Ferdinand Holböck
Die heilige Teresa von Avila
(+ 4. Oktober 1582)
In einer Abhandlung anlässlich der Ernennung der heiligen Teresa von Avila durch Papst Paul VI. am 27. September 1970 zur Kirchenlehrerin hat P. C. Lapauw OCD240) geschrieben: „Mittelpunkt der Erfahrung und der Lehre Teresas ist das Geheimnis Christi. Christus, der allein uns das Heil vermittelt und uns zum Vater führt. Sie ruft auf, auf Ihn zu blicken, Ihn zu betrachten, Ihn zu lieben. Sie bringt einfach alles mit Ihm in Zusammenhang. Seine heilige Menschheit stellt sie allen - gelegen oder ungelegen - als Weg zur Dreifaltigkeit und zur Heiligkeit vor Augen; und der Glaube an Seine Gottheit ist dabei hellwach in ihr. Eng in Verbindung damit steht ihre Liebe zur heiligsten Eucharistie, deren unermüdlicher Apostel in Tat und Schrift sie ist; die Gegenwart Christi im Altarssakrament ist eine der treibenden Kräfte für ihre Gründungen. Ihre Lehre ist weiter eine Einladung, die Kirche wie eine Mutter anzunehmen und zu lieben, in der und durch die hindurch Christus als Mittler Sein Heilswerk bis ans Ende der Zeiten ausdehnt und vollendet. Teresa, die im Zeitalter des Tridentinum lebte, empfand und erfuhr die Not und Bedrängnis der Kirche sehr tief wie eine schmerzliche Wunde, die der geheimnisvolle Leib Christ erlitt und erfuhr. So wünschte sie brennend, alle möchten die Kirche lieben, alle Gläubigen sollten sich dem Dienst an der Kirche hingeben, sie sollten wachsam im Glauben ausharren und bereit sein, auch Schweres für die Kirche zu erleiden." Hier ist sehr gut zum Ausdruck gebracht, wie im Mittelpunkt der Erfahrung und der Lehre der heiligen Teresa also Christus mit seinem physischen, leidensfähigen, mit seinem eucharistischen und mit seinem mystischen Leib steht. Wir dürfen darum Teresa mit vollem Recht unter die eucharistischen Heiligen einreihen, wie aus ihren Schriften klar belegt und bewiesen werden kann.
Kurz seien die wichtigsten Daten aus ihrem Leben zur Kenntnis gebracht,241) um dann auf ihre Beziehungen zur Heiligen Eucharistie einzugehen:
Teresa wurde am 28. März 1515 als Tochter des Alonso de Cebeda und dessen zweiter Frau Beatriz de Ahumada in Avila geboren. In ihrem siebten Lebensjahr wollte sie mit ihrem Lieblingsbruder Rodrigo bei den Mauren den Martertod sterben. Ihr Vater vertraute sie nach dem Tod der Mutter 1530 den Augustinerinnen im Kloster S. Maria de Grazia in Avila zur Erziehung an, aus Gesundheitsgründen kehrte sie gegen Ende 1532 nach Hause zurück. Sie las die Briefe des heiligen Hieronymus, die für ihren Klosterberuf ausschlaggebend wurden, und trat am 2. November 1535 in das Karmelitinnenkloster der Menschwerdung in Avila ein. Am 3. November 1537 legte sie die Profess ab. Von nun an gab sie sich mit ganzem Herzen dem Gebet und überstrenger Busse hin. Bald zog sie sich eine scheinbar hoffnungslose Krankheit zu, von der sie in Becedas Heilung suchte. Aus dem „Abecedario espiritual" des Franziskaner-Minoriten Francisco de Osuna (Toledo 1527) lernte sie das innerliche Gebet kennen. Seit Juli 1539 war sie dann wieder in Avila. Am 15. August dieses Jahres erlitt sie ein Koma; fast vier Tage war sie scheintot, blieb lange gelähmt und konnte drei Jahre später immer noch nicht gehen. In der Folgezeit erfuhr sie mystische Erlebnisse, deren Höhepunkt eine „Bekehrung" vor einem Bild „des schwer verwundeten Christus" war. Sie begann in sich ganz lebendig die Anwesenheit Gottes zu fühlen. Zu Ostern 1556 feierte Teresa in einer Vision ihre geistliche Verlobung mit Christus. Nach einer schrecklichen Vision der Hölle im Jahre 1560 legte sie das Gelübde ab, immer das Vollkommenere zu tun, und be-schloss die Karmeliterregel vollständig zu beobachten. Das war der Ausgangspunkt ihrer Reformtätigkeit. Am 24. August 1562 gründete sie das Kloster des heiligen Joseph, das erste reformierte Karmelkloster. Es folgen dann die verschiedenen weiteren Klostergründungen. Gleichzeitig begann Teresa ihre Werke zu schreiben: die „Vita", eine Selbstbiographie, auch das „Buch der Barmherzigkeiten Gottes" genannt (1562); „Der Weg der Vollkommenheit" (1567); „Gedanken über die Liebe Gottes im Anschluss an einige Worte des Hohenliedes Salomons" (1567); „Die Seelenburg" (1577) und „Das Buch der Klostergründungen" (1574). Dazu kommen noch kleinere Werke und Gedichte sowie viele Briefe.
Im November 1572 wurde Teresa im Kloster der Menschwerdung zu Avila, als sie aus der Hand des heiligen Johannes vom Kreuz die heilige Kommunion empfangen hatte, die Gnade der „geistlichen Vermählung" mit Christus zuteil.
Im September 1582 musste die gesundheitlich total verbrauchte Frau nach Alba de Tormes bei Salamanca reisen. Dort erkrankte sie schwer. Sie empfing am 3. Oktober 1582 die heilige Wegzehrung. Am nächsten Tag starb sie, nachdem sie Gott dafür gedankt hatte, dass sie als „Tochter der Kirche" sterbe. Am 24. April 1614 wurde sie von Papst Paul V. selig- und am 12. März 1622 von Papst Gregor XV. heilig gesprochen. Nun zu den Beziehungen der heiligen Teresa zur Heiligen Eucharistie. Zuerst sei festgestellt, dass sie etwa 23 Jahre lang täglich mit ganz großer Andacht die heilige Kommunion empfangen hat und schon durch dieses ihr Beispiel zu einem Apostel der häufigen, bzw. täglichen heiligen Kommunion geworden ist. Sie trachtete aber immer, mit größtmöglicher Reinheit der Seele zum Tisch des Herrn hinzutreten. Auch schon vor ihrer „Bekehrung" zu einem vollkommenen Leben kommunizierte sie nie ohne vorhergehende Beichte, wenn sie sich irgendeines kleinen Fehlers schuldig wusste. Sie war beim Kommunizieren von einem so lebendigen Glauben erfüllt, dass sie viele Jahre immer zum Tisch des Herrn hintrat, als sehe sie Christus mit leiblichen Augen gegenwärtig.242) Sie lächelte, wenn sie von einigen sagen hörte, sie wünschten zu jener Zeit gelebt zu haben, da Christus noch auf Erden weilte; da konnte Teresa nur darauf hinweisen, dass doch Christus im heiligsten Sakrament ebenso wirklich gegenwärtig ist, wie er es damals in seinem Erdenleben war (VI/178).
