand. Es war fast eine Belagerung. Sie
suchten ihn in der Kirche, in der Sakristei und im Kloster auf. Und er
schenkte sich allen, indem er Glauben weckte, Gnaden austeilte und Erleuchtung
brachte. Er sah vor allem in den Armen, Leidenden und Kranken das Bild Christi
und schenkte ihnen besondere Aufmerksamkeit und Zuwendung.
In vorbildlicher Weise übte er die Tugend der Klugheit; er handelte und
erteilte seinen Rat im Licht Gottes.
Sein Ziel war der Lobpreis Gottes und das Heil der Menschen. Er behandelte
alle gerecht, aufrichtig und voller Achtung.
In ihm erstrahlte die Tugend der Tapferkeit. Er begriff sehr bald, dass sein
Weg ein Kreuzweg werden sollte, den er sogleich mutig und voll Liebe annahm.
Viele Jahre hindurch hatte er seelisch schwer zu leiden. Jahrelang ertrug er
die Schmerzen seiner Wunden mit bewundernswerter Gelassenheit.
Als er Schwierigkeiten und Auflagen in seinem priesterlichen Dienst
durchstehen musste, nahm er das in Demut und Gelassenheit hin. Angesichts
ungerechtfertiger Anklagen und Verleumdungen schwieg er. Er vertraute auf das
Urteil Gottes, hielt sich an die Weisungen seiner unmittelbaren Vorgesetzten
und blieb seinem eigenen Gewissen treu.
Er war gewohnt, sich abzutöten, um die Tugend der Enthaltsamkeit zu üben,
wie es dem franziskanischen Lebensstil entspricht. Er suchte die Mitte in
seinem Denken und war maßvoll im Leben.
Im Bewusstsein der mit dem geweihten Leben übernommenen Verpflichtungen
beobachtete er hochherzig die Ordensgelübde. Er befolgte in allem gehorsam
die Anweisungen seiner Oberen, auch wenn sie eine schwere Last bedeuteten.
Sein Gehorsam war übernatürlich ausgerichtet, allumfassend angelegt und
ganzheitlich gelebt. Er übte die Armut durch das totale Loslassen seiner
Selbst, der irdischen Güter, der Bequemlichkeiten und Ehrungen. Er hatte
immer eine ganz besondere Vorliebe für die Tugend der Keuschheit. Sein
Betragen war überall und allen gegenüber bescheiden.
Er hielt sich für unnütz und der Gaben Gottes unwürdig; er glaubte von
sich, voll von Gebrechlichkeiten, aber gleichzeitig mit göttlichen
Gnadenerweisen überschüttet zu sein. Bei aller Bewunderung seitens der Welt
wiederholte er: "Ich möchte nur ein einfacher Bruder sein, der
betet".
Seit seiner Jugend von zarter Gesundheit, wurde er mit zunehmendem Alter immer
gebrechlicher. Bruder Tod holte ihn, wohl vorbereitet und voll Gelassenheit,
im Alter von 81 Jahren am 23. September 1968. Seine Beisetzung fand unter außergewöhnlich
großer Beteiligung des Volkes statt.
Am 20. Februar 1971, knapp drei Jahre nach dem Tode Padre Pios, äußerte Paul
VI. gegenüber den Oberen des Kapuzinerordens: "Seht, welchen Ruhm er
erlangt hat, welch weltweite Gefolgschaft er um sich gesammelt hat! Und warum?
Weil er vielleicht ein Philosoph war? Weil er ein weiser Mann war? Weil er
bemittelt war? Weil er demütig die Messe feierte, vom Morgen bis zum Abend
Beichte hörte, und weil er, schwer zu sagen, ein mit den Wundmalen unseres
Herrn gezeichneter Stellvertreter war, ein Mann des Gebets und des
Leidens".
Schon während seines Lebens stand er im Ruf der Heiligkeit, die seinen
Tugenden, seinem Gebetseifer, dem Opfergeist und der Ganzhingabe für das Heil
der Menschen zuzuschreiben war.
