9. Grund: Der Titel „Kinder Gottes“ legt uns die Pflicht auf, ihm uns hinzugeben.
Als Christen sind wir Kinder Gottes; wir empfangen in der Taufe die Gnade der göttlichen Kindschaft, eine Kindschaft, deren Charakter unauslöschlich ist, und wir übernehmen die heilige Verpflichtung, als Kinder Gottes zu leben. Aber dieser Charakter würde sich zu unserer Verdammnis kehren, wenn wir ihn durch unser Betragen verleugnen würden. Denn der hl. Paulus erklärt, daß diejenigen Kinder Gottes sind, welche geleitet werden vom Geiste Gottes. Die anderen haben davon den Titel, aber sie erfüllen seine Verpflichtungen nicht.
Der Geist Gottes ist ein Geist der Liebe, ein Geist der Gnade, ein übernatürlicher Geist, der uns über uns selber erhebt, der uns in andere Menschen umwandelt und der uns Gott ähnlich macht in unsern Gedanken, in unsern Begierden, in unsern Handlungen. Dieser Geist Gottes, ebenso sanft als mächtig, tut uns keine Gewalt an; Er leitet uns nur insoweit, als wir beistimmen, von Ihm geleitet zu werden. Damit also der Geist Gottes uns in allen unsern Schritten, sei es im Innern, sei es im Äußern, leite, müssen wir uns Ihm hingeben, müssen Ihm alle Macht über unsern Willen abgetreten haben und müssen Ihn über uns verfügen lassen nach Seinem Wohlgefallen. Wenn wir uns noch angehören, wenn wir vorgeben, berechtigt zu sein in irgendetwas und selbst zu regieren, wenn wir dem Geist Gottes den leisesten Widerstand entgegensetzen, so wird es nicht wahr, daß Er uns in allem leitet, und wir werden nicht als Kinder Gottes handeln in den Sachen, wo Seine Tätigkeit nicht die unsrige leitet. Das ist eine offenkundige Folgerung aus der Lehre des Apostels.
Bemerken wir noch, und diese Lehre ist sehr wichtig, daß wir als Menschen und vernünftige Wesen in allem der Vernunft folgen müssen und daß wir uns nie etwas erlauben dürfen, was sie nicht gut heißt. Ebenso als Christen müssen wir in allem dem Geist Gottes folgen und uns nie von ihm weg verirren.
Jede innere Gesinnung, jede äußere Handlung, die der Geist Gottes nicht als die Seinige erkennt, ist in einem Christen strafwürdig oder verdient wenigstens kein Lob und ist ihm ganz und gar unnütz für das Seelenheil. Nach dieser Regel, die unstreitig wahr ist, wie viel verlorene Werke für den Himmel, wie viel leere Stunden im Leben der meisten Christen! Woher kommt diese Nutzlosigkeit, dieser unermeßliche Verlust so kostbarer Augenblicke? Daher, daß sie sich nicht Gott hingegeben haben, um von Seinem Geiste beherrscht zu werden.