Da schreibt sie in ihrer Selbstbiographie (1/208): „Im heiligsten Sakrament ist Christus unser beständiger Gefährte, dem es unmöglich zu sein scheint, sich auch nur einen Augenblick von uns zu trennen... In der Gegenwart eines so treuen Freundes und tapferen Feldherrn, der im Leiden sich an die Spitze gestellt hat, kann man alles ertragen. Er hilft uns und stärkt uns, er verlässt uns nie, er ist uns ein wahrer Freund. Jetzt erkenne ich klar und ich habe es auch schon bald nach der Befreiung von meinem Irrtum eingesehen: um Gott zu gefallen und große Gnaden von ihm zu erlangen, ist es seinem Willen gemäß notwendig, dass sie durch die Hände dieser heiligsten Menschheit (die im heiligsten Sakrament gegenwärtig ist) gehen, an der Gottes Majestät, wie er selbst gesagt hat, sein Wohlgefallen hat. Dies habe ich sehr oft durch die Erfahrung bestätigt gefunden, und auch der Herr selbst hat es mir gesagt. Ich habe deutlich gesehen, dass wir durch diese Pforte eingehen müssen, wenn wir wollen, dass die allerhöchste Majestät uns große Geheimnisse offenbare. Suchen wir also keinen anderen Weg, und wenn wir auch auf der höchsten Stufe der Beschauung stünden. Denn hier wandelt man sicher. Dieser unser Herr ist es, durch den uns alle Güter zukommen. Er wird uns unterweisen, wenn wir sein Leben, das allerbeste Vorbild, betrachten. Was können wir denn noch mehr verlangen, als einen so treuen Freund (im heiligsten Sakrament) an der Seite zu haben, der uns in Leiden und Bedrängnissen nicht verlässt, wie dies Freunde in der Welt es tun!? Selig, wer Ihn (den eucharistischen Heiland) in Wahrheit liebt und allzeit bei sich hat!"
Aus solchem Glauben an die Realpräsenz Christi in der Heiligen Eucharistie mit Fleisch und Blut, mit Leib und Seele, mit Gottheit und Menschheit, erwuchs dann Teresas ganz großes Verlangen nach der Vereinigung mit Christus in der heiligen Kommunion. Wörtlich schreibt sie darüber folgendes:
„Zuweilen kommt mir ein so großes Verlangen nach der heiligen Kommunion, dass ich es gar nicht aussprechen kann. Dies war auch eines Morgens der Fall, als es so stark regnete, dass es schien, als wolle der Regen das Verlassen des Hauses unmöglich machen. Trotzdem wollte ich zur Kirche gehen; und kaum hatte ich das Haus (— es handelt sich um das zum Kloster St. Joseph in Avila bestimmte Haus) verlassen, als ich auch schon von diesem Verlangen so außer mir war, dass ich, selbst wenn man mir Lanzen vorgehalten hätte, dennoch weitergegangen wäre; umso weniger ließ ich mich durch den Regen abhalten. Als ich in der Kirche angekommen war, überfiel mich eine Verzückung. Ich glaubte, den Himmel selbst sich öffnen zu sehen, nicht bloß einen Eingang dazu wie sonst... Ich kommunizierte und blieb in der Messe, weiß aber nicht, wie ich ihr beiwohnen konnte. Ich glaubte, es wäre nur eine kurze Zeit verflossen; wie groß aber war meine Verwunderung, als ich die Uhr schlagen hörte und bemerkte, dass ich zwei Stunden lang in der Verzückung und Beseligung gewesen war. Ich staunte hernach über das Feuer, das von oben aus der wahren Liebe Gottes in meine Seele gefallen zu sein schien; denn... so sehr ich auch nach einem solchen Liebesfeuer verlangen und bis zur Vernichtung meiner selbst mich darum bemühen mag, so kann ich doch nicht ein Fünklein davon erringen, wenn Gottes Majestät es nicht geben will. Dieses Feuer scheint den alten Menschen mit all seinen Mängeln, all seiner Lauheit und seinem ganzen Elend zu verzehren. Wie der Vogel Phönix, von dem ich gelesen habe, dass er aus der Asche, zu der er sich verbrannt hat, verjüngt hervorgehe, so ist auch die Seele durch die Wirkung dieses Feuers eine andere geworden. Sie hat jetzt ganz andere Begierden und eine große Stärke; sie scheint nicht mehr das zu sein, was sie zuvor gewesen ist, sondern fängt mit neuer Reinheit den Weg des Herrn zu wandeln an. Ich bat (nach dieser heiligen Kommunion) die Majestät Gottes um diese Gnade, damit ich von neuem anfangen könnte, ihm zu dienen. Da sagte der Herr zu mir: ,Du hast einen guten Vergleich angestellt. Habe acht, dass du ihn nicht vergisst und dich immer bemühst, noch besser zu werden!'" (1/408-10) Noch einmal schildert uns Teresa das glühende Verlangen nach der heiligen Kommunion: „An einem Palmsonntag (-es war der Palmsonntag 1572, als Teresa Priorin im Kloster der Menschwerdung zu Avila war-) nach der heiligen Kommunion (die ich wieder ganz lebhaft herbeigesehnt hatte) geriet ich in solche Verzückung, dass ich die heilige Hostie nicht hinunterschlucken konnte. Als ich sie so im Mund behielt und dann wieder etwas zu mir gekommen war, kam es mir vor, als wäre mein ganzer Mund voll von Blut; auch schien es mir, als sei mein Gesicht und der ganze Leib von diesem Blut ganz überströmt, und zwar so warm, als ob der Herr es soeben erst vergossen hätte. Außerordentlich war die Wonne, die ich dabei empfand. Der Herr aber sprach zu mir: .Meine Tochter, Ich will, dass dir Mein Blut zum Heile gereiche! Fürchte dich nicht, dass dir Meine Barmherzigkeit je fehlen wird! Ich habe Mein Blut unter unbeschreiblichen Schmerzen vergossen, du aber genießt es, wie du siehst, mit großer Wonne. Wie gut vergelte Ich dir also die Freude, die du Mir an diesem Tag bereitet hast.' Dies sagte der Herr zu mir, weil ich seit 30 Jahren jedes Mal an diesem Tag, wenn es mir nur irgendwie möglich war, kommuniziert und meine Seele mit allem Eifer für Ihn als Herberge zubereitet habe. Denn die Juden schienen mir sehr lieblos gegen den Herrn gehandelt zu haben, als sie Ihn nach einem so glänzenden Empfang in Jerusalem wieder so weit (nach Bethanien) zum Abendessen gehen Hessen. Ich schloss daraus, Er werde in mir bleiben, obwohl die Herberge, wie ich jetzt sehe, sehr schlecht ist. Solch einfältige Erwägungen stellte ich an; sie müssen aber dem Herrn gefallen haben, denn diese Erscheinung Christi ist eine von jenen, die ich für die sichersten halte, und sie hat mir auch bei der heiligen Kommunion großen Nutzen gebracht." (1/478)
Teresa lud Christus immer wieder zu sich ein und bat Ihn, bei ihr einzukehren. In einem Zwiegespräch mit Christus sagte sie: „O Du, mein Herr, wenn Du Deine Größe nicht bedecken würdest (mit dem Schleier der eucharistischen Gestalten), wer würde es dann wagen dürfen, so oft hinzugehen, um eine so hehre Majestät mit einem so hässlichen elenden Ding zu vereinigen?! Gepriesen seiest Du, o Herr, und alle Engel und übrigen Geschöpfe müssen Dich dafür loben, dass du alles nach unserer Schwachheit bemessen hast, damit Deine erhabene Größe uns beim Genuss so erhabener Gnaden nicht in solchem Masse entsetzt, dass wir als schwache, elende Menschen es etwa gar nicht wagen würden, sie zu gemessen!"
