II.

Gründe, sich Gott hinzugeben

1. Grund: Nichts ist gerechter

Ohne uns durch törichte Einbildungen, die durch die Erfahrung Lügen gestraft sind, abschrecken zu lassen, beginnen wir die Gründe zu untersuchen, die uns bewegen, uns so Gott hinzugeben. Diese Gründe sind zahllos, und es würde zu weit führen, alle zu erwähnen. Ich beschränke mich auf die hauptsächlichsten.

Ist es nicht ganz und gar gerecht, daß ich mich ganz und ohne Vorbehalt demjenigen hingebe, der mich aus dem Nichts gezogen und der mir jeden Augenblick das Dasein, das Er mir gegeben, erhält, der mein Ursprung und mein letztes Ziel, mein höchstes Gut ist, von dem ich alles empfangen habe und von dem ich alles erwarte und ohne den ich nicht glücklich sein kann?

Bedarf Gott meiner? Keineswegs. Ob ich existiere oder nicht existiere, ob ich mich hingebe oder nicht, Er ist deswegen nicht weniger glücklich. Warum verlangt Er denn, daß ich Ihm ganz angehöre? Weil die Ordnung es so verlangt. Gott kann mich nicht berechtigen, Herr über mich selbst zu sein oder mich einem anderen hinzugeben als Ihm. Wenn ich vorgebe das Recht zu haben, über mich nach Belieben zu verfügen, so bin ich ein Empörer. Ich entziehe Gott ein Gut, das Ihm gehört. Wenn ich mich irgendeinem anderen hingebe, so ist es immer ein Geschöpf, dem ich mich nicht hingeben und das mich nicht hinnehmen kann ohne Ungerechtigkeit und ohne Gott die große Beleidigung zuzufügen, Ihm etwas vorzuziehen.

Wenn es aber gerecht ist, daß ich Gott angehöre, so ist es auch gerecht, daß ich Ihm in allem und immer angehöre. In keiner Sache, zu keiner Zeit kann ich mich Seiner Herrschaft entziehen. Sein Recht erstreckt sich über alles, was ich bin, in welchem Stande, in welchen Verhältnissen ich mich befinde. Er hat mich erschaffen und hat mich nicht erschaffen können außer für Ihn. Ich mißbrauche meinen Verstand, wenn ich ihn zu einem anderen Zwecke brauche, als Ihn zu erkennen. Ich mißbrauche mein Herz, wenn ich es nicht gebrauche, um Ihn und was Er liebt zu lieben. Ich mißbrauche meine Freiheit, wenn ich mich derselben anders bediene, als um mich zu entschließen, Ihm in allem zu gefallen. Ich mißbrauche alle Kräfte meiner Seele und meines Leibes, wenn ich davon nicht Gebrauch mache nach Seinen Absichten. Es ist nicht genug, daß ich Ihn nicht beleidige; ich soll mich selber studieren, um Ihm wohlgefällig zu sein und in allen Vorkommnissen Seinen Willen zu erfüllen. Nichts ist meiner Verfügung überlassen, nicht mehr als den Engeln und Heiligen. Lehrt uns nicht Jesus Christus beten: Dein Wille geschehe, wie im Himmel also auch auf Erden? Gibt es einen einzigen Augenblick, einen einzigen Anlaß, wo Gottes Wille im Himmel nicht erfüllt wird? Wir sind also verpflichtet, ihn ebenso vollständig und ebenso beständig zu erfüllen auf Erden. Der ganze Unterschied zwischen den Heiligen und uns ist der, daß sie niemals etwas anderes tun können als den Willen Gottes, weil dies ihr fester Zustand ist, während wir hienieden die traurige Macht haben, uns von Ihm zu entfernen. Aber am Ende ist es für uns eine ebenso unerläßliche Pflicht, wie für sie, keine andere Regel zu haben, als den Willen Gottes.

Also, wenn ich meine Vernunft und mein Gewissen, meine Religion und meinen Glauben zu Rate ziehe, wenn ich erwäge, was Gott in Sich selber und in Bezug auf mich ist: alles macht es mir zum Gesetz, mich ganz Gott hinzugeben und zwar Gott allein; alles vereinigt sich, mich zu lehren, daß das meine erste und größte Pflicht ist.