Das Willkommen eines Bittenden
III.
„Guter Meister.“
Vor der Kommunion
Der königliche Beamte im Evangelium irrte sich, da er dachte, Christus könne die von ihm verlangte Heilung nur an Ort und Stelle, wo der Kranke weilte, vollziehen. Aber darin irrte er sich nicht, dass er glaubte, mit ihm werde alles Gute in sein Haus einziehen. Daher seine dringende Bitte, er möge „hinabkommen“ und sein Kind heilen. Dies war ein Wunsch, der keine Weigerung zuließ.
Daher sagte Jesus zu ihm: „Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder seht, so glaubet ihr nicht.“ Der Beamte sprach: „Herr, komme hinab, ehe mein Sohn stirbt!“ Als ob er sagen wollte: „Herr, spare in deiner Güte die Vorwürfe, die ich gar wohl verdiene, auf eine passendere Zeit; für den Augenblick schaue nur auf meine Not; eile mir zu helfen! Ich kann nicht zugeben, dass du eine Entschuldigung suchest für die Ausübung deiner Barmherzigkeit, die meine Not und meinen Schmerz übersteigt.“
Auch ich, mein Herr, habe recht, wenn ich glaube, dass mit deiner heiligen Gegenwart alles Gute in meine Seele einziehen wird. Du bist das höchste Gut. Güte ist dein Innerstes Wesen. Deine Güte war es, welche die Dürftigen und Leidenden während deines dreiundreißigjährigen Wandels hier auf Erden an dich zog. Ein Jüngling eilte herbei, kniete vor dir nieder und sagte: „Guter Meister, was soll ich tun, dass ich das ewige Leben erlange?“ Du hattest soeben die Kleinen in deine Arme geschlossen und sie gesegnet. Hatte er die Liebkosungen gesehen, welche die kleinen, zarten Geschöpfe von dir empfingen und hatte er daraus deine Liebe für die Jugend erkannt? Sei es wie immer, er eilte herbei, um sein volles, feuriges Herz auszugießen. Und als er in dein Angesicht blickte, war er betroffen von der Güte desselben und der Ruf: „Guter Meister“ kam über seine Lippen.
„Amen! Lob und Herrlichkeit, und Weisheit und Dank, Ehre und Macht und Kraft sei unserem Gott in alle Ewigkeit. Amen!“ (Offb 7, 12)
„Und nun, oh Herr, sei meiner eingedenk!“ (Tob 3, 3)
Erinnere dich, dass du gesagt hast: „Jeder, der bittet, empfängt.“ (Lk 11, 10) Das Versprechen ist nicht Heiligen, sondern „ jedem“ gegeben, nicht dem Verdienste, sondern dem Gebete. Es bezieht sich in beiden Fällen auf mich. Neige gnädig dein Ohr, gütiger Herr!
Ich glaube, dass du allmächtig bist und mir aus jeder Not helfen kannst, dass du allweise bist und es am besten verstehst, wie du mir helfen sollst, dass du aber auch allgütig bist und mir helfen willst, wenn auch nicht immer so, wie und wann ich es wünsche, doch immer zu meinem Besten, wie ich dies eines Tages einsehen und bekennen werde. Es mag sein, dass die Erhörung meines Gebetes, genau in der Weise, wie ich sie verlange, deinem Ruhme und meinem Wohle und dem Wohle jener, für die ich bete, weniger förderlich ist als so, wie du sie von Ewigkeit vorhergesehen hast. Daher, oh Vater, überlasse ich alles dir. Ich setze Vertrauen in deine Versprechen: „Was ich tue, verstehst du jetzt nicht, aber du wirst es nachher verstehen.“ Ich glaube fest, dass, wenn ich im Himmel zu deinen Füßen auf die zeitlichen Dinge zurückblicke und du mir Gründe und Ursachen, die mir gegenwärtig verborgen sind, aufdeckst, so werde ich mit Bewunderung und Entzücken wahrnehmen, dass alles zum Besten geschah und dass deine Weisheit und deine Liebe alle Dinge lieblich angeordnet hatte. Den Engel und Heiligen, dem ganzen himmlischen Heer, werde ich zurufen: „Er hat alles wohl gemacht.“(Mk 7, 37)
„Lobsinget unserem Gott, all seine Diener, und die ihr ihn fürchtet, klein und groß!“ (Offb 19, 5) „Wie es dem Herrn gefallen hat, also ist’s geschehen.“ (Job 1, 21) „Gebenedeit sei der Name seiner Herrlichkeit in Ewigkeit.“ (Ps 71, 19)
Meine Unfähigkeit in der Gegenwart zu erkennen, auf welche Weise dein Wille sich vollstrecken wird, ist keine Prüfung für meinen Glauben. Weit leichter ist es, an die Beschränktheit meiner Einsicht zu glauben als zu zweifeln an der Tiefe, Weisheit und Güte der deinigen, oh mein Gott. Warum also nicht jetzt schon jenes Lob der ersten Stunde im Himmel singen? Warum nicht im Glauben und Vertrauen sagen: „Er hat alles wohl gemacht!“ Lobpreise den Herrn, meine Seele, und alles, was in mir ist, preise seinen heiligen Namen. Denn er hat alles wohl gemacht. Preise, meine Seele, den Herrn und vergiss nie, was er für dich getan hat! Denn er hat alles wohl gemacht.
Gar bald wird die Zeit des Verdienstes verflossen sein, Glaube und Hoffnung werden verschwinden, wenn ich klar in deinem Lichte sehen werde. Dann jedoch werde ich dich nicht mehr so verherrlichen können wie jetzt, da ich nur dunkel sehe und den Segen jener habe, die nicht gesehen und doch geglaubt haben. Jetzt ist die gnadenreiche Zeit, jetzt sind die Tage des Heiles. Daher, lieber Vater, nimm auch meine lebhaftesten Wünsche und Bitten als vollkommen deinem Wohlgefallen unterworfen auf! Und gib mir jenes kindliche Vertrauen auf dich — das nicht erschüttert werden kann und nicht wankt, wenn mein Gebet scheinbar unerhört bleibt! „Euer Herz betrübe sich nicht. Ihr glaubet an Gott; glaubet auch an mich“ (Joh 14, 1), so sprachest du zu den Zwölfen beim letzten Abendmahl und nicht zu ihnen allein, sondern zu allen, die an dich glauben werden. Herr, ich glaube. Ich glaube an dich, weil du Gott bist. Ich glaube an deine göttliche Liebe und Sorge für mich und alle, die ich liebe. Daher soll mein Herz sich nicht betrüben. „Ich aber will allezeit hoffen und noch mehr tun zu allem deinem Lobe.“ (Ps 70, 14) Hoffnung ist Lob, ein herrlicher Gottesdienst, der Erde vorbehalten, ungekannt im Lande des Lobes. Mit Freude will ich es darbringen, solange ich kann. „Ich will lobsingen dem Herrn in meinem Leben; will lobsingen meinem Gott, solange ich bin.“ (Ps 103, 33)