Wie tief und gefühlvoll Teresa die Vereinigung mit Christus in der heiligen Kommunion betrachtete, hat sie auch in ihren „Gedanken über die Liebe Gottes im Anschluss an einige Worte des Hohenliedes Salomons" gezeigt. Sie sucht da die Worte der Braut im Hohenlied: „Er küsse mich mit dem Kusse seines Mundes" zu deuten und bemerkt dazu: „Was sind das doch für Worte, die ein Wurm zu seinem Schöpfer sagen darf... Wer wird es wagen, o mein König, diese Worte zu sprechen, wenn Du es ihm nicht gestatten würdest? Es ist das etwas, was in Staunen versetzt..." Teresa meint dann, es sei klar, dass man diese Worte sicher nicht im buchstäblichen Sinn zu Gott sagen könne. Dann aber erinnert sie sich an das heiligste Altarssakrament und meint, „ob die Braut des Hohenliedes nicht gerade um diese Gnade (der Vereinigung mit Christus im heiligsten Sakrament) hier gebeten habe, die uns ja Christus dann tatsächlich erwiesen hat, als er unsere Speise wurde". (V/243) Die Heilige meint dann etwas später in den Ausführungen des Dritten Hauptstücks dieser „Gedanken über die Liebe Gottes", die immer noch unter dem Schriftwort „Er küsse mich mit dem Kusse seines Mundes" stehen: „Ich halte es für gewiss, dass eine einzige Kommunion genügen würde, um uns reich zu machen, wenn wir mit starkem Glauben und mit großer Liebe hinzutreten würden. Nun empfangen wir das heiligste Sakrament so oft! Allein es scheint, wir betrachten es als eine bloße Zeremonie, wenn wir uns ihm nahen, und darum verschafft uns sein Empfang so wenig Nutzen. O erbärmliche Welt, wie verblendest du die Augen derer, die in dir leben, so dass sie die Schätze nicht sehen, mit denen sie sich für alle Ewigkeit bereichern könnten! O Herr des Himmels und der Erde, wie ist es überhaupt möglich, dass man Dich schon in diesem sterblichen Leben in so inniger Freundschaft gemessen kann? Und wie deutlich spricht es der Heilige Geist in den Worten des Hohenliedes aus! Dennoch aber wollen wir es nicht einsehen, mit welch wonnigen Genüssen Du diesem Lied gemäß die Seelen erfreust. Welch Liebe atmende Worte, welch wonnige Gefühle des Entzückens! - Darum, o mein Herr, bitte ich in diesem Leben um nichts anderes mehr, als dass Du mich küssest mit dem Kusse Deines Mundes, und zwar in einer Weise, dass ich mich von dieser Freundschaft und Vereinigung (mit Dir) nicht mehr trennen kann, selbst wenn ich es wollte. Lass, o Herr meines Lebens, allzeit meinen Willen dem Deinen unterworfen sein und gib, dass nichts in der Welt mich hindert, zu Dir sagen zu können: Mein Gott und meine Seligkeit!" (V/270)
Die heilige Teresa hat sich nicht bloß selbst immer bemüht, mit starkem Glauben und glühendem Verlangen sowie mit reinem Herzen Christus in der heiligen Kommunion zu empfangen, sie hat auch ihre Töchter dazu angeleitet. In ihrem „Weg der Vollkommenheit" kommt sie bei der Deutung der Brotbitte des Vaterunser auf das heiligste Sakrament des Altares und auf das rechte Verhalten vor und nach Empfang der heiligen Kommunion zu sprechen:
„Nachdem der himmlische Vater aus eigenem Antrieb uns seinen Sohn schon gegeben und in die Welt gesandt hat, will jetzt auch der Sohn aus eigenem Antrieb uns nicht mehr verlassen, sondern bei uns bleiben... Denn da die Majestät Gottes uns dieses heiligste Brot, diese Nahrung und dieses Manna der Menschheit gegeben hat, hat sie es für immer gegeben. Wir finden es, so oft wir wollen, so dass wir nicht Hungers sterben, wenn wir nicht selbst schuld sind. Im Genuss des heiligsten Sakramentes wird die Seele Erquickung und Trost finden, wie sie es nur wünschen mag. Es gibt keine Not, kein Leiden, keine Verfolgung, die dann nicht leicht zu ertragen wäre... Bittet, meine Töchter, mit diesem Herrn den himmlischen Vater, dass er euch im täglichen Heute auch euren Bräutigam lasse, damit ihr in dieser Welt nicht ohne Ihn sein müsst! Eine so große Freude, Ihn bei sich zu haben, wird zwar dadurch gemäßigt, dass Er sich unter den Gestalten von Brot und Wein verborgen hält. Das ist für jene, die nichts anderes mehr lieben und keinen anderen Trost mehr haben als Ihn, eine große Marter. Aber bittet nur, dass Er euch nie fehle und euch die nötige Vorbereitung verschaffe, Ihn auch würdig zu empfangen... Wenn auch unsere leiblichen Augen sich nicht an der Anschauung des Herrn ergötzen können, weil Er ihnen verhüllt ist, so wollen wir Ihn doch bitten, dass Er sich den Augen unserer Seele zeige und sich ihr zuerkennen gebe. Dieses himmlische Brot ist ja eine ganz andere Nahrung (als das leibliche Brot), es ist eine Nahrung voll von Freuden und Süßigkeiten, die zugleich sogar das Leben des Leibes erhalten kann. Oder glaubt ihr etwa, diese heiligste Speise könne nicht auch den Leib erhalten und sei nicht auch eine vorzügliche Arznei gegen leibliche Übel? Dass sie diese Kraft wirklich hat, davon bin ich fest überzeugt. Ich kenne nämlich eine Person (- hier meint die heilige Teresa sich selbst!