UNTER DER KANZEL VON ARS

  Aussprüche des hl. Johannes M. Vianney.

 

 Nach Monnin: Geist des Pfarrers von Ars.

 

Ausgewählt und herausgegeben von

WALTER CHRISTOPH KOCH

KANISIUSWERK, FREIBURG / SCHWEIZ

 

ZWEITE AUFLAGE

NIHIL OBSTAT: JUL. DESFOSSEZ, LIBR. CENSOR IMPRIMATUR: FRIBURGI HELV., 2 FEBR

1946 LUDOVICUS WAEBER, VICARIUS GENERALIS

 

INHALTSANGABE:

Zur Einführung.

Lebensskizze

 

Glaubens- und Gebetsleben

Diesseits und Jenseits

Gerechte und Heilige

Maria, die Gottesmutter

Über den Heiligen Geist

Gottes Barmherzigkeit u. Gerechtigkeit

Von den Verdammten

Die göttlichen Tugenden

Kreuzzeichen und Kirchenbesuch

Von der Predigt

Über das Gebet

Sonntagsheiligung

Sittliches Leben

Vom Menschen und vom Wert seiner Seele

Die reine, demütige Seele

 

 

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Über die Abtötung

Kreuz und Leid

Versuchungen und Prüfungen

Von den Armen und vom Almosengeben

Die Sünde und der Sünder

Drei Hauptsünden: Geiz, Unkeuschheit, Stolz

 

Sakramentales Leben

Über die heilige Beichte

Heilige Kommunion

Das heilige Meßopfer

Vom Priester

 

Gebetsübungen

Novene zum heiligen Pfarrer von Ars

Gebet des Priesters

Gebet für Laien

 

 

ZUR EINFÜHRUNG

Der heilige Pfarrer von Ars, der hier zu uns spricht, wurde im Jahre 1905 selig gesprochen. Seit Pfingsten 1925 verehrt ihn die ganze katholische Welt als Heiligen. Papst Pius XI. ernannte ihn 1929 zum Patron aller Pfarrer des Erdkreises.

Die meisten wissen, daß dieser Heilige durch sein gottbegnadetes Leben nicht nur seine Pfarrei in einigen Jahren zu einer Musterpfarrei umgestaltete, sondern auf das religiöse Leben von ganz Frankreich einen tiefgehenden Einfluß ausübte. Nur wenige aber kennen sein Leben und Wirken des näheren. Den allerwenigsten dürften seine uns überlieferten Predigten und Christenlehren bekannt sein und die zu Herzen gehenden Worte, die er im Beichtstuhl und Sprechzimmer trost- und hilfebedürftigen Menschen mit auf den Weg gab.

Ein geistlicher Freund des Pfarrers von Ars sammelte die wertvollsten Aussprüche des Heiligen und gab sie bald nach seinem Tode im Druck heraus. Im Vorwort zu dem kostbaren Büchlein heißt es, man finde darin nicht nur eine Erinnerung und einen bloßen Widerhall, sondern den Pfarrer von Ars selber, seine Seele und sein Herz. Dies sollte auch von der vorliegenden Schrift gelten, die einen stark gekürzten Auszug einer deutschen Übersetzung jenes Buches aus den siebziger Jahren darstellt. Es wurde versucht, den Stil der heutigen Zeit anzupassen, ohne etwas von der schlichten, einfachen, eindringlichen und klaren Sprache Vianneys preiszugeben. Wer diese Gedanken auf sich einwirken läßt, wird feststellen, daß der heilige Pfarrer von Ars auch uns Menschen von heute nicht wenig zu sagen hat.

Möchten diese Aussprüche, die als geistliche Lesung und als Betrachtungsstoff gedacht sind, jedem Trost und Kraft, Gottvertrauen und Mut, Friede und Freude, Gnade und Segen bringen!

