Der Rosenkranz ist eine Pilgerreise
Aus Echo der Liebe von Kirche in Not August/September 2007 - Kirche in Not sprach mit dem Vatikan-Korrespondenten der Tageszeitung „Die Welt" und Buchautor Paul Badde über den Rosenkranz.
Herr Badde, was ist das Besondere am Rosenkranz-Gebet?
Johannes Paul II. hat es einmal so zusammengefasst: „Der Rosenkranz ist ein Kompendium des Evangeliums. Er lässt uns zu den wesentlichen Szenen Jesu zurückkehren." Der Rosenkranz ist wirklich eine andere Art der Weltanschauung. Wir sollten ihn durch Betrachten und unablässiges Beobachten verstehen. Man muss aber immer wieder genau hinsehen. Die verschiedenen Geheimnisse des Rosenkranzes sind wie Schlüssellöcher in den Raum der Evangelien, durch die wir immer mehr von der Wirklichkeit der Erscheinung Gottes erfassen. Dieser Blick zeigt uns immer wieder Neues und lässt uns tiefer sehen. Daher ist der Rosenkranz nicht nur eine Gebetsform, sondern auch pure Theologie.
Außenstehenden ist der Rosenkranz wegen der vielen Wiederholungen oft fremd ...
Das mag auf den ersten Blick so aussehen. Doch die Wiederholungen haben eine Bedeutung: Jeder Rosenkranz führt uns nach Jerusalem und vernäht die christliche Existenz mit dem Heiligen Land; jeder Kranz ist also eine kleine Pilgerreise. Mit ihm geht es wie mit dem Mehl, das man im Mund kaut: Je länger man es zwischen den Zähnen hat, desto mehr verwandelt sich die Stärke in Zucker. Erst in der häufigen, absichtslosen Wiederholung erschließt er sich aber. Ja, der regelmäßige Rosenkranz kann sogar unser Leben verändern.
Was empfehlen Sie, um den Rosenkranz bewusster zu erleben?
Der Vorteil ist, dass man ihn quasi immer und überall beten kann - im Gehen, Stehen und Knien, aber auch im Bus oder in der Bahn. Mit ihm gibt es keinen Stau mehr, keine Wartehalle im Flughafen, sondern nur noch Gelegenheiten, um zur Ruhe zu kommen. Wichtig beim Rosenkranz sind neben dem Beten auch die Finger, durch die die Perlen während des Betens gleiten. Es ist eine Art Blindenschrift, um die Augen und den Verstand nicht abzulenken. Die Betenden können so das Zählen ganz einfach den Fingern überlassen.
Was bringt das Rosenkranzgebet letztlich für den Betenden?
Das Gleiten der Perlen durch die Finger macht einem das Gebet leichter. Man kann sich zudem an diesem Kranz festhalten wie ein angeschlagener Boxer, der in den Seilen des Rings hängt. Der Rosenkranz ist weniger ein Gebet, das durch unsere besondere Andacht gewinnt, sondern er macht uns vielmehr persönlich auf Dauer andächtig. Er schenkt uns Zeit, Ruhe und Gelassenheit. Aber er ist ein Gebet, das sich nicht allein mit den grauen Zellen verstehen lässt, sondern mit den Fingerspitzen, Lungen und dem Herzen.
Paul Badde gibt das vorzügliche neue „Vatican-Magazln" heraus.
Der hl. Ludwig Maria Grignion von Montfort sagt zum Rosenkranz:
„Der Rosenkranz schließt zwei Dinge in sich, nämlich das betrachtende und mündliche Gebet.
Das betrachtende Gebet des heiligen Rosenkranzes ist nichts anderes als die Betrachtung der wichtigsten Geheimnisse des Lebens, des Todes und der Glorie Jesu Christi und Seiner heiligsten Mutter.
Das mündliche Gebet des Rosenkranzes besteht darin, daß man je zehn Ave Maria und ein Vaterunser fünfzehnmal wiederholt und dabei betrachtet, indem man die fünfzehn Haupttugenden, welche Jesus und Maria in den fünfzehn Geheimnissen des heiligen Rosenkranzes geübt haben, sich vor Augen stellt.
Im ersten Teil des Rosenkranzes, der fünf Zehner umfasst, verehrt und betrachtet man die fünf freudenreichen, im zweiten Teil die fünf schmerzhaften und im dritten Teil die fünf glorreichen Geheimnisse. So ist der heilige Rosenkranz eine heilige Verbindung des betrachtenden und mündlichen Gebetes zur Verehrung und Nachahmung der Geheimnisse des Lebens und Sterbens, des Leidens und der Verherrlichung Jesu und Maria.