Das Willkommen des Vertrauens

III.

 

„Wirf deine Sorgen auf den Herrn, er wird dich erhalten.“ (Ps 54, 23)

 

Vor der Kommunion

„Denn allzu unsicher stehet, wer nicht all seine Sorge auf dich wirft.“ (Nachfolge Christi, 3, 17)

Wie verschieden von diesem Grundsatze ist unsere Handlungsweise. Unsere ganze Sorge auf Gott werfen, das würden wir für ein Wagnis halten. Natürlich vertrauen wir vollständig auf ihn, aber in unserer Klugheit können wir uns trotzdem, wenn ein Unglück droht, wenn Schwierigkeiten sich erheben oder wenn die Verhältnisse sich anders gestalten, als wir erwarteten, einer gewissen Unruhe nicht erwehren. Ein gewisser Grad von Sorge, hinreichend, um unsere Kümmernis und Unruhe zu rechtfertigen, ist unvermeidlich. Und so kehren wir, trotzigerweise, der Einladung und den Verheißungen Gottes den Rücken, als ob sie nichts zu bedeuten hätten, und als ob sie nicht dazu bestimmt wären, einen praktischen Einfluss auf unser Verhalten auszuüben. Und dennoch, wie kräftig sind die Worte unseres Herrn: „Darum sage ich euch: Sorget nicht ängstlich für euer Leben, was ihr essen werdet, noch für euren Leib, was ihr anziehen werdet. Betrachtet die Vögel des Himmels; sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen, und euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht viel mehr als sie? Und warum sorgt ihr ängstlich für die Kleidung? Betrachtet die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen! Sie arbeiten nicht und spinnen nicht, und doch sage ich euch, dass Salomon in all seiner Herrlichkeit nicht bekleidet gewesen ist wie eine von ihnen.... Wenn nun Gott das Gras auf dem Felde, welches heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird, also kleidet, wie viel mehr euch, ihr Kleinengläubigen! Sorget also nicht ängstlich und saget nicht: Was werden wir essen, was werden wir trinken, oder womit werden wir uns bekleiden? Denn euer Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft. Darum sorget nicht ängstlich für den folgenden Tag! Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, so wird euch dies alles zugegeben werden.“ (Mt 6, 25 ff.)

Wie eindringlich befiehlt der Herr! Nicht einmal um die notwendigsten Lebensbedürfnisse sollen wir bekümmert sein,. Er leitet seinen Befehl mit den feierlichen Worten ein: „Ich sage euch.“ Ich, der nicht betrügen kann, noch zuviel Vertrauen von euch fordere, ich sage euch, sorget nicht ängstlich!

Es gibt Menschen, die ihn beim Worte nehmen. Sie unterlassen nichts, was von ihnen abhängt; sie tun, was weder von den Lilien, noch von den Vögeln gefordert wird, sie arbeiten und spinnen. Wie „der kluge Verwalter, den der Herr über sein Gesinde setzte“, um ihnen zur rechten Zeit den angemessenen Unterhalt zu reichen, wie das starke Weib, „das acht hat auf den Wandel ihres Hauses“, so tun auch sie, was in ihren Kräften liegt. Und dann, gehorsam dem göttlichen Worte und im Vertrauen auf die göttliche Verheißung, werfen sie all ihre Sorgen auf den Herrn: „Der Herr regiert mich und nichts wird mir mangeln.“ (Ps 22, 1)

„Mein Gott ist mein Helfer, auf ihn will ich hoffen.“ (Ps 17, 3) Wer kann den Frieden solcher Seelen beschreiben? Wer kann schildern die wunderbaren Eingriffe, die Gott zu ihren Gunsten macht und die Wachsamkeit, mit welcher er, den sie durch ihr Vertrauen verherrlichen, für alle Ihre Bedürfnisse sorgt?

Ein Steuermann treibt sein Boot durch einen zweifachen Stoß: durch eine Bewegung nach vorwärts und eine nach rückwärts. Auf dieselbe Weise nähern wir uns Gott. Durch Sehnsucht und Liebe steuern wir ihm entgegen, durch gänzliche Hingabe und Vertrauen fallen wir auf ihn zurück. Und gerade in diesem letzteren liegt unser größter Fortschritt.

