Das Willkommen eines Kranken
II.
„Und er legte einem jeden die Hände auf und machte sie gesund.“ (Lk 4, 40
Vor der Kommunion
Bei den Heilungen unseres Erlösers sind zwei Dinge auffällig: ihre große Zahl und dass sie fast in jedem Falle durch die Berührung mit seiner heiligen Menschheit vollzogen wurden. „Er trat hinzu, nahm sie bei der Hand und richtete sie auf.“ (Mk 1, 31) „Und Jesus streckte seine Hand aus, rührte ihn an und sprach zu ihm: Ich will, sei rein!“ (Mk 1, 41) „Da berührte er ihre Augen ... und ihre Augen wurden aufgetan.“ (Mt 9, 29. f.) „Und er legte seine Finger in seine Ohren und berührte seine Zunge ... und sogleich öffneten sich seine Ohren und das Band seiner Zunge war gelöst.“ (Mk 7, 33 f.) Es war wohl bekannt, dass Leben und Heilkraft in seiner einfachen Berührung lagen. „Komm und lege deine Hand auf sie, so wird sie leben!“ (Mt 9, 18) „Da brachte man einen Blinden zu ihm und bat ihn, dass er ihn berühren möchte.“ (Mk 8, 22) „Wenn ich nur sein Kleid berühre, so werde ich gesund.“ (Mk 5, 28
„Alles Volk trachtete, ihn anzurühren, denn es ging eine Kraft von ihm aus und heilte alle.“ (Lk 16, 19)
Bedenke wohl die Wiederholung des Wortes „alle“ im Bezug auf die Heilungen unseres Herrn. Jesus ging in ganz Galiläa umher und heilte alle Arten von Krankheiten und jedes Gebrechen unter dem Volke. „Und das Gerücht von ihm verbreitete sich in ganz Syrien und sie brachten zu ihm alle, die sich übel befanden und welche mit allerlei Krankheiten und Qualen behaftet waren, auch die vom Teufel Besessenen und die Mondsüchtigen und die Gichtbrüchigen, und er heilte sie.“ (Mt 4, 24) „Als die Sonne untergegangen war, brachten alle, welche Kranke mit verschiedenen Gebrechen hatten, dieselben zu ihm und er legte einem jeden die Hände auf und machte sie gesund.“ (Lk 4, 40)
In keinem Fall jedoch wird berichtet, dass er einen vom Teufel Besessen berührt hätte. Er „befahl“ oder „drohte“ dem bösen Geiste und er fuhr aus. Sobald aber das arme Opfer von seiner Sklaverei befreit war, wurde ihm gestattet, in die Nähe des Heilandes zu kommen. „Sie fanden die Menschen, von dem die Teufel ausgefahren waren, zu Jesu Füßen sitzen.“ (Lk 8, 35) „Da schrie er, schüttelte ihn heftig und fuhr aus von ihm; und er ward wie tot, so dass viele sagten: Er ist gestorben! Jesus aber nahm ihn bei der Hand und richtete ihn auf; und er stand auf.“ (Mk 9, 42) Dasselbe gilt auch jetzt noch. Die Seele, die sich persönlich durch die schwere Sünde dem bösen Geiste übergeben hat, darf sich in diesem Zustande nicht zu der sakramentalen Vereinigung mit dem allerheiligsten Gott begeben. Aber sobald sie durch eine gute Beichte wieder in den Stand der Gnade eingesetzt ist, darf sie sich der innigsten Vereinigung mit dem erfreuen, durch welchen sie geheilt wurde.
Es ist eigentümlich, dass der Menschensohn die Heilung durch Berührung seines heiligen Fleisches bewirken will. Während seines Lebens hier auf Erden heilte er nur ausnahmsweise in der Entfernung. Aber die Heilung wurde durch seine heiligen Hände bewirkt bei all denen, die sich in den Bereich seiner Berührung stellten: „Er heilte sie, indem er jedem aus ihnen die Hände auflegte.“ Ob sie es verdient oder nicht, wird mit keinem Worte erwähnt. Sie kamen zu ihm. Das war genug. Er heilte sie.
