Word: 2. Petrus
Der zweite Brief des Petrus
Einleitung
Verfolgungen und Gefahren von außen hatten den Apostel Petrus veranlaßt, sein erstes Sendschreiben an die kleinasiatischen Christengemeinde zu richten. Nun bedrohten ernstere Gefahren von innen das Glaubensleben und die Sitten derselben Gemeinden. Gewissenlose Irrlehrer nahmen die Verzögerung der Wiederkunft Christi zum Anlaß, um die Lehre der Apostel zu bekämpfen und ins Lächerliche zu ziehen. Zugleich diente ihnen die Freiheit der Gotteskinder zum Deckmantel eines ungezügelten Sinnengenusses und der Ablehnung jeder Autorität. Schon der Apostel Judas hatte sich in seinem Briefe gegen die Verführer gewandt. Petrus kannte dieses Schreiben und verwendete manchen Gedanken daraus, um ein zweites Mal die Brüder in der Diaspora Kleinasiens durch ein oberhirtliches Wort zu unterweisen und zu festigen. Er schrieb den Brief in der Erwartung seines baldigen Todes (1,14) als Gefangener in Rom, also 66-67.
1 Eingangsgruß. 1 Simon Petrus, Diener und Apostel Jesu Christi, an die, welche den gleich kostbaren Glauben wie wir erlangt haben durch die Gerechtigkeit unseres Gottes und Erlösers Jesus Christus. 2 Gnade und Friede werde euch reichlich zuteil durch die Erkenntnis Gottes und unseres Herrn [Christus] Jesus!
Vorbereitung auf die Wiederkunft des Herrn
Von seiten Gottes. 3 Seine göttliche Macht hat uns alles, was zum Leben und zur Frömmigkeit dient, geschenkt mittels der Erkenntnis dessen, der uns durch seine eigene Herrlichkeit und Kraft berufen hat. 4 Dadurch hat er uns die kostbarsten und größten Verheißungen geschenkt, damit ihr durch sie der göttlichen Natur teilhaftig werdet, wenn ihr den in der Welt herrschenden verderblichen Lüsten entronnen seid.
Von seiten der Gläubigen. 5 Eben deswegen wendet allen Fleiß auf und betätigt in eurem Glauben die sittliche Tatkraft, in der sittlichen Tatkraft die Erkenntnis, 6 in der Erkenntnis die Enthaltsamkeit, in der Enthaltsamkeit die Ausdauer, in der Ausdauer die Frömmigkeit, 7 in der Frömmigkeit die Bruderliebe, in der Bruderliebe die Liebe (überhaupt). 3-7: Das Erhabenste, dessen wir fähig sind, schenkte uns Gott in der Gnade; er läßt uns an seiner göttlichen Natur teilnehmen durch das Leben der Übernatur. Solcher Adel verpflichtet zu einem sittenreinen Leben. Gottes Gabe wird zur Aufgabe für uns. 8 Denn sind diese Tugenden bei euch zu finden und im Zunehmen begriffen, so lassen sie euch nicht ohne Erfolg und Frucht für die Erkenntnis unseres Herrn Jesus Christus. 9 Wer aber diesen Besitz nicht hat, ist blind, handelt wie ein Kurzsichtiger und vergißt, daß er von seinen früheren Sünden gereinigt worden ist. 10 Liebe Brüder! Seid deswegen vielmehr darauf bedacht, eure Berufung und Auserwählung [durch eure guten Werke] gewiß zu machen. Denn tut ihr dies, so werdet ihr nimmermehr zu Fall kommen. 11 Denn so wird euch in reichem Maße der Eingang in das ewige Reich unseres Herrn und Erlösers Jesus Christus gewährt werden.
