4. Jesu großer Feind in dir

Maria:

1. Mein Sohn, wenn man Jesu Gedanken kennt, lebt man dadurch nicht auch schon Sein Leben. Du mußt zugleich auch jene Feinde bekämpfen und überwinden, die sich dem Leben Jesu in dir widersetzen.

Weißt du, daß dein allergefährlichster Feind du selbst bist?

Du möchtest gern nur für Jesus allein leben; aber zu gleicher Zeit möchtest du auch den Neigungen deiner verdorbenen Natur nachgeben. Täusche dich nicht! „Niemand kann zwei Herren dienen.“ Solange deine Natur dich leitet, kann nicht Jesus in dir herrschen! Du mußt also deiner Natur einen bedingungs- und schonungslosen Kampf erklären, bis sie Jesus den Platz räumt.

2. Das ist zwar eine harte Bedingung, aber eine unvermeidliche.

Wie viele meiner Kinder sah ich schon, die einst fromm und großmütig waren, wie geschaffen zur Heiligkeit und dazu bestimmt, in ihrer Umgebung eine segensreiche Tätigkeit zu entfalten. Doch ach! Weil sie nicht einsehen konnten, wie verdorben ihre Natur war, und daß man sie bekämpfen muß, sind sie bei ihrer Mittelmäßigkeit stehen geblieben und haben nicht den hundertsten Teil des Guten, zu dem sie berufen waren, verwirklicht. Manche gingen sogar ganz elend zugrunde und zogen dabei oft eine Menge von Seelen mit ins Verderben.

3. Suche also die schlechten Neigungen deiner Natur zu erkennen! Ihr Name ist Legion, denn die Erbsünde, durch die ererbten bösen Neigungen deiner Väter und durch deine persönlichen Fehler gestärkt, kann alle Tätigkeit deines Leibes und deiner Seele verderben. Laß dich jedoch durch die Unmenge deiner Feinde nicht verwirren! Denn sie sind alle einem Führer Untertan. Ist der besiegt, sind es auch alle anderen oder sie werden dir wenigstens nur noch schwachen Widerstand leisten können. In erster Linie mußt du deine Hauptneigung erkennen. Welche erkennst du als solche?

4. Ist es die Eitelkeit? Verlangst du gierig nach Lob? Fühlst du dich glücklich, wenn es dir zuteil wird, selbst unverdient? Ertappst du dich beim Träumen von Dingen, die dir den Beifall der Menschen sichern?

5. Der Stolz? Hast du eine hohe Meinung von dir, so daß du manchmal bis zur Verachtung der anderen gelangst? Behandelst du sie von oben herab, hart oder zornig, besonders jene, die sich vor dir nicht beugen?

6. Die Empfindlichkeit? Regst du dich auf über wirklichen oder vermeintlichen Tadel, über Mangel an Aufmerksamkeit, wäre sie auch nur unfreiwillig? Denkst du oft, wie ungerecht andere dich behandeln? Kannst du ihnen verzeihen? Bist du versucht, ein gutes Werk aufzugeben, weil man dich gekränkt?

7. Der Ehrgeiz? Suchst du dich vorzudrängen? Ist es deine oder Christi Ehre, nach der du strebst? Willst du bei jedem Werk der Anführer sein und ziehst dich nicht zurück, wenn du als einfacher Soldat kämpfen sollst?

8. Der Neid? Kannst du es nicht ertragen, dass andere den gleichen Erfolg haben wie du? Freust du dich über ihre Mißerfolge?

9. Der Wankelmut? Bist du der Spielball deiner Laune, bald begeistert und zu jedem Opfer bereit, bald wieder niedergeschlagen und gleichgültig für alles? Kommt es nicht vor, dass du vielerlei beginnst und nichts vollendest?

10. Der Leichtsinn? Überläßt du dich zu schnell den äußerlichen Dingen? Kostet es dich viel, dich zu sammeln, den ernsten Angelegenheiten die entsprechende Bedeutung beizumessen?

11. Die Sinnlichkeit? Schmeichelst du deinem Leib? Bist du ängstlich besorgt, ihm in Speise, Trank und Ruhe alles zu gewähren oder seine noch viel niedrigeren Triebe zu befriedigen?

12. Die Trägheit? Hast du Angst vor der Anstrengung? Vernachlässigst du deine Arbeit? Erschrickst du schon vor dem kleinsten Opfer?

13. Die Selbstsucht? Denkst du ausschließlich an dich? Weißt du, daß andere auch Rechte haben, und daß du, wenn nötig, eher dich einschränken sollst als von anderen dies zu verlangen?

14. Prüfe dich! Du wirst dabei Ansätze von vielen dieser ungeordneten Triebe in dir entdecken. Zweifellos trägst du den Keim zu allen schlechten Neigungen; aber alle sind nicht vorherrschend.

Welche erscheint dir also die stärkste und verderblichste? Welche ist gewöhnlich die Ursache deiner Sorgen, deiner Unruhe, deiner üblen Laune oder deiner Freude?

Ertappst du dich beim Träumen über einem Gedanken der Eitelkeit, der Rache oder der Sinnlichkeit?

Woher kommen jene Zerstreuungen, die dir am meisten gefallen oder die du am schwersten verscheuchen kannst?

Welche Vorwürfe machen dir deine Eltern, Lehrer, Freunde oder jene, die gegen dich erzürnt sind?

Welche Neigung ist es, von der du sagen könntest: Hätte ich das nicht, ginge es mir weit besser in der Verbindung mit dem lieben Gott und mit den Menschen!?

15. Sei recht aufrichtig in deiner Gewissenserforschung und bete um Licht von oben! Du kannst dich hier sehr leicht täuschen, indem du den Hauptfehler mit einem sehr auffallenden, aber weniger tief sitzenden Fehler verwechselst oder mit einem Fehler, den du abzulegen eher bereit wärest. Die Menschen halten nämlich ziemlich zäh an ihrem Hauptfehler fest. Mit ihm sind sie geboren und erzogen worden und mit ihm leben sie; ständig verschafft er ihnen reichliche Befriedigung. Manche halten ihn sogar für ihren Hauptvorzug. Ohne Zweifel liebt sich jeder sehr. Doch man muß den Mut haben, Jesus mehr zu lieben als sich selbst.

Wage es, dir in aller Einfachheit zu bekennen, was du Ihm in dir opfern mußt.

Fürchte nichts! Entsage den eitlen Götzen, und Gottes Gegenwart wird dich erfüllen. Stirb deiner verdorbenen Natur ab, und du wirst das Leben Jesu leben.

 

Die Seele:

Es lebe Jesus, koste es, was es wolle! Er muß wachsen, ich muß abnehmen.