-), die oft große Schmerzen litt, wenn sie zur heiligen Kommunion ging. Nachdem sie aber diese empfangen hatte, waren ihre Schmerzen wie weggeblasen, und sie befand sich ganz wohl. Dies war bei ihr etwas ganz Gewöhnliches, und zwar bei so offensichtlichen Krankheiten, dass sie meines Erachtens unmöglich eine Verstellung sein konnten. Die Wunder, die dieses heiligste Brot in jenen wirkt, die es würdig empfangen, sind so bekannt, dass ich viele andere gar nicht erwähne, die ich von jener Person erzählen könnte. Ich bin darüber unterrichtet und weiß, dass sie nicht erlogen sind. Der Herr hatte ihr aber auch einen so lebendigen Glauben gegeben, dass sie bei sich lächelte, wenn sie einige sagen hörte, sie wünschten zur Zeit gelebt zu haben, als Christus, unser höchstes Gut, noch auf Erden war. Sie meinte, was sie wohl noch zu wünschen hätte, da sie ja Christus ebenso wahrhaftig im allerheiligsten Sakrament besäße..." (VI/178)
Sie gibt dann ihren Töchtern die Mahnung: „Wenn wir keine Toren sein und unseren Verstand nicht absichtlich verblenden wollen, so können wir nicht daran zweifeln, dass in der heiligen Kommunion die Gegenwart des Herrn keine bloße Vorstellung unserer Einbildungskraft ist, so wie wenn wir Ihn am Kreuze hängend oder in anderen Geheimnissen seines Leidens betrachten, deren Begebenheit wir uns in unserem Innern vorstellen. Wenn wir den Herrn in der heiligen Kommunion empfangen, so ist Er uns vielmehr in voller Wahrheit gegenwärtig und wir brauchen Ihn nicht erst anderswo in der Ferne zu suchen; denn wir wissen, dass der gute Jesus bei uns ist, solange die Gestalten des Brotes von der natürlichen Wärme nicht verzehrt sind. Hier also lasst uns Ihm nahen! Wenn Er während der Zeit seines Erdenwandels die Kranken dadurch gesund machte, dass sie bloß seine Kleider berührten, können wir denn dann zweifeln, dass Er da, wo Er uns so innig gegenwärtig ist, auch an uns Wunder wirken werde, wenn wir Glauben haben? Können wir zweifeln, dass Er uns geben wird, um was wir Ihn bitten, wenn Er in unserem Hause wohnt? Wahrlich, Seine Majestät pflegt die Herberge bei uns nicht schlecht zu bezahlen, wenn wir Ihn gut bewirten!" (VI/179). Die Heilige kommt dann auf die Verborgenheit des Herrn im heiligsten Sakrament zu sprechen und schreibt (VI/179ff.): „Fällt es euch schwer, dass ihr Ihn (in der Heiligen Eucharistie) nicht mit leiblichen Augen seht, so bedenkt, dass uns dies gar nicht nützlich wäre! Denn etwas anderes ist es, Ihn in seiner Herrlichkeit zu schauen, als so, wie Er auf Erden wandelte. Unsere schwache Natur würde den Anblick einer solchen Herrlichkeit gar nicht ertragen können. Und gesetzt auch, wir könnten dies, dann gäbe es keine Welt und niemand mehr, der in ihr bleiben möchte; denn beim Schauen der ewigen Wahrheit würde jedermann einsehen, dass alles, was wir hier auf Erden hoch schätzen, doch nur Lüge und Täuschung ist. Wie würde dann aber eine arme Sünderin, wie ich es bin, die den Herrn so oft beleidigt hat, es wagen, so nahe bei Ihm zu bleiben, wenn sie eine so erhabene Majestät schaute? In seiner Verborgenheit unter der Brotsgestalt aber ist leicht mit Ihm umzugehen. Wenn sich der König verkleiden würde, brauchten wir meines Erachtens im Verkehr mit ihm nicht so viel Rücksicht zu nehmen und nicht so viele Umstände zu machen; es scheint, er müsse sich dies gefallen lassen, eben weil er sich verkleidete. So ist es wohl auch hier (bei Christus in seiner Verborgenheit in der Brotsgestalt). Wer würde es sonst wagen, so lau, so unwürdig und unvollkommen wie wir sind, sich dem himmlischen König zu nahen? Wahrlich, wir wissen eigentlich gar nicht, was wir wollen, wenn wir Ihn unverhüllt zu schauen begehren, und sehen nicht ein, wie weit besser Christi Weisheit für uns gesorgt hat, da Er sich jenen offenbart, von denen Er weiß, dass sie aus Seiner Gegenwart Nutzen ziehen. Denn wenngleich Ihn auch diese nicht mit leiblichen Augen sehen, so gibt Er sich doch auf mannigfache Weise ihrer Seele durch tief empfundene Gefühle und verschiedene andere Wirkungen zu erkennen. Bleibt darum gerne bei Ihm und versäumt nicht eine so gute Gelegenheit, vertraulich mit Ihm zu verkehren, wie sie euch in der Stunde nach dem Empfang der heiligen Kommunion geboten wird! Befiehlt euch aber, meine Schwestern, der Gehorsam etwas anderes, so befleißigt euch wenigstens, eure Seele beim Herrn zu lassen! Denn wenn ihr gleich nach der heiligen Kommunion eure Gedanken wieder anderswohin wendet und den unbeachtet lasst, der in euch ist, wie soll Er sich euch dann zu erkennen geben? Die Zeit nach der heiligen Kommunion ist kostbar! Da will uns unser Lehrer unterweisen. Hören wir Ihn also an. Küssen wir Ihm zum