Von seiten des Apostels. 12 Darum will ich stets an diese Dinge erinnern, obwohl ihr davon wißt und im Besitze der Wahrheit fest gegründet seid. 13 Ich erachte es aber für meine Pflicht, solange ich in diesem Zelte bin, euch durch Mahnung wach zu halten; 14 ich weiß, daß es bald zur Niederlegung meines Zeltes kommen wird, wie es mir auch unser Herr Jesus Christus kundgetan hat. 15 Ich will aber dafür Sorge tragen, daß ihr immer wieder auch nach meinem Hingang euch daran erinnern könnt. 12-15: Durch besondere Offenbarung weiß der Apostel um seinen bevorstehenden Tod. Der Brief soll noch wirken, wenn sein Verfasser längst heimgegangen ist.
Wiederkunft des Herrn durch seine Verklärung gesichert. 16 Wir haben uns nicht an ausgeklügelte Fabeln gehalten, als wir euch die machtvolle Ankunft unseres Herrn Jesus kundtaten, sondern wir sind Augenzeugen seiner Erhabenheit gewesen. 17 Denn er empfing von Gott Vater Ehre und Herrlichkeit, da von der hocherhabenen Herrlichkeit die Stimme an ihn erging: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe; [ihn höret!] 18 Diese Stimme haben wir vom Himmel kommen hören, als wir mit ihm auf dem heiligen Berge waren. 16-18: Vgl. Mt 17,1-9. 19 So steht uns das Prophetenwort um so fester, und ihr tut gut, euch daran zu halten als an eine Leuchte, die an dunklem Orte scheint, bis der Tag anbricht und der Morgenstern in eurem Herzen aufgeht. 20 Darüber müßt ihr euch vor allem klar sein, daß keine Schriftweissagung eine willkürliche Deutung zuläßt. 21 Denn noch nie erging eine Weissagung durch menschlichen Willen, sondern durch den Heiligen Geist getrieben, sprachen die heiligen Gottesmänner. 19-21: Nur mit heiliger Ehrfurcht darf Gottes Wort in der Bibel gedeutet werden; denn der Geist Gottes spricht darin zu uns.
Falsche Propheten
2 Einführung. 1 Es gab aber auch im Volke falsche Propheten, wie auch in eurer Mitte falsche Lehrer auftreten werden. Sie werden verderbliche Irrlehren einführen, und weil sie den Herrn, der sie erkauft hat, verleugnen, sich selbst jähes Verderben zuziehen. 2 Viele werden ihre Ausschweifungen mitmachen; ihretwegen wird der Weg der Wahrheit gelästert werden. 3 Aus Habgier wollen sie mit trügerischen Worten ein Geschäft an euch machen. Aber das ihnen schon längst gesprochene Urteil säumt nicht, und ihr Verderben schlummert nicht.
Ihr plötzlicher Untergang. 4 Hat ja doch Gott der Engel, die gesündigt hatten, nicht geschont, sondern sie in die finsteren Abgründe der Hölle hinabgestoßen, wo sie bis zum Gericht gefangengehalten werden. 5 Auch die alte Welt hat er nicht verschont, sondern nur Noe, den Herold der Gerechtigkeit, mit sieben anderen gerettet, als er über die Welt der Gottlosen die Flut kommen ließ. 6 Auch die Städte Sodoma und Gomorrha hat er zu völliger Vernichtung verurteilt und in Asche gelegt zum warnenden Beispiel für künftige Frevler, 7 dagegen den gerechten Lot der unter dem zuchtlosen Wandel der Gottlosen schwer zu leiden hatte, errettet. 8 Denn mit Auge und Ohr mußte der Gerechte, da er mitten unter ihnen wohnte, Tag für Tag frevelhafte Taten wahrnehmen, was seine gerechte Seele quälte. 8: Im Lateinischen lautet der Vers: „Denn bei allem, was er sah und hörte, blieb er doch gerecht, obgleich er inmitten derer wohnte, die Tag für Tag seine gerechte Seele durch Freveltaten quälten.“ 9 So weiß der Herr Fromme aus der Prüfung zu erretten, Ungerechte aber zur Strafe auf den Gerichtstag aufzubewahren, 10a besonders die, welche in unreiner Begierde der Fleischeslust frönen und jegliche Herrschaft verachten. 4-10: Die drei alttestamentlichen Beispiele zeigen, wie Gott durch ein plötzlich hereinbrechendes Ereignis die Bösen bestraft; die zwei letzten beweisen, wie er dabei zugleich die Guten errettet. Beides wird in der kommenden Wiederkunft sich wiederholen.