Oh mein Gott, gib mir ein so großes Vertrauen auf dich, dass ich deine Worte „Sorget euch nicht“ buchstäblich nehme. Lasse die Sorgen dieses Lebens nicht in dem Maße auf mich drücken, dass sie meinen Frieden stören. Gib mir jenes kindliche Vertrauen, welches Paulus, dein heiliger Apostel, deinen ersten Jüngern zur Pflicht machte: „Seid nicht ängstlich besorgt, sondern in allen Dingen lasset euer Anliegen im Gebete und Flehen mit Danksagung vor Gott kund werden! Und der Friede Gottes, der allen Begriff übersteigt, beschirme eure Herzen und euren Sinn in Christo Jesu. (Philip 4, 7)

Gib mir das friederfüllte Herz deines Nährvaters, das ruhig blieb inmitten der Wechselfälle des Lebens, inmitten der Finsternis, in denen Gottes Pläne sich hüllten, inmitten der Gefahren, die den ihm anvertrauten Schätzen drohte. Ihm war der Wille Gottes alles in allem. Er war ihm Beweggrund zum Handeln, Beweggrund zur Ruhe; er war der Grund und die Rechtfertigung für alles; er war ihm Entschädigung in allen Leiden und eine Schranke, über die hinaus er keinen Wunsch hatte. Nichts kann ihm ungelegen. Jede Prüfung, mochte sie noch so überraschend, noch so schmerzlich und langwierig sein, nahm er so bereitwillig auf, als ob sie ein von ihm selbst ausgedachter, lang vorhergesehener, in allen Einzelheiten überlegter Plan gewesen wäre, und als ob sie ganz und gar mit seinen Wünschen übereingestimmt hätte. Und so war es in der Tat, da er in jeder Prüfung eine Anordnung oder Zulassung der göttlichen Vorsehung, eine neue Offenbarung des Göttlichen Planes sah. Oh Fürst des Friedens, der du der Erde einen Frieden gebracht hast, den keine Prüfung stören kann, komme in mein unruhiges Herz und sprich zu ihm: Friede, Ruhe!

„Ich vertraue auf den Herrn.“ (Ps 10, 2)

„Mir ist Gott anhangen gut, auf Gott den Herrn meine Hoffnung setzen gut.“ (Ps 72, 28)

„Der Herr regiert mich und nichts wird mir mangeln.“ (Ps 22, 1)

„Denn wenn ich auch wandle mitten im Todesschatten, so will ich nichts fürchten, weil du bei mir bist.“ (Ps 22, 4)

„Ich aber rufe zu Gott, und der Herr wird mich erretten.“ (Ps 54, 7)

„Auf dich, o Herr, hoffe ich, lass mich nimmermehr zuschanden werden!“ (Ps 30, 2)

 

Nach der Kommunion

 „Wohlan! jetzt preiset den Herrn, alle Diener des Herren!“ (Ps 133, 1)

„Erhebet den Herrn, unsern Gott!“ (Ps 98, 5)

„Lobet den Herren, ihr alle seine Engel!“ (Ps 102, 20)

„Danket dem Herrn, denn er ist gut!“ (Ps 106, 1)

„Bete den Herrn, deinen Gott, an und danke ihm!“ (Tob 11, 7)

„Den Herrn, meinen Gott, bete ich an.“ (Dan 14, 24)

„Gebenedeit sei der Herr, denn er hat mir seine Barmherzigkeit wunderbar erwiesen.“ (Ps 30,22)

„Er hat gesättigt die arme Seele, die hungernde Seele gesättigt mit Gütern.“ (Ps 106, 9)

„Hochpreiset meine Seele den Herrn und mein Geist frohlocket in Gott, meinem Heilande.“ (Lk 1, 46)

„Denn Großes hat an mir getan, der da mächtig ist und dessen Name heilig ist.“ (Lk 1, 49)