Dank die Füße und bitten wir Ihn, dass Er nie von uns weiche. Ich hielte es für Torheit, wolltet ihr euch da von der Person des Herrn selbst abwenden, um etwa ein Christusbild zu betrachten und vor diesem eure Bitten vorzutragen. Wäre dies nicht geradeso, wie wenn wir das Bild einer geliebten Person besäßen und beim Empfang ihres Besuches nicht mit ihr selber reden, sondern nur an das gemalte Bild uns wenden wollten? Wisst ihr, wann es sehr gut ist, ein Bild des Herrn anzuschauen, was mir selbst auch große Freude bereitet? Dann, wenn Er selbst abwesend ist, oder wenn Er uns seine Abwesenheit durch große Trockenheit fühlen lassen will. Da ist es dann ein großer Trost, ein Bild dessen zu sehen, den zu lieben wir allen Grund haben... Wenn ihr aber den Herrn empfangen habt, der nun in eigener Person in euch weilt, dann bemüht euch, die leiblichen Augen zu schließen, die Augen der Seele aber zu öffnen und in euer Herz zu schauen! Ich habe es euch schon gesagt, sage es abermals und möchte es noch oft sagen: Wenn ihr euch dies zur Gewohnheit macht und es jedes Mal tut, so oft ihr kommuniziert, und wenn ihr dazu ein so reines Gewissen bewahrt, dass es euch gestattet ist, den Herrn oft zu empfangen, dann wird Er sicher nicht so verhüllt bleiben, dass Er sich nicht doch auf mancherlei Weise und gemäß eurem Verlangen, Ihn zu schauen, zu erkennen gäbe, wie ich schon erwähnt habe; ja dieses Verlangen kann dann so glühend sein, dass Er sich euch ganz enthüllt. - Erweisen wir Ihm aber keine Aufmerksamkeit und wenden wir uns, nachdem wir Ihn empfangen haben, gleich wieder von Ihm ab und anderen, niedrigeren Dingen zu, was soll Er dann tun? Soll Er uns etwa mit Gewalt nötigen, Ihn anzuschauen, wenn Er sich uns zu erkennen geben will? Nein, gewiss nicht. Denn wie übel behandelten Ihn die Menschen, als Er sich allen offen zeigte und ihnen klar sagte, wer Er ist! Nur ganz wenige waren es, die an Ihn glaubten. Darum erzeigt Er uns Barmherzigkeit genug, wenn Er uns zur Erkenntnis bringen will, dass Er im heiligsten Sakrament wahrhaft gegenwärtig ist. Aber unverhüllt sich zeigen, seine Herrlichkeit offenbaren und von seinen Schätzen mitteilen will Er nur jenen, von denen Er weiß, dass sie ein großes Verlangen nach Ihm haben; diese sind seine wahren Freunde. Wer sich Ihm aber nicht als wahrer Freund naht, um Ihn zu empfangen, und nicht alles tut, was an ihm liegt, der verlange von Ihm ja nicht, dass Er sich ihm offenbare! Ein solcher Mensch kann ja kaum die Zeit erwarten, bis er das Kirchengebot (einmal im Jahr, zur österlichen Zeit die heilige Kommunion zu empfangen) erfüllt hat, um gleich wieder fort zu gehen aus dem Haus des Herrn, den er nun wieder von sich zu stoßen sucht. Ein solcher scheint sich möglichst zu beeilen, dem Herrn durch weltliche Händel und Geschäfte Hindernisse in den Weg zu legen, damit Er von seinem Hause ja nicht Besitz ergreifen könne."
In dieser kostbaren Belehrung ihrer Schwestern über das rechte Verhalten beim Kommunizieren kommt die heilige Teresa zuletzt auch auf die geistliche Kommunion zu sprechen: „Wenn ihr, meinte Töchter, die Kommunion nicht empfangt, sondern nur die Messe hört, so könnt ihr doch mit sehr großem Nutzen geistig-geistlicher Weise kommunizieren und euch dabei der gleichen inneren Sammlung befleißigen. Dadurch wird die Liebe zu unserem Herrn unseren Herzen ganz tief eingeprägt... Denn es ist hier wie bei der Annäherung an ein Feuer: Wenn dieses auch sehr stark ist, ihr aber davon fern bleibt und die Hände davor verbergt, so werdet ihr euch nicht erwärmen können. Zwar wird man auch noch in der Ferne mehr Wärme spüren, als wenn man sich an einem Ort befindet, wo gar kein Feuer ist; aber es ist doch etwas ganz anderes, wenn man sich dem Feuer nähert. Anfangs, meine Schwestern, kann es sein, dass ihr euch bei dieser Übung (der geistlichen Kommunion) nicht recht wohl fühlt... Aber unterlasst sie deshalb nicht! Der Herr will euch prüfen, wie es mit eurer Liebe zu Ihm steht. Denkt daran, wie wenige Seelen es gibt, die Ihm Gesellschaft leisten und Ihm in seinen Leiden nachfolgen! Duldet ein wenig für Ihn! Er wird es euch lohnen. Denkt auch daran, wie viele es wohl gibt, die nicht bei Ihm bleiben wollen und Ihn auch noch unhöflich von sich weisen! Wir müssen etwas ertragen, damit Er unser Verlangen nach Ihm sehen kann. Da Er alles erträgt und ferner ertragen will, um auch nur eine einzige Seele zu finden, die Ihn aufnimmt und in Liebe bei sich behält, so sei diese Seele die eurige!" (VI/182-183) Was die Häufigkeit des Kommunionempfangs betrifft, so betont die heilige Teresa im „Buch der Klostergründungen" sehr ausführlich und konkret, dass in dieser Frage immer der Gehorsam, vor allem gegen den Beichtvater, den Vorrang haben müsse vor allen eigensinnigen Wünschen. (11/58-62).