Ihr Lästern und ihre Unzucht. 10b Verwegen und frech, scheuen sie sich nicht, Majestäten zu lästern, wo doch Engel, 11 die ihnen an Kraft und Stärke überlegen sind, gegen sie beim Herrn kein lästerndes Urteil vorbringen. 12 Diese Menschen aber gleichen unvernünftigen Tieren, welche von Natur nur dazu da sind, daß man sie fängt und tötet. Sie lästern, was sie nicht verstehen, und werden durch ihr eigenes verderbliches Tun zugrunde gehen 13 und den Lohn ihrer Ungerechtigkeit davontragen. Bei Tage zu schwelgen, halten sie für Lust; sie sind Schmutz- und Schandflecken, schwelgen in ihren Betrügereien, wenn sie mit euch zusammen schmausen. 14 Ihre Augen sind voll ehebrecherischer Gier und im Sündigen unersättlich. Haltlose Seelen ködern sie; ihr Herz ist auf Habsucht eingeübt, sie sind Kinder des Fluches. 15 Sie haben den geraden Weg verlassen und sind in die Irre gegangen, indem sie den Weg Balaams, des Sohnes des Bosor, einschlugen, der ungerechten Lohn liebhatte. 16 Er wurde aber wegen seiner Verkehrtheit zurechtgewiesen. Denn ein stummes Lasttier fing mit menschlicher Stimme zu reden an und wehrte der Unvernunft des Propheten. 15-16: Balaan sollte auf Befehl des Moabiterkönigs Balak, der ihm hierfür Lohn in Aussicht stellte, durch einen Gottesspruch Israel verfluchen (4 Mos 22,7 ff). Er galt in der späteren Überlieferung als abschreckendes Beispiel, wie Gewinnsüchtige von Gott gestraft werden.
Ihr betrügerisches Vorgehen. 17 Brunnen ohne Wasser sind sie und Nebelwolken, vom Sturmwind gejagt. Für sie ist die dunkelste Finsternis vorbehalten. 18 Durch stolze Reden ohne jeden Inhalt verlocken sie mittels sinnlicher Begierden und Ausschweifungen diejenigen, welche eben erst denen entronnen sind, die im Irrtum wandeln. 19 Sie versprechen ihnen Freiheit und sind doch selbst Sklaven des Verderbens. Denn wenn jemand von einem andern überwältigt worden, so ist er dessen Sklave geworden. 20 Wenn nämlich die, welche durch die Erkenntnis unseres Herrn und Erlösers Jesus Christus den Befleckungen der Welt entronnen sind, sich von diesen doch wieder verstricken und überwältigen lassen, so sind die letzten Dinge für sie schlimmer als die ersten. 21 Es wäre für sie besser, sie hätten den Weg der Gerechtigkeit gar nicht kennengelernt, als daß sie nach erlangter Erkenntnis sich wieder von dem ihnen überlieferten heiligen Gebote abwandten. 22 Bei ihnen ist eingetroffen, was das richtige Sprichwort sagt: Der Hund kehrt zum eigenen Auswurf zurück, und das gewaschene Schwein wälzt sich wieder im Kot. 17-22: Mit Vorliebe wandten sich die Irrlehrer an jene Christen, die erst kürzlich getauft und in der Wahrheit noch nicht hinreichend gefestigt waren. Unverblümt kennzeichnet Petrus das Schmachvolle des Rückfalles.
Leugner der Wiederkunft Christi
3 Ihre Lehre. 1 Dies ist, Geliebte, schon der zweite Brief, den ich euch schreibe. In beiden wollte ich euren lautern Sinn durch Erinnerung wachhalten, 2 damit ihr an die einst von den heiligen Propheten gesprochenen Worte und das von euren Aposteln überlieferte Gebot des Herrn und Heilandes denkt. 3 Vor allem sollt ihr wissen, daß in den letzten Tagen Spötter mit frechen Reden auftreten werden, die nach ihren eigenen Lüsten wandeln und sagen: 4 Wo bleibt seine verheißene Ankunft? Seitdem die Väter heimgegangen sind, bleibt alles so, wie es vom Anfang der Schöpfung an war.
