6. Sei meiner Mutter ähnlich, wie ich es bin.

Jesus:

1. Mein Bruder, die Kinder gleichen ihrer Mutter. Ich war meiner Mutter ähnlicher als je ein Menschenkind der seinen.

Aus ihr allein geboren, erinnerte mein ganzes Äußeres an meine heilige Mutter. Wer mich sah, erkannte in mir sofort den Sohn Mariens.

Mehr noch als unser Aussehen glichen einander unsere Seelen.

Mein Vater hatte Maria nach meinem Bilde geformt, damit sie dann als wahre Mutter mich nach dem ihren forme. Und dadurch, daß sie mit beharrlichem Eifer mich beobachtete und in ihrer Seele alles erwog, was ich tat und sagte, gestaltete sie in ihrer Seele alle meine Gesinnungen in unvergleichlicher Vollkommenheit. Gerade darum hatten wir beide in allem die gleichen Gefühle und Gedanken, denselben Willen. Ihre Seele war in die meine übergeströmt und meine in die ihrige.

2. Bemühe dich, meiner Mutter ähnlich zu werden, wie ich es war!

Sei ihr gleich in deinem Äußeren durch deine Bescheidenheit. Bei deinem Anblick sollte man ein wenig von jener Ehrfurcht und Sammlung verspüren, die alle empfanden, die meine Mutter sahen.

3. Sei ihr ähnlich vor allem durch dein Inneres!

Ahme ihre Tugenden nach! Sie sind überaus erhaben und überaus einfach zugleich. Denn Mariens Leben glich sehr dem deinen, und es ist sehr leicht für dich, zu verstehen oder zu erraten, wie sie an deiner Stelle handelte oder gehandelt hätte.

Wie sie, mußt auch du zunächst die Tugenden an mir genau betrachten, dann sollst du deine Mutter ansehen, damit du weißt, wie sie diese verwirklicht hat. Von mir wirst du den Unterricht erhalten. Doch du wirst diesen Unterricht besser erfassen, wenn ihn dir meine Mutter erklärt.

4. Sei rein, damit du ein würdiges Kind der Jungfrau der Jungfrauen seiest!

Sei demütig und einfach; vergiß dich selbst, wie sich die Magd des Herrn vergaß!

Sei gesammelt in Gott und betrachte nach dem Beispiel meiner Mutter alles, was dir über mich geoffenbart worden ist!

Sei fest in deinem Glauben! Glaube den Worten des Herrn, wie sie geglaubt hat, wenn auch der Anschein für das Gegenteil spricht.

Sei allen Willensentscheidungen Gottes unterwürfig; nur ein Wort sei deine Antwort: „Siehe! ich bin der Sohn deiner Magd! Mir geschehe nach deinem Worte!“

Sei voll Liebe für deinen Nächsten, hingebungsvoll wie Maria bei Elisabeth, zu Kana und besonders auf Kalvaria.

Bemühe dich, von den Tugenden Mariens vor allem jene nachzuahmen, die dir am meisten fehlt, und deren du am dringendsten bedarfst.

5. Ahme nicht nur ihre Tugenden nach, sondern auch ihre Gesinnungen jenen Menschen gegenüber, die ihr am nächsten standen: Joachim und Anna, ihre innigstgeliebten Eltern, Johannes, mein Lieblingsjünger und Stellvertreter bei ihr, besonders Josef, ihr Bräutigam und mein jungfräulicher Vater, den sie mit unaussprechlicher Liebe, Verehrung und Dankbarkeit umgab für all das, was er für mich und für sie getan. Du wärest nicht in Wahrheit ihr Kind, wenn du nicht den, der ihr so teuer war, mit Eifer lieben und verehren würdest.

6. Ahme aber in erster Linie ihre Gesinnungen mir gegenüber nach!

Maria wurde einzig und allein für mich erschaffen; nur für mich hat sie geatmet, gearbeitet, gelitten.

Bei ihr wirst du lernen, nur für mich zu leben und dich vollständig für meine Sache zu opfern.

Schnell und auf vollkommene Weise wirst du das erlernen. Denn die Betrachtung der Gesinnungen meiner Mutter gegen mich wird eine einzigartige Macht der Anziehung und Umbildung ausüben, eine Macht, in der Kraft und Zartheit, Verständnis und Liebe und auch eine ganz besondere Gnade zusammenwirken.

An ihrer Seite wirst du kraft dieser Zuneigung, die zwischen Mutter und Kind herrscht, das erfahren, was sie an meiner Seite empfand.

Was Wunder, wenn du bei ihr leicht dahin gelangst, meine Gesinnungen anzunehmen?

7. Ihrem Beispiele folgend, wirst du auch zu inniger Vertrautheit mit meinem himmlischen Vater kommen, deren sie, die bevorzugte Tochter, sich seit ihrer unbefleckten Empfängnis erfreute, auch mit dem Heiligen Geist, der sie zu seiner unendlich geliebten Braut erwählt hatte.

8. Die Nachahmung meiner Mutter wird dir noch eine andere Gesinnung einflößen, die Gesinnung unermeßlicher Liebe für die Seelen.

Davon wird sie selbst zu dir sprechen.

 

Die Seele:

O Jesus, mache mich deiner Mutter ähnlich, damit sie mich Dir ähnlich mache.