Im gleichen „Buch der Klostergründungen" (11/137) schreibt Teresa auch, dass ihr bei den vielen mühevollen Reisen, die zu den Klostergründungen notwendig waren, der Gedanke viel Trost und Freude bereitete, dass durch jedes neu gegründete Kloster dem eucharistischen Heiland wieder eine neue Stätte der Verherrlichung geschaffen wurde: „Ich übergehe bei diesen Gründungen mit Stillschweigen die großen Beschwerden, die wir auf den Reisen infolge Kälte oder Hitze oder bei Schneegestöber auf uns nehmen mussten... Aber niemals habe ich, so viel ich mich erinnern kann, eine Gründung aus Furcht vor den Schwierigkeiten unterlassen, obwohl ich gegen Reisen, besonders wenn sie lange dauerten, eine starke Abneigung fühlte. Wenn aber die Reise angetreten war, dann kam sie mir leicht vor bei dem Gedanken, für wen ich sie unternahm, und bei der Erwägung, dass in dem neuen Kloster der Herr gepriesen und das allerheiligste Sakrament gegenwärtig würde. Das Bewusstsein, wieder eine Kirche mehr zu wissen, bereitete mir überaus großen Trost, besonders wenn ich an die vielen Kirchen dachte, die von den Lutheranern (gemeint sind die Calviner!) weggenommen wurden. Welche Mühen, wenn sie auch noch so groß sind, könnte man denn scheuen, wenn man um diesen Preis der Christenheit ein so großes Gut (nämlich die Gegenwart Christi im heiligsten Sakrament) verschaffen kann! Wenn auch viele vergessen, dass Jesus Christus als wahrer Gott und wahrer Mensch an so vielen Orten im heiligsten Sakrament gegenwärtig ist, so sollten doch wenigstens wir darüber großen Trost empfinden. Für mich wenigstens war dieses Bewusstsein sehr oft überaus tröstlich, wenn ich mich im Chor befand und die Wahrnehmung machte, wie diese reinen Seelen (der Schwestern) Gott lobten und priesen...". Die Heilige litt sehr schwer unter der Leugnung der Realpräsenz Christi im Altarssakrament durch die reformierten Christen und unter der sakrilegischen Verunehrung, die dem Herrn im heiligsten Sakrament durch manche Irrgläubigen zugefügt wurde. So bemerkt sie am Schluss ihrer Unterweisung über das rechte Kommunizieren in ihrem „Weg der Vollkommenheit" (VI/184): „Lasst uns zum Vater im Himmel beten, dass seine Liebe zum Sohn eine so üble Behandlung (wie sie Ihm jetzt vielerorts zuteil wird) nicht länger mehr dulde. Ja, lasst uns zu ihm beten, im Namen des guten Jesus, der den Sündern keine größere Wohltat erweisen konnte, als dass Er bei ihnen bleiben wollte (im heiligsten Sakrament). Der Sohn des himmlischen Vaters hat ja (in diesem heiligsten Sakrament) ein so wirksames Mittel erfunden, durch das wir Ihn dem ewigen Vater so oft als Opfer darbringen können. Lasst uns Ihn bitten, dass diese kostbare Gabe das weitere Umsichgreifen eines so überaus großen Übels (nämlich der Leugnung des Opfercharakters der Heiligen Eucharistie und der Realpräsenz Christi in ihr) verhindere und den Verunehrungen vonseiten der Lutheraner (wohl richtiger: der Calviner von damals) Einhalt gebiete, bei denen sich das heiligste Sakrament zuvor befand, während jetzt die Kirche zerstört, so viele Priester vertrieben oder getötet und der Sakramentsempfang beseitigt sind!" Wie viel hätte die große heilige Teresa wohl heute zu klagen über Ehrfurchtslosigkeit gegenüber dem heiligsten Sakrament und über sakrilegischen Empfang der Heiligen Eucharistie! Man kann nur hoffen, dass in den Karmel-Klöstern, wo noch nach den „Satzungen für die unbeschuhten Karmelitinnen, wie sie von der heiligen Mutter Teresa von Jesus gegeben wurden" (VI/218-249) gelebt wird, auch die eucharistische Frömmigkeit der heiligen Kirchenlehrerin lebendig bleibt und die Liebe zum eucharistischen Heiland noch glüht, wie diese von der heiligen Teresa in ihrem „Liebenden Zwiegespräch" zum Ausdruck gebracht wurde (VI/283):
1. „Brennst in Liebe Du zu mir,
Wie ich brenne, Herr, zu Dir?
All mein Sinnen, sag' wo's ruht,
Und das Deine, höchstes Gut?
2. Was begehrst Du, Herr, von mir?
Herr, zu schaun Dein Angesicht.
Was macht einzig Kummer Dir?
Dass ich Dich verlier, mein Licht!
3. Gib mir Liebe, die Dich minnt,
Bis sie Dich für stets gewinnt,
Dass ich bau ein Nest ganz warm,
Drin ich ruhe sonder Harm.
4. Freundin, Gott in Deinem Herzen,
Welcher Mangel kann dich schmerzen?
Meine Liebe, Herr, zu mehren,
Das ist einzig mein Begehren.
Darum will ich stets und treu
Mich zur Liebe kehren neu."
Die heilige Teresa von Avila
(+ 4. Oktober 1582)
«Ich will Gott schauen!» So rief die siebenjährige Teresa von Avila, die spätere große Klostergründerin, Ordensreformerin und Kirchenlehrerin
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aus." Hier kündigte sich schon an, wie sehr sich diese große Heilige danach sehnte, den dreifaltigen Gott zu erkennen und zu schauen. Im reifen Alter durfte sie tatsächlich mehrmals, wie sie selbst betont, auf mystische Weise einen Blick tun in das Mysterium der heiligsten Dreifaltigkeit. So schreibt Teresa von Avila in ihrem 5. Bericht an P. Rodrigo Alvarez, ihren Seelenführer, im Jahre 1576: «Ich erkenne klar, dass die drei göttlichen Personen voneinander verschieden sind, wie ich sie gestern sah, als Sie mit dem P. Provinzial Didacus de Acosta SJ sprachen. Auch habe ich Ihnen gesagt, dass ich mit den leiblichen Augen nichts sehe und auch mit den leiblichen Ohren nichts vernehme; ebenso nehmen die Augen der Seele nichts wahr. Ich habe nur eine übernatürliche Gewissheit, dass die drei göttlichen Personen da sind; und ich erkenne es sogleich, wenn ihre Gegenwart nicht mehr vorhanden ist. Wie dies geschieht, weiß ich nicht, aber das weiß ich, dass es kein Blendwerk ist. So sehr ich mich auch nachher bemühen würde, um mir diese ihre Anwesenheit zu vergegenwärtigen, ich könnte es nicht zustande bringen. Ich habe das oft versucht; und so ist es auch, so weit ich es zu erkennen vermag, bei all dem, was ich hier gesagt habe; denn während der vielen Jahre, in denen ich diese Gunstbezeigungen empfange, hatte ich Gelegenheit, diese