Die Neun-Punkte-Lehre des hl. Albert des Großen

Im Diözesanmuseum zu Regensburg, in der Pfarrkirche zu Abtenau im Salzburger Land und sicher noch in anderen Kirchen findet man die so genannten Alberti-Tafeln. Um ein Zentralbild sind neun Bildpaare angeordnet, jeweils mit einem Text versehen, der das zugehörige Bild erläutert. Der Betrachter wird in einfacher und damit zugleich einprägsamer Form darauf hingewiesen, worauf es ankommt. Die Texte gehen auf die Lehre des bekannten Bischofs und Kirchenlehrers Albert den Großen zurück. Die Alberti-Tafeln beinhalten die Neun-Punkte-Lehre der gottgefälligen Werke in Form eines inhaltlich genau festgelegten Typus volkstümlichen Mahnbildes. Bereits im 14. Jahrhundert finden wir Aufzeichnungen dieser Lehre des Doctor Universalis, wie man den heiligen Albert auch nennt. Die antithesen-artigen Sprüche der Neun-Punkte-Lehre „Wenn du ..., so ist es mir lieber als ....“ dienen als Anleitung zur praktischen Umsetzung christlicher Grundwerte in das Alltagsleben. Der Be­trachter soll erkennen, dass die jeweils zwei geschilderten Möglichkeiten keine echte Alternative bieten: Was auf den ersten Blick als mehr erscheint, wird als weniger bloßgestellt. Alle Punkte betonen den Wert des eigenen verantwortungsvollen Handelns gegenüber jenen Taten, die - so imponierend sie auch aussehen mögen - erst im Auftrag ausgeführt werden.

Quelle: nach Peter Stengel

 

Inhalt der Alberti-Tafeln

Zu Köln am Rhein hat ein Bischof namens Albertus, wie erzählt wird, Gott öfter und inständig gebeten, dass Er ihn erleuchten wolle zu erkennen, welches das beste Werk und dem Sünder zur Abbüßung und Besserung am heilsamsten sei. Da ist ihm einmal während der Wandlung Erleuchtung zuteil geworden, und Gott hat innerlich zu ihm gesagt:

„Weil du eifrig gebeten hast, so habe Ich dich erhört. Meide die Sünde und höre, welche Werke Mir vor andern angenehm und dem Sünder am heilsamsten sind, und gehe hin und predige und tue danach.

1. Wenn du bei Lebzeiten einen Cent aus Liebe zu Mir austeilst, so ist es mir angenehmer, als wenn du nach deinem Tode viele tausend Millionen würdest austeilen lassen.

2. Wenn du in deinem Leben, wegen Meiner Leiden eine einzige Träne vergießest, so ist es Mir lieber, als wenn nach deinem Tode andere ganze Brunnen voller Tränen für dich vergießen würden.

3. Wenn du bei der Nacht zum Gebete aufstehest, so ist Mir dieses angenehmer, als wenn du zehntausend bewaffnete Männer fortschicktest, gegen die Ungläubigen zu streiten.

4. Wenn du keinem Menschen nichts Böses denkest und redest, so gefällt Mir dies besser, als wenn du all dein Hab und Gut nach deinem Tod unter die Armen austeilen ließest.

5. Wenn du aus Liebe zu Mir allen deinen Feinden verzeihest, so ist Mir dies lieber, als wenn du bis St. Jakobus (di Compostella) barfuß auf Dornen gehen und dich beständig geißeln würdest.

6. Wenn du einem Menschen etwas Gutes erzählen oder ein geistliches Buch vorlesest, so ist Mir es lieber, als wenn du sieben Jahre lang mit Wasser und Brot fasten würdest.

7. Wenn du dich für den geringsten Menschen und für den größten Sünder haltest, so ist es Mir lieber, als wenn du über Flüsse Brücken bauest oder alle Fremdlinge umsonst beherbergest.

8. Wenn du bei Lebzeiten mit Andacht Mich für dich oder andere bittest, so ist es Mir angenehmer, als wenn nach deinem Tode alle Heiligen im Himmel für dich bitten.

9. Wenn du endlich alle Freuden und Wollüste der Welt Meinetwegen verlassest, so ist es Mir lieber, als wenn du dich an einer Säule, die bis an den Himmel reichte, auf- und abziehen ließest.“