In den Jahren nach seinem Tod wurde der Ruf der Heiligkeit und Wundertätigkeit
zu einem Ausdruck des kirchlichen Lebens und verbreitete sich unter allen
Volksschichten in der ganzen Welt.
So gab Gott der Kirche seine Absicht kund, seinen treuen Diener auf Erden zu
verherrlichen. Nach nicht allzu langer Zeit unternahm der Kapuzinerorden die
nach dem kanonischen Gesetz vorgeschriebenen Schritte, um den Selig- und
Heiligsprechungsprozess einzuleiten. Nach eingehender Prüfung erteilte der
Heilige Stuhl gemäß dem Motu Proprio "Sanctitas Clarior" am 29.
November 1982 das "Nihil obstat". Der Erzbischof von Manfredonia
konnte so das Kanonisierungsverfahren einleiten und den Ermittlungsprozess
durchführen (1983-1990), dessen rechtliche Gültigkeit von der Kongregation für
die Heiligsprechungsprozesse am 7. Dezember 1990 bestätigt wurde.
Nach Abschluss der Positio wurde wie üblich überprüft, ob der Diener Gottes
den heroischen Tugendgrad erreicht hatte. Am 13. Juni 1997 fand die zuständige
Versammlung der theologischen Berater statt und endete mit positivem Ergebnis.
In der ordentlichen Sitzung vom darauffolgenden 21. Oktober bestätigten die
Kardinäle und Bischöfe im Beisein des Referenten Bischof Andrea Maria Erba (Velletri-Segni),
dass Pater Pio von Pietrelcina die göttlichen Tugenden, die Kardinaltugenden
sowie die damit verbundenen Tugenden in heroischem Grad geübt hat.
In Gegenwart von Papst Johannes Paul II. wurde am 18. Dezember 1997 das Dekret
über den heroischen Tugendgrad promulgiert.
Für die Seligsprechung von Pater Pio legte die Postulation dem zuständigen
Dikasterium die Heilung von Frau Consiglia De Martino aus Salerno vor. Dieser
Fall wurde in einem ordentlichen kanonischen Prozess beim kirchlichen Gericht
der Erzdiözese Salerno-Campagna-Acerno in der Zeit von Juli 1996 bis Juni
1997 geprüft. Bei der Kongregation für die Selig- und
Heiligsprechungsprozesse tagten am 30. April 1998 der medizinische Konsult und
am 22. Juni desselben Jahres die zuständige Versammlung der theologischen
Berater.
Am 20. Oktober 1998 fand im Vatikan eine ordentliche Versammlung der
Kongregation mit ihren Mitgliedern, Kardinälen und Bischöfen statt. Am 21.
Dezember 1998 wurde im Beisein von Papst Johannes Paul II. das Dekret über
das Wunder promulgiert. Am 2. Mai 1999 hat Papst Johannes Paul II den ehrwürdigen
Diener Gottes Pio von Pietrelcina im Rahmen einer Eucharistiefeier
seliggesprochen und den 23. September als Tag für die entsprechende
liturgische Feier bestimmt.
Betreffs der Heiligsprechung des seligen Pio von Pietrelcina hat die
antragstellende Postulation dem zuständigen vatikanischen Dikasterium den
Fall der Genesung des kleinen Matteo Pio Colcha aus San Giovanni Rotondo
vorgelegt. Vom 11. Juni bis 17. Oktober 2000 wurde dieser Fall in einem
ordentlichen Prozess beim Gerichtshof der Erzdiözese Manfredonia-Vieste
verhandelt.
Mit Datum vom 23. Oktober 2001 wurde der Kongregation für die Heiligsprechung
das Resultat der medizinischen Untersuchung überreicht. Am 11. Dezember fand
die entsprechende Sondersitzung der theologischen Kommission statt, und am 18.
des gleichen Monats die ordentliche Versammlung der Kardinäle und Bischöfe.