Beobachtung zu machen, und so kann ich auch mit solcher Bestimmtheit mich darüber aussprechen. Ich kann in der Tat behaupten — und ich bitte Sie, dies hier zu beachten —, dass ich sehe, wer die Person ist, die immer zu mir spricht; bezüglich der anderen zwei könnte ich dies nicht auf dieselbe Weise behaupten. Die eine von ihnen hat meines Wissens noch nicht zu mir gesprochen; den Grund dafür habe ich aber nicht erfahren; übrigens bemühe ich mich auch nicht, Gott um mehr zu bitten, als er mir mitteilen will. Denn ich würde sogleich meinen, der böse Feind könnte mich täuschen; da ich mich vor ihm fürchte, werde ich auch jetzt nicht um mehr bitten. Die erste Person hat, wie mir scheint, mehrmals zu mir gesprochen. Da ich mich aber jetzt nicht mehr genau daran erinnere und ich vergessen habe, was es war, so wage ich dies nicht zu behaupten. Dies alles, und was ich hier sagte, ist ausführlich beschrieben in dem Bericht (meines Lebens), den Sie kennen. Die Seele sieht auf ganz erhabene Weise, dass die drei (göttlichen) Personen voneinander verschieden sind; aber sie erkennt, dass sie nur ein Gott sind. Ich glaube mich zu erinnern, dass Unser Herr nur als menschliche Person zu mir gesprochen hat. Ich wiederhole es und ich kann auch versichern, dass dies alles keine Täuschung ist.»2' Im Bericht an Don Alfonso Velasquez, ihren früheren Beichtvater in Toledo und damaligen Bischof von Osma, schreibt die heilige Teresa im Jahre 1581: «Ich genieße tiefen inneren Frieden. Die Freuden und die Leiden haben wenig Gewalt, um mich für lange der Gegenwart der drei göttlichen Personen zu berauben, an der ich unmöglich zweifeln kann. Ich glaube wirklich, an mir selbst zu erfahren, was der heilige Johannes sagt: Die drei göttlichen Personen werden Wohnung in der Seele nehmen, und das nicht nur dadurch, dass sie uns die Gnade schenken, sondern auch dadurch, dass sie uns ihre Gegenwart fühlen lassen. Eine solche Gnade ist die Quelle der reichsten Schätze, die ich im einzelnen nicht aufzählen kann. Es ist nicht nötig, sich langen Betrachtungen hinzugeben, um die Gegenwart des dreifaltigen Gottes zu erkennen. Diese Wohltat fühle ich fast beständig, außer wenn ich von körperlichen Leiden überwältigt werde. Manchmal will mich Gott allem Anschein nach leiden lassen, ohne mir den geringsten inneren Trost zu geben; mein Wille widersetzt sich jedoch niemals, selbst nicht durch eine anfängliche Regung, der Erfüllung des Willens Gottes. Diese Unterwürfigkeit ist so mächtig, dass ich weder Tod noch Leben wünsche, ausser in den kurzen Augenblicken, in denen ich von dem Verlangen, Gott zu schauen, entflammt bin. Da ich mir sogleich sehr lebendig vorstelle, dass die drei göttlichen Personen in mir sind, zerstreue ich den Kummer, den mir ihre Abwesenheit verursachte; und dann wünsche ich noch weiter auf dieser Welt zu bleiben, wenn es Gottes Wille ist, um zu seiner Ehre arbeiten zu können. Könnte ich doch dazu beitragen, dass der dreifältige Gott noch mehr geliebt und gepriesen wird, wenn auch nur von einer einzigen Seele und für einen Augenblick! Ich würde das für wichtiger halten, als wenn ich schon im Besitz der himmlischen Herrlichkeit wäre.»3'
Im Bericht über die Gunstbezeigungen Gottes schreibt die heilige Teresa am 22. September 1572: «Am Tage nach dem Fest des heiligen Matthias befand ich mich in einer Verfassung, in der ich gewöhnlich bin, seit dem mir die Vision der heiligsten Dreifaltigkeit zuteil geworden ist und ich die Art und Weise geschaut habe, wie sie in einer Seele wohnt, die sich im Gnadenstand befindet. Diese anbetungswürdige Dreifaltigkeit stellt sich mir in einer Weise dar, dass ich sie in Wirklichkeit und durch bestimmte Vergleiche mittels einer bildhaften Vision deutlich schaue. Obwohl sich mir öfters die heiligste Dreifaltigkeit mittels einer Verstandesvision darstellte, so konnte sich doch nach Verlauf von einigen Tagen mein Geist nicht mehr wie jetzt mit dieser Wahrheit beschäftigen noch auch daran Trost finden. Heute erkannte ich, dass diese Vision dem entspricht, was ich von den Theologen darüber vernommen habe, wenn ich es auch nicht immer verstanden habe; indessen habe ich diese Wahrheit immer ohne Bedenken geglaubt, da ich nie eine Versuchung gegen den Glauben gehabt habe. Wir Unwissenden glauben, dass alle drei Personen der heiligsten Dreifaltigkeit in einer Person seien, etwa wie wir es an Bildern wahrnehmen, auf welchen ein Körper mit einem dreifachen Antlitz gemalt ist. Dies setzt uns so in Staunen, dass es uns unmöglich vorkommt, und wir wagen nicht darüber nachzudenken. Unser Verstand gerät in Verwirrung und Furcht, er möchte an dieser Wahrheit zweifeln; dabei aber verliert er ein großes Verdienst. Das, was meinem Geist sich darstellte, sind drei verschiedene Personen, von denen man jede einzelne schauen und ansprechen kann. Und dann habe ich betrachtet, dass der Sohn allein die menschliche Natur angenommen hat, was diese Wahrheit ganz deutlich lehrt. Diese drei Personen lieben sich gegenseitig, teilen sich einander mit und erkennen sich. Aber wenn jede für sich allein ist, wie können wir dann sagen und glauben, dass alle drei eine Wesenheit sind? Es ist das die vollste Wahrheit, und ich wäre bereit, tausendmal dafür zu sterben. Auch ist in den drei Personen nur ein Wille, ein Können und eine Herrschermacht, so dass keine ohne die andere etwas vermag und alle Geschöpfe nur einen Schöpfer haben. Könnte etwa der Sohn ohne den Vater auch nur eine Ameise schaffen? Nein, denn sie haben nur ein Können; dasselbe gilt auch vom Heiligen Geist. Es gibt also nur einen allmächtigen Gott, und alle drei Personen sind nur ein und dieselbe Majestät. Könnte jemand den Vater lieben ohne den Sohn und den Heiligen Geist? Nein, wer eine von diesen drei Personen ehrt, ehrt sie alle drei, und wer eine von ihnen beleidigt, beleidigt sie alle drei. Kann der Vater sein ohne den Sohn und den Heiligen Geist? Nein, denn sie sind nur ein Wesen; und da, wo eine Person ist, sind alle drei, da man sie nicht trennen kann. Aber wie sehen wir, dass die drei Personen verschieden sind? Warum hat der Sohn Fleisch angenommen und nicht der Vater und der Heilige Geist? Dies habe ich nicht verstanden; die Theologen wissen es vielleicht. Ich weiß wohl, dass bei jenem Wunderwerk der Menschwerdung die drei Personen mitgewirkt haben; aber ich denke nicht viel daran, auf welche Weise dieses Geheimnis sich vollzog. Denn mein Geist ist gar bald eingenommen von der Wahrheit, dass Gott allmächtig ist, dass er alles vollbracht hat, was er gewollt hat, und noch vollbringen wird, was er will. Und je weniger ich diese Wahrheit verstehe, umso mehr glaube und liebe ich sie. Seine Majestät sei immerdar gepriesen!»4'