Oh Gott, du selbst hast dich mir gegeben mit allem, was du bist und was du hast, mit Recht erwartest du, dass ich auf dich vertraue. Du bist mein Vater und niemals darf ich deine Liebe und Sorge in Zweifel ziehen. Oh unendliche Weisheit, du hast den Plan zu meinem ganzen Leben entworfen und deine unendliche Liebe leitet alle Einzelheiten desselben. Die Anordnung deiner Vorsehung hat meine Wohlfahrt im Auge, und zwar so ausschließlich, als ob ich allein in Betracht käme. Ich werde nicht anderer wegen dem Untergange geweiht, wie das im Leben so oft der Fall ist, wenn Menschen Pläne entwerfen und ausführen. Die Pfade deiner Kinder kreuzen sich in zahllosen Fällen, Ereignissen scheinen das unabhängige Resultat des Zufalles zu sein. Aber jede Begebenheit, jedes Ereignis, selbst das alltäglichste, sogar das Resultat des freien und des bösen Willens des Menschen wird dann dir angeordnet oder zugelassen.

Mächtig von einem Ende zum anderen reicht deine liebende Vorsehung und in lieblicher Weise lenkt sie alles, was das Kind deines Herzens betrifft, alles, alles ohne Ausnahme, sogar das, was meinem Wohle entgegen zu sein scheint. Lasse nicht zu, dass diese Dinge mich überraschen oder entmutigen. Sprich zu mir, wie du zu Petrus sprachst: „Gehe ohne Bedenken mit ihnen, denn ich habe sie gesandt.“ (Apg 10, 20) Lass mich deine Hand vertrauensvoll in die deine legen, und lass uns also durch all die wechselvollen Jahre gehen, indem ich im Glauben festhalte, dass ich eines Tages schauen werde. „Er hat alles wohl gemacht.“ Werde ich frohlockend ausrufen: „Er hat alles wohl gemacht.“

„Mit welcher Verwunderung, mit welchem Entzücken werde ich in der Ewigkeit die göttliche Weisheit erkennen, welche, deinen Plänen entsprechend, all die verschiedenen Elemente des Lebens — Talente, Mängel, Freuden, Leiden, Versuchungen, Misserfolg und Niederlage so anordnet, dass sie zu meinem ewigen Heile zusammenwirkten. „Er hat alles wohl gemacht,“ werde ich frohlockend ausrufen: „Er hat alles wohl gemacht.“

Könnte eine Wolke in jenem glücklichen Rückblicke sein, ein Ton, der Traurigkeit in seinem Lobgesang, sie würden sich dort zeigen, wo mir im Leben das Vertrauen mangelte, wo der bloße Schein die glänzende Wahrheit verdunkelte, die der Glaube das ganze Leben hindurch hätte sichtbar erhalten sollen.

Oh mein Vater, mein himmlischer Vater, gib mir dieses Erbrecht deiner Kinder, diese überfließende Hoffnung, diese Gnade des Vertrauens. Sorge für mich wie für ein Kind, das unbekümmert in den Armen seines Vaters ruht. Sorge für mich, oh Gott meines Lebens, bis ich zu dir komme, um dich zu erkennen, so wie du bist, um dich aus ganzem Herzen zu lieben und um die ganze Ewigkeit in Jubelgesang vor deinem Antlitze zu weilen.

„Oh Vater und Herr meines Lebens“ (Sir 23, 1) überall und in allen Dingen „Gott, hochgelobt in Ewigkeit.“ (Röm 9, 5) Doch mir bist du ganz besonders teuer und nahe als der Gott meines Herzens, dessen Innerstes Wesen mir erschlossen ist, nicht durch eine von außen kommende Offenbarung, sondern durch die persönliche Erfahrung des täglichen Lebens — tägliche Prüfungen, tägliche Freuden und Leiden, unerwarteten Beistand, liebliche Überraschung und mitleidige Tröstung. Vater und Herr meines Lebens, gib, dass ich dir jedes Vertrauen entgegenbringen, auf dass du, wie ich weiß, besonderen Wert legst, das Vertrauen, wozu dich die liebevolle Fürsorge, die du seit vielen Jahren für mich hegst, berechtigt — das Vertrauen eines Kindes.

 

Aufopferung und Bitte (S.12-14)

Gebet vor einem Kruzifix