5. Die Predigt durch das Leben

Maria:

1. Mein Sohn, an das indirekte, aber doch wunderbar fruchtbare Apostolat des Gebetes und Leidens muß sich die direkte Tätigkeit von Seele zu Seele anschließen.

Du denkst an das Apostolat durch das Wort. Es ist zwar wichtig, aber es gibt ein anderes, das ihm vorausgehen, es begleiten und ihm folgen muß: das Apostolat des Lebens.

2. Du brauchst keine lange Erfahrung, um feststellen zu können, daß an gewissen Seelen jedes Wort, und sei es noch so beredt, wirkungslos abgleitet.

Das Wort bringt nur dann Frucht, wenn es in eine Seele fällt, die bereit ist, es aufzunehmen. Wie könnte das Samenkorn Frucht tragen, wenn es auf steinigen Boden oder unter Dornen und Disteln fällt? Das Beispiel deines Lebens ist es, das die Seelen vorbereitet, dein Wort aufzunehmen.

Oft wirken die geringste Handlung, ein Blick, ein Lächeln mehr Gutes als eine lange Rede.

3. Erzwinge durch deine Person Achtung vor der Religion, die du bekennst!

Halte in dir stets den Gedanken an deine Größe als Christ wach und das Bewußtsein der Gegenwart Gottes in dir und erweise dich deren würdig! In deiner Nähe sollten die Menschen, wie in einem Heiligtum, den Eindruck von etwas Geheimnisvollem haben, das darin wohnt.

Inmitten der allgemeinen Verdorbenheit soll deine Tugend über jeden Verdacht erhaben sein.

Sei ehrenhaft und redlich, wenn auch um dich herum jedermann darauf bedacht ist, sich auf Kosten der anderen zu bereichern!

Sei gerade und aufrichtig, selbst dann, wenn Lüge und Verstellung sozusagen allgemeines Gesetz geworden sind!

Sei gewissenhaft und pflichttreu, auch unter Menschen, die scheinbar jeden Begriff von Pflicht und Gewissen verloren haben!

Auch jene, die nicht deine Glaubensbrüder sind, ja selbst die, welche den Glauben bekämpfen, sie alle sollten Christus in dir und in deinem christlichen Verhalten Achtung zollen müssen.

4. Zeige dich so, wie du bist, ohne Hochmut, doch auch ohne Menschenfurcht!

Worüber solltest du erröten? Daß du die Wahrheit besitzt, während die anderen nur den Irrtum kennen? Daß du das Bewußtsein deiner Würde hast, während sich die anderen durch erniedrigende Leidenschaften knechten lassen? Daß du Jünger Christi und Streiter Seiner Mutter bist?

Fürchtest du, von jenen nicht geachtet zu werden, die anders denken und handeln als du? Hast du noch nie bemerkt, daß alle Menschen, auch die entartetsten, jene achten, die den Mut aufbringen, persönliche Überzeugung zu haben und ihr Leben danach auszurichten?

Sei Christ ohne Furcht und Tadel! Dann wird dein Benehmen jeden Augenblick eine Predigt sein.

5. Es ist etwas Großes, der Lehre Christi in dir Achtung zu verschaffen. Aber gehe weiter, erwirb ihr die Liebe der Menschen! Nimm dich der anderen an, erweise ihnen Liebesdienste, wo du nur kannst. Höre ihre Klagen, lindere ihr Elend, verbinde ihre Wunden, hilf ihnen bei der Arbeit, sei zuvorkommend und liebenswürdig mit allen, die sich dir nähern. Kurz, werde allen alles, und du wirst sie alle für Christus gewinnen.

Wenn sie sich durch dich glücklicher fühlen, werden sie schließlich auch jene Lehre liebgewinnen, die aus dir eine solche Quelle der Freude gemacht hat.

In deiner Nähe sollten sie besser verstehen, was Liebe ist, und sie werden dann auch besser verstehen, was Gott ist, auch wenn sie nicht einmal Seinen Namen kennen. Denn Gott ist kein Name, Gott ist die Liebe. Indem sie sich der Liebe erschließen, erschließen sie sich Gott.

6. Um allen alles zu werden, darfst du an den Menschen nicht ihre Vorzüge oder Fehler sehen, nicht ihre Tugenden oder ihre Laster, nicht ihre guten oder schlechten Handlungen, sondern sieh in ihnen den Preis des Blutes Jesu und meiner unermeßlichen Schmerzen! Liebe sie mit der Liebe ihres Erlösers und ihrer Mutter, und du wirst sie für die Liebe gewinnen und durch die Liebe für Gott.

 

Die Seele:

O Mutter, ich habe viele deiner Kinder kennengelernt, deren Leben eine ständige Predigt des guten Beispiels ist. Und ich, ich habe so oft denen, die mich umgeben, Ärgernis gegeben. Von jetzt an will ich mich mit deiner Hilfe ernstlich bemühen, durch mein Verhalten Zeugnis zu geben für Jesus. Gib, daß wer mich sieht, näher zu Ihm kommt.