In der «inneren Seelenburg», in der die Kirchenlehrerin Teresa von Avi-la die Gnadenbezeigungen Gottes in den «sieben Wohnungen» schildert, erklärt sie bei der «siebten Wohnung» folgendes: «Da will unser guter Gott der Seele die Schuppen von den Augen wegnehmen, damit sie in bisher ungewohnter Weise Einblick in die ihr erwiesene Gnade und Verständnis für sie bekomme. Während er sie durch eine Verstandesanschauung in diese Wohnung einführt, treten vor sie ganz wahrheitsgetreu die drei Personen der allerheiligsten Dreifaltigkeit in einer Liebesentflammung, die sich zuerst wie eine Wolke von überaus großer Klarheit im Verein mit diesen drei verschiedenen Personen auf ihren Geist niederlässt. Durch eine ihr zuteil gewordene wunderbare Erkenntnis sieht die Seele alsdann mit großer Gewissheit, wie alle drei Personen nur eine einzige Wesenheit, eine einzige Macht, ein Wissen und ein Gott sind. Sie sieht dies in einer Weise, dass man sagen kann, sie erkenne das, was wir sonst durch den Glauben festhalten, durch Schauen, obwohl sie weder mit den Augen des Leibes noch auch, da die Schauung keine bildhafte ist, mit den Augen der Seele etwas sieht. Alle drei göttlichen Personen teilen sich ihr hier mit, sprechen zu ihr und erschließen ihr das Verständnis jener Worte des Evangeliums, die der Herr gesprochen hat: Er und der Vater und der Heilige Geist werden kommen und Wohnung nehmen in der Seele, die ihn liebt und seine Gebote hält (vgl. Joh 14,23). Großer Gott, welch ein Unterschied ist doch zwischen dem Hören und dem einfachen Glauben dieser Worte und dem genannten Verstehen ihrer Wahrheit! Die Person, von der ich hier immer spreche (— es ist Teresa von Avila selbst —), staunt täglich noch mehr, da nach ihrer Meinung diese göttlichen Personen gar nie von ihrer Seite weichen. Ganz und gar in ihrem Innern gewahrt sie wie in einem tiefen Abgrund, den sie, weil ohne wissenschaftliche Bildung, nicht erklären kann, diese göttliche Gesellschaft.»5'
In den «Ausrufen und Betrachtungen der Seele», die die heilige Teresa von Avila an verschiedenen Tagen des Jahres 1569 niedergeschrieben hat gemäß der Geisteserhebung, die ihr der Herr nach der heiligen Kommunion verlieh, fordert die Heilige die Seele auf, folgendes zu betrachten: «O meine Seele, betrachte doch die große Wonne und die große Liebe des Vaters in der Erkenntnis seines Sohnes und des Sohnes in der Erkenntnis seines Vaters, und betrachte die flammende Liebe, in der sich der Heilige Geist mit ihnen vereint! Betrachte, wie keine dieser drei Personen von dieser Erkenntnis und Liebe sich ausschließen kann, weil sie ja ein Wesen sind! Diese göttlichen Personen erkennen und lieben sich und haben ihre Wonne aneinander. Wie kannst Du, mein Gott, da noch meiner Liebe bedürfen? Wozu willst Du sie, oder was hast Du von ihr? Sei gepriesen, mein Gott, sei gepriesen in Ewigkeit! Lobpreisen sollen Dich, o Herr, alle Geschöpfe ohne Ende, denn bei Dir kann es kein Ende geben! — Freue dich, meine Seele, dass es eine Liebe gibt, die deinen Gott so liebt, wie er es verdient! Freue dich, dass es eine Erkenntnis gibt, die seine Güte und seinen unendlichen Wert erkennt! Sage ihm Dank, dass er uns auf Erden einen gegeben hat, der ihn so erkennt; das ist der eingeborene Sohn des Vaters. Unter diesem Schutz kannst du zu ihm gelangen und ihn bitten, es möchten alle Dinge dieser Erde, da seine Majestät bei dir ihre Wonne findet, nicht imstande sein, dich der Wonne an deinem Gott zu berauben und zu verhindern, seiner Größe dich zu erfreuen und zu frohlocken, dass er so sehr gelobt und gepriesen zu werden verdient. Da kannst du ihn bitten, er wolle dir beistehen, dass auch du etwas beitragest zum Lobpreis seines Namens und in Wahrheit sagen könnest: 'Meine Seele erhebt und lobpreist den Herrn, den dreifaltigen Gott!'»6'
Wer alle trinitarischen Texte der heiligen Teresa von Avila in ihren Werken überdenkt, muss gestehen, sie war im vollen Sinn des Wortes eine Tri-nitätsmystikerin, die die Einwohnung des dreifaltigen Gottes in ihrer begnadeten Seele spürbar erleben und erfahren durfte und gar manchmal auf mystische Weise schon hier auf Erden diesen dreifaltigen Gott schauen konnte.
Der Wunsch der Siebenjährigen: «Ich will Gott schauen» brannte zeitlebens in ihr, wie in ihrem Gedicht «Seufzer einer verbannten Seele»7' uns in ergreifender Weise nahe gebracht wird:
«Ach, wie traurig ist's zu geh'n,
Herr, durchs Leben ohne Dich!
Nur ein Sehnen kenne ich:
Sterben möcht' ich, Dich zu seh'n.
Lang ist unser Weg hienieden,
Durch der Tränen banges Tal,
Mühevoll der Menschen Dasein,
Der Verbannung herbe Qual.
Meister, voller Ruhm und Zier,
Nimm mich, Heiland, weg von hier!
Ja, nur darum will ich fleh'n:
Sterben möcht ich, Dich zu seh'n.
Düster ist das Erdenleben,
Bitter bis zum Übermaß,
Fern von Dir seufzt meine Seele,
Trauernd ohne Unterlass.
Ach, wie ist mir, süßes Gut,
Elend ohne Dich zumut!
Nur um eines will ich fleh'n:
Sterben möcht' ich, Dich zu seh'n.»
Am 4. Oktober 1582 ging in Alba de Tormes dieser Wunsch Teresas in Erfüllung, als sie dort 67jährig starb und sicher sogleich zur beseligenden Schau des dreifaltigen Gottes zugelassen wurde.