Der Herausgeber

 

 

LEBENSSKIZZE

Johannes Maria Vianney — das ist der bürgerliche Name des heiligen Pfarrers von Ars — kam am 8. Mai 1786 in Dardilly bei Lyon als Sohn armer Bauersleute zur Welt. Während einiger Jahre besuchte er die Volksschule, um dann zu bäuerlichen Arbeiten herangezogen zu werden. Erst mit 19 Jahren begann er mit dem Lateinunterricht, der ihm unendlich viel Sorgen und Schwierigkeiten bereitete. Kaum ins Priesterseminar eingetreten, mußte er wegen völliger Unfähigkeit wieder nach Hause gehen. Pfarrer Balley von Ecully, sein Berater und Seelenführer, hielt ihm aber die Treue und bereitete ihn privat aufs Priestertum vor, weil er felsenfest von Vianneys Berufung überzeugt war. Diesem selber war kein Opfer zu groß, den erhabenen Beruf zu erlangen. In zäher Arbeit, unermüdlicher Geduld und innigem Gebet erreichte er schließlich sein Ziel und empfing am 13. August 1815 die heilige Priesterweihe. Er wurde Vikar in Ecully bis zum Tode seines geistlichen Vaters; dann 1818 Pfarrer von Ars. Dieses kleine Dorf auf dem Dombes, einer Hochebene nördlich von Lyon, stand in einem schlechten Ruf. Die Bewohner frönten der Trunksucht und der Ausschweifung und entheiligten den Sonntag. »Das Geheimnis, wie dieses unbekannte und verlotterte Ars in wenigen Jahrzehnten zu einer Gemeinde der Heiligen und einem Wallfahrtsort für Sünder und Verzweifelnde wurde, ist nicht mit neuen Seelsorgsverfahren und verdoppelter Rührigkeit zu erklären. Die Lösung ist viel einfacher und größer. Der einsame Leutpriester von Ars warf seine ganzen Sorgen und Kümmernisse auf den Herrn, löschte sein eigenes Ich völlig aus und war wie ein Kind, das sich an die Hand des Vaters klammert. Gott aber ist stark und gütig. Wer sich ihm ganz ergibt, ohne einen Vorbehalt der Eigenliebe, der wird ein Teil der unwiderstehlichen Gotteskraft. Vianney war nicht mehr Mensch unter Menschen, sondern Stellvertreter Gottes, Spender seiner Gnaden und Mittler seiner Wunder« (Hümmeler).

Der Funke des Gottesfeuers, den Vianney in seine Pfarrei warf, glühte bald auf und wurde zum gewaltigen Brand. Die Pfarrangehörigen kamen wieder zum Gottesdienst, den er anziehend zu gestalten suchte. Sie lauschten seiner Predigt, die er vor dem Tabernakel, in Gebet und Betrachtung versunken, stets gewissenhaft vorbereitete. Seine Pfarrkinder fanden sich auch zur Beichte ein, wo er sich als Seelenkenner ohnegleichen erwies, der mit wenigen, aber eindringlichen Worten jedem sagte, was er gerade für seine Seele nötig hatte. Ja, er wurde geradezu ein »Märtyrer des Beichtstuhles«, der mit abgezehrten Wangen und schmerzendem Rücken fast ununterbrochen das »Ego te absolvo« sprach. Mit der Zeit wurde Johannes Vianney viel zur Aushilfe eingeladen. Die Berufung auf bessere Pfarrstellen lehnte er immer ab. Das Domherrenmäntelchen verkaufte er; das Kreuz der Ehrenlegion schloß er in eine Schublade ein. Ars war ihm bedeutend genug; ja, es wurde zu einem Mittelpunkt des religiösen Lebens in Frankreich. Der einst verachtete Pfarrer genoß jetzt einen Ruf, der nicht nur die Gläubigen aus seiner eigenen engeren und weiteren Heimat, sondern sogar aus Übersee anzog. Jährlich sollen über 100.000 Pilger nach Ars gekommen sein — und was noch wichtiger ist — sie verließen es als bessere Menschen und bessere Christen. Seiner Persönlichkeit konnte keiner widerstehen. In seiner Stimme, in seiner Gebärde, in seinem Blick, auf seiner verklärten Gestalt lag nämlich ein so außerordentlicher Glanz, eine so wundersame Gewa.lt, daß man in seiner Gegenwart unmöglich gleichgültig und kalt bleiben konnte. Je mehr man ihn hörte, desto größer wurde das Bedürfnis, seine Worte zu vernehmen, und man kehrte immer wieder zu dieser Kanzel zurück wie zu einem Orte, wo man die Schönheit, die Wahrheit und das Glück gefunden hat. Er war ein Feuer, das andere entflammte; ein Licht, das andere erleuchtete. Er war Wegweiser und Führer zum Himmel, der Ungezählten das Leben der Gnade vermittelte und damit das ewige Leben.