„Siehe, die Hand des Herrn ist nicht verkürzt.“ (Is 59, 1) Er will, dass auch jetzt noch eine Kraft von ihm ausgehe. Seine Klage lautet auch heute noch: „Aber ihr wollt nicht zu mir kommen, um das Leben zu erhalten.“ (Joh 5, 40) Sein Versprechen gilt für alle Zeiten. „Der, welcher mich isst, wird durch mich leben.“ (Joh 6, 58) „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben; und ich werde ihn am Jüngsten Tage auferwecken.“ (Joh 6, 55) Doch auch seine Drohung gilt: „Wahrlich, wahrlich sage ich euch: wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht essen und sein Blut nicht trinken werdet, so werdet ihr das Leben nicht in euch haben.“ (Joh 6, 54)
Gewisse Bedingungen werden allerdings gefordert. Wir müssen „uns selbst prüfen“, wie der Apostel sagt. Wir dürfen uns ihm nicht nahen, um ihm den Judaskuss zu geben und ihn zu verraten. Ist das zuviel verlangt? Es ist alles, was er verlangt. Wenigstens ist es alles, was er strenge fordert. Der Mensch, der gestern Abend noch in der Todsünde sich befand, sein Feind, der verdient hätte, auf ewig von ihm getrennt zu werden, darf, nachdem er am Morgen die Gnade wiedererlangt hat, sich ihm nahen, um ihn zu umarmen und von ihm den Friedenskuss und das einem Freunde gebührende Willkommen zu empfangen. Daraus erkennen wir, wie wenig er verlangt. Nicht als ob wir mit diesem wenigen uns begnügen sollten, sondern dass wir, beruhigt über die Erfüllung seiner leichten Bedingungen, uns ihm nahen mit jener Liebe, die jede Furcht verbannt, wie er es so sehnlich wünscht.
Oh Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehest unter mein Dach. Ich bin nicht würdig — aber ich darf es erwarten. Die, welche dem Hungertode nahe sind, dürfen Nahrung nehmen, wo immer sie solche finden; ihre äußerste Not gibt ihnen das Recht dazu. Die armen Kranken dürfen zum Armenarzt kommen und ihre Leiden werden unentgeltlich geheilt. Gerade so nehme ich dich in Anspruch, oh Brot des Lebens, oh Heilmittel gegen alle meine Übel; du kennst meine Seele durch und durch, ihre Schwäche, ihre gefährlichen Krankheiten, ihr Bedürfnis nach deiner heilenden Berührung. Und nie war das Heilmittel so nahe! Nicht sein Kleid soll mich heilen, nein, sein Fleisch und Blut, seine Seele und Gottheit werden meiner Seele als Arznei gegeben. Wiederum wandelt er, so wie in den Tagen seines Erdenlebens, unter uns und heilt jede Art von Krankheit, jedes Gebrechen. Wiederum kommen die Blinden und Lahmen in den Tempel und die mit Plagen behafteten drängen sich mit Gewalt zu ihm, um ihn anzurühren. (Mk 3, 10)
Oh gütiger Arzt, ich komme zu dir; ich überlasse mich deiner Hand; heile mich, Herr, so werde ich heil; hilf mir, so ist mir geholfen! (Jer 17, 14) Gib mir das Gut, in dem alles Gute enthalten ist, das da ist Leben, Kraft, Wachstum, Heilmittel für jede Krankheit, Hilfe für jedes Bedürfnis. Denn wie, hast du uns mit dir nicht alles gegeben?
Nach der Kommunion
„Adoro Te devote, latens Deitas“
„In Demut bete ich dich, verborgene Gottheit, an.“
„Betet ihn an, ihr alle seine Engel!“ (Ps 96, 7)
„Erhebet den Herrn, unseren Gott!“ „Ps 98, 5)
„Lobpreiset mit mir den Herrn, lasst uns erheben seinen Namen mitsammen!“ (Ps 33, 4)
„Denn Großes hat er an mir getan, der da mächtig ist und dessen Name heilig ist.“ (Lk 1, 49)
„Lobe, meine Seele, den Herrn und alles, was in mir ist, seinen heiligen Namen!“ (Ps102, 1)
„Lobe, meine Seele, den Herrn und vergiss nicht alle seine Wohltaten! Der all deine Missetat vergibt, der all deine Schwachheiten heilet.“ (Ps 102. 1)
„Er erhöhet die Seele und erleuchtet die Augen, gib Gesundheit, Leben und Segen.“ (Sir 34, 20)
„Heile mich, Herr, so werde ich heil; hilf mir, so ist mir geholfen!“ (Jer 17, 14)
„Mache gesund meine Seele, denn ich habe gegen dich gesündigt!“ (Ps 40, 5)
„O Gott, ich bitte, heile sie!“ (Num 12, 13)
In tiefer Demut bete ich dich an, oh heilige Menschheit meines Erlösers, Quelle alles Guten!
Oh Antlitz, in das die Engel zu schauen gelüstet, auf welches Maria fortwährend blickte, das sie verehrte mit der Anbetung eines Geschöpfes und der Wonne eines Mutterherzens. — Ich bete dich an.