Am 20. Dezember 2001 wurde in Gegenwart Johannes Paul II. das Dekret über das
Wunder promulgiert, und am 26. Februar 2002 das Dekret zur Heiligsprechung.
Der heilige Pater Pio von Pietrelcina - Modell
der Spiritualität und Menschlichkeit
Papst Johannes Paul II. erinnert an das Erbe des stigmatisierten
Kapuzinerpaters
VATIKAN, 17. Juni 2002 (ZENIT.org).- Am
Montag schlug der Heilige Vater den heiligen Pater Pio von Pietrelcina als
"Modell der Spiritualität und Menschlichkeit" für die Menschen von
heute vor", einen Tag nach seiner Heiligsprechung.
Bei seiner Begegnung mit den Tausenden von Pilgern, die zu diesem großen
Ereignis gekommen waren, wiederholte der Papst in der Audienzhalle des
Vatikans einige Lehren, die der stigmatisierte Kapuzinerpater (1887-1968) für
das Leben der Gläubigen hinterlassen hat.
Es war der 462. Diener Gottes, der von Johannes Paul II. heiliggesprochen
worden ist. Er ist mit Sicherheit auch einer der beliebtesten und volksnahsten
Heiligen unserer Zeit.
Nach Guadalupe und dem Vatikan ist San Giovanni Rotondo im Süden Italiens, wo
der Heilige als Kapuzinermönch lebte, der am dritthäufigsten besuchte Ort
der katholischen Kirche.
"Worin besteht das Geheimnis solch großer Verehrung und Liebe zu diesem
neuen Heiligen?, so fragt der Heilige Vater. "Er ist vor allem ein
"Bruder des Volkes", übrigens eine traditionelle Charakteristik der
Kapuziner. Außerdem ist er ein Wundertäter, was die außerordentlichen
Ereignisse bezeugen, von denen das Leben des heiligen Pater Pios voll ist. Vor
allem aber ist er ein Ordensmann, dessen Fülle der Liebe und Hingabe dem
gekreuzigten Christus galt".
Er nahm im Laufe seines Lebens auf physische Weise am Kreuzesmysterium Christi
teil", so der Papst.
Und diesen Weg ging Pater Pio in tiefster Einheit und Gemeinschaft mit der
Kirche. Selbst momentanes Unverständnis seitens kirchlicher Autoritäten
konnte diese Haltung eines Sohnes der Kirche nicht trüben.
Er musste leiden, und in der Tat wurde ihm vom Heiligen Officium aufgrund
falscher Anschuldigungen von Leuten, die mit Argwohn den außerordentlichen
Einfluss auf die Menschen beobachteten, zeitweise die Ausübung seines
priesterlichen Dienstes untersagt. Untersuchungen wurden veranlasst.
Doch nichtsdestotrotz legte der Heilige Vater sein Beispiel den Priestern von
heute als Modell nahe. "Die Messe war Pater Pio Herz und Quelle aller
Spiritualität", so der Heilige Vater, der ihn selbst 1947 als einfacher
junger polnischer Priester in Pietrelcina besuchte, um bei ihm zu beichten.
"Der heilige Pio von Pietrelcina zeigt sich den Priestern, Ordensleuten
und Laien von heute vor allem als ein glaubwürdiger Zeuge Christi und seines
Evangeliums. Sein Beispiel und seine Fürsprache ermutigten alle, in immer größerer
Liebe zu Gott und konkreter Solidarität mit den Nächsten, insbesondere den
Armen zu leben", so der Papst abschließend.
Pater Pio ist der Simon von Kyrene des 20. Jahrhunderts
Interview mit päpstlichem Hofprediger
ROM, 18. Juni 2002 (ZENIT.org-AVVENIRE).-
Die Heiligsprechung von Pater Pio von Pietrelcina
stellt eine entscheidende Botschaft für unsere Zeit dar, so der päpstliche
Hofprediger Pater Raniero Cantalamessa, seines Zeichens ebenfalls
Kapuzinerpater.