Widerlegung aus der Sintflut. 5 Bei dieser Behauptung entgeht ihnen, daß Himmel und Erde schon längst durch Gottes Wort aus Wasser und mittels Wasser Bestand hatten. 6 Gerade dadurch ging die damalige Welt in der Wasserflut zugrunde. 7 Der jetzige Himmel aber und die Erde sind durch dasselbe Wort fürs Feuer aufgespart. Sie werden aufbewahrt für den Tag des Gerichts und des Verderbens der gottlosen Menschen. 5-7: Das gewaltige Ereignis der Sintflut widerlegt die frivole Behauptung der Irrlehrer, bis jetzt habe sich noch keine Verheißung erfüllt, alles sei beim alten geblieben.
Zeit des Weltgerichtes. 8 Das eine aber soll euch nicht entgehen, Geliebte, daß ein Tag beim Herrn ist wie tausend Jahre und tausend Jahre wie ein Tag (Ps 90,4). 9 Der Herr verzögert nicht die Verheißung, wie einige es für Verzögerung halten; er übt Langmut um euretwillen, da er nicht will, daß jemand verlorengehe, sondern alle sich zur Buße wenden. 10 Der Tag des Herrn wird aber kommen wie ein Dieb; dann wird der Himmel mit gewaltigem Krachen vergehen, die Elemente in Feuersglut sich auflösen, die Erde aber mitsamt ihren Werken verbrennen. 8-l0: Wir dürfen an Gottes Verheißung nicht unsere kleinen menschlichen Maßstäbe anlegen. Gott ist der Zeitlose, der Ewige, darum auch der Geduldige, doch ebenso der Gerechte und Wahrhaftige. Sein Tag kommt immer noch früh genug. Keiner vermag sich seinem Gerichte zu entziehen.
Ermahnungen
11 Wenn nun das alles sich so auflöst, welch heiliger Wandel und welche Gottseligkeit müssen euch da zu eigen sein! 12 Wie müßt ihr die Ankunft des Tages Gottes erwarten und ersehnen! Um dessentwillen wird der Himmel sich im Feuer auflösen und die Elemente im Brand zerschmelzen. 13 Wir erwarten aber gemäß seiner Verheißung einen neuen Himmel und eine neue Erde auf denen Gerechtigkeit ihre Wohnstätte hat.
Vorbereitung auf die Ankunft des Herrn. 14 Befleißigt euch deshalb, Geliebte, in solcher Erwartung von ihm unbefleckt und untadelig erfunden zu werden in Frieden, 15 und erachtet die Langmut unseres Herrn als Heil. So hat auch unser lieber Bruder Paulus euch geschrieben mit der ihm eigenen Weisheit, 16 wie in allen seinen Briefen, wo er von diesen Dingen redet. Manches ist in ihnen schwer zu verstehen, was dann die Ungebildeten und Ungefestigten, wie sie es auch mit den übrigen Schriften tun, zu ihrem eigenen Verderben verdrehen. 15-16: Die Briefe des heiligen Paulus sind also damals weit über jene Kreise hinaus bekannt gewesen, für die sie zunächst bestimmt waren. Sie wurden zu den Heiligen Schriften der Offenbarung gezählt. Es ist nicht Sache jedes einzelnen Christen, den oft sehr schwierigen Sinn der Bibel festzustellen. Gott hat seine Offenbarung dem kirchlichen Lehramt zu treuen Händen anvertraut, damit alle Zeiten in ihr die Wahrheit finden. 17 Ihr, meine Lieben, wißt das jetzt; hütet euch daher, daß ihr euch nicht durch den Irrtum der Gottlosen mit fortreißen lasset und euren festen Halt verliert.
Schluß. 18 Wachset vielmehr in der Gnade und der Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus! Ihm sei Ehre jetzt und auf den Tag der Ewigkeit! Amen.