Oh Hände, die gebunden in der Krippe lagen und mit grausamen Nägeln an das Kreuz geheftet waren, die jede Krankheit, jedes Gebrechen geheilt, die die verzehrende Hitze des Fieberkranken gefühlt, die sich so zärtlich auf unsere Schmerzen gelegt, die den Blinden das Augenlicht gegeben und das Gehör den Tauben, den Gichtbrüchingen Stärke und Gnade — ich bete euch an, als wirklich gegenwärtig, ich übergebe mich euch, um Heil und Segen zu empfangen. Oh Füße, die sich müdegegangen auf der Suche nach dem verlorenen Schäflein, die von Magdalena gesalbt und geküsst und am Auferstehungsmorgen von den frommen Frauen andächtig verehrt wurden — ich biete euch an, ich preise euch und küsse die teuren Wunden, die ihr für mich empfangen habt.
Oh Herz, das Mitleid hatte mit dem Hungrigen und Heimatlosen, mit der Witwe und den Ausgestoßenen, mit dem armen, verstockten Jerusalem; das schneller schlug bei dem Gruße jener, die es liebten; oh Herz, bis in den Tod betrübt über die Flucht und den Verrat der Deinigen. Oh Herz, das mich liebte und sich für mich opferte, das jetzt mit Liebe an meinem eigenen armen Herzen schlägt, ich bete dich an, ich preise dich für alles, was du für mein Heil getan und gelitten hast, für all die Wunder, die du gewirkt, um dich am heutigen Tage mit mir zu vereinigen!
In deinem göttlichen Lichte lass mich die verborgenen Dinge in meinem eigenen Herzen sehen, jene Dinge, die mein Stolz vor mir verbirgt. Solange ich meine Augen von dem, was Abstoßendes in mir ist, wegwende, werde ich in Finsternis sein; ein Schleier wird sein zwischen dir und mir. „Meister, gib, dass ich sehe!“ Der Ruf des Blinden von Jericho ist mein Ruf. Gib, dass ich dich und mich erkenne; dass ich mich erkenne und dadurch zu deiner Erkenntnis gelange! Dass du mir nicht das bist, was du deinen Heiligen bist, rührt wohl daher, dass ich dich nicht kenne, so wie sie dich kennen. Deine Schönheit, deine Güte, deine Zärtlichkeit, deine Liebe sehe ich nicht in dem Lichte, wie sie. Herr, gib, dass ich sehe! Dass ich sehe deine Schönheit in all den Geheimnissen deines heiligen Lebens, deine Güte in allem, was du für mich gewirkt; deine Zärtlichkeit in deiner wahrhaften Gegenwart in meinem Herzen und in der Vergebung meiner vielen Sünden; deine Liebe in allem, was mir zustößt. Herr, belebe du mich und ich werde dich in allen Dingen und überall sehen! Herr, mache mich sehend!
Mein Gott, ich glaube! Herr, ich bin kalt, hart und trocken, aber ich glaube fest an deine wirkliche Gegenwart in mir. Ich glaube, dass du mir näher bist als den Freunden deines irdischen Lebens, die dich in ihr Haus aufnahmen, die mit dir in Petri schwankendem Schiffe fuhren, die dich zu ihren Kranken und zu dem Grabe ihrer Toten führten, die ihre Kindlein zu deinen Füßen brachten.
Mein Gott, ich hoffe auf dich! Nicht zwar so, wie ich sollte in Anbetracht deiner Gnaden und der mir gemachten Verheißungen. Aber ich vertraue auf dich und übergebe mich dir mit allem, was ich habe, was ich liebe, was ich unternehme und was ich zu meinem Glücke hienieden und drüben brauche. Gib mir Licht, dass ich deine Güte in allen Dingen erkenne, und vermehre mein Vertrauen! Gib, dass ich mich auf dich verlasse, wie Martha und Maria; dass ich all meine Sorgen auf dich werfe in dem Bewusstsein, dass jedes Gebet gehört wird und dass du in der von dir bestimmten Zeit, die sicher der beste Augenblick ist, Hilfe bringen wirst.
Mein Gott, ich liebe dich! Zwar nicht so, wie deine Güte geliebt zu werden verdient, aber wenigstens soviel, als ich dich jetzt lieben kann. Entzünde mein Herz mit der Liebe deines eigenen Herzens, das mir jetzt so nah ist!
Mein Gott, ich sehne mich darnach, meine Sünden deinetwegen und aus reiner Liebe zu dir zu bereuen. Wenn du mir eine von den beiden Gnaden — vollkommene Reue oder endliche Beharrlichkeit — anbieten würdest, so würde ich die erste wählen. Und dennoch muss ich auch die letzte Gnade haben, damit ich in alle Ewigkeit dich besitze. So gib mir also beide, damit ich ewig dein Erbarmen preise, das gegen mich Sünder so gut, so unendlich gut gewesen!