"Pater Pio hält den Menschen von heute, die durch Materialismus und Säkularisierung
desorientiert sind, den Ruf zur Heiligkeit entgegen. Mit seinem Beispiel will
er uns sagen, dass Heiligkeit auch heute ein gangbarer Weg ist", so Pater
Cantalamessa, der Prediger des Päpstlichen Hauses.
FRAGE: Die Heiligkeit von Pater Pio ist so außerordentlich, dass sie fast
erschreckend wirkt.
PATER CANTALAMESSA: In "Novo Millennio ineunte" hat der Heilige
Vater hinsichtlich der Heiligkeit darauf hingewiesen, dass die äußeren Phänomene,
also die übernatürlichen Manifestationen sich zwar einstellen können, es
aber nicht müssen.
FRAGE: Und das Leben von Pater Pio ist genau in diese Kategorien des Übernatürlichen
getaucht.
PATER CANTALAMESSA: Das stimmt. Deswegen darf man jedoch jene Realität, die
sich dem Versuch einer vernunftmäßigen Erklärung entzieht, nicht minder
achten. Wer das Übernatürliche in Frage stellt, versucht gleichsam, Gott
sein Handwerk beizubringen. Ein Wunder ist immer ein Zeichen, eine pädagogische
Anweisung angesichts der Schwachheit unseres Glaubens.
FRAGE: Mit welcher Einstellung müssen wir die Wunder Pater Pios betrachten?
PATER CANTALAMESSA: Mit Dankbarkeit. Pater Pio ist ein wahres Gottesgeschenk.
Ein solcher Mensch stellt auf jeden Fall ein außerordentliches Ereignis für
die Menschheit dar. Und Gott wollte, dass er in unserer Zeit lebte. Dafür
danken wir ihm.
FRAGE: Kann man den Vergleich zwischen Franz von Assisi und Pater Pio wagen?
PATER CANTALAMESSA: Mir scheint, dass beide von einem Glorienschein umgeben
waren, der weltweit bekannt war. Beide hatten sie diese Liebe zum Kreuz und
beide waren sie stigmatisiert. Doch hier hört der Vergleich auch schon auf,
denn ihr Temperament war grundverschieden.
FRAGE: Auch um Franz von Assisi herum ereigneten sich viele Wunder.
PATER CANTALAMESSA: Franz von Assisi hatte die ganze damals bekannte Welt
bereist, während Pater Pio immer im Beichtstuhl geblieben war. Doch haben
sich Millionen von Menschen an ihn gewandt. Wenn wir nun diesen Zustrom von
suchenden Seelen sehen, können wir auch die Originalität von Pater Pio
begreifen.
FRAGE: Gibt es innerhalb seiner Mystik einen besonders evidenten Aspekt?
PATER CANTALAMESSA: Der Schlüssel ist sicherlich diese tägliche
Konfrontation mit den Seelen. Seine Mystik ist eine Sühnemystik. Er hat die
Last aller Seelen, die zu ihm kamen, auf sich genommen.
FRAGE: Und wenn wir ein biblisches Symbol suchen wollten?
PATER CANTALAMESSA: zweifelsohne das Symbol des Simon von Kyrene. Der Beweis
dafür sind seine Stigmata, aber auch seine nimmerendenden Tage im Beichtstuhl
sowie seine büßend und betend durchwachten Nächte im Kampfe mit dem Dämon.
Das ist seine Sühnemystik.
FRAGE: Einige haben angesichts der Stigmata, der Bilokationen und der Wunder
Pater Pio als einen archaischen Heiligen bezeichnet, sehen sie das auch so?
PATER CANTALAMESSA: Heiligkeit lässt sich nicht in zeitliche Begriffe fassen.
Daher ist sie nie einfach nur archaisch oder modern. Sie ist gleichzeitig neu
und alt. Es gab zu allen Zeiten in der Kirchengeschichte heiligmäßige
Menschen, die so gelebt haben, und es gibt sie auch heute.