Wäre Vianney nicht zäh gewesen wie ein Wurzelstock und gesund wie die Bauern, er hätte schwerlich bei seinem zwanzigstündigen Tagewerk und seiner harten Askese das hohe Alter erreicht, das ihn noch die Ernte seiner Mühen erleben ließ. Volle 40 Jahre wirkteer als Pfarrer mit vorbildlichem Eifer und unermüdlicher Geduld und Ausdauer zur Ehre Gottes und zum Heil der unsterblichen Seelen. Am 4. August 1859 aber ging an ihm die Verheißung Christi in Erfüllung: »Wohlan, du guter und getreuer Knecht! Weil du über weniges getreu warst, will ich dich über vieles setzen. Geh ein in die Freude deines Herrn« (Matth. 25, 23).

 

 

GLAUBENSUND GEBETSLEBEN

 

 

DIESSEITS UND JENSEITS

 

Bedenken wir doch: wir haben eine Seele zu retten und eine Ewigkeit erwartet uns! Die Welt, die Reichtümer, die Vergnügungen, die Ehren werden vergehen. Der Himmel und die Hölle aber werden nie vergehen.

*

Die Welt verbirgt uns den Himmel und die Hölle: Den Himmel, weil man um jeden Preis dorthin kommen möchte, wenn man seine Schönheit kennen würde; die Hölle, weil man alles tun würde, um nicht in sie zu kommen, wenn man ihre Qualen kannte.

*

In dieser Welt müssen wir arbeiten, müssen wir kämpfen. Einst können wir die ganze Ewigkeit hindurch ruhen.

*

Man soll nicht an die Mühe denken, sondern an den Lohn. Der Kaufmann sieht auch nicht auf die Beschwerlichkeit in seinem Handel, sondern auf den Gewinn, welchen er daraus zieht. — Was sind zwanzig, dreißig Jahre im Vergleich mit der Ewigkeit? ... Was haben wir denn gar so Schweres zu ertragen? Einige Demütigungen, einige Quetschungen, einige beißende Worte: das bringt uns nicht ums Leben.

*

Wir dürfen unsern Lohn erst in unserer Heimat, im Vaterhaus erwarten. Die guten Christen erleiden Widersprüche und Widerwärtigkeiten, sie werden verachtet und verleumdet; so muß es sein! Viele finden das jedoch auffallend. Wenn sie den lieben Gott ein wenig lieben, meinen sie, von aller Widerwärtigkeit, von allen Leiden frei sein zu können.

Der Schatz des Christen ist nicht auf Erden, er ist im Himmel. Unsere Gedanken sollten immer dorthin gerichtet sein, wo unser Schatz ist.

*

Wir sollten über die Erde in den Himmel gehen, wie man auf einer Brücke über das Wasser schreitet.

*

Der Mensch ward für den Himmel erschaffen. Der Teufel hat aber die Leiter zerbrochen, die dorthin führte. Der Heiland hat uns durch sein Leiden eine andere geschenkt und die Pforte des Himmels wieder geöffnet. Die billigste Jungfrau ist oben, hält die Leiter mit beiden Händen und ruft uns zu: »Kommet, kommet!« O welch schöne Einladung! Was für eine schöne Bestimmung hat doch der Mensch: Er soll Gott schauen, ihn lieben, ihn preisen, ihn ewig betrachten!

*

»Wer den Tod fürchtet«, sagt der heilige Augustin, »der liebt Gott nicht«. Das ist ganz wahr. Wenn du sehr lange Zeit von deinem Vater getrennt warst, wirst du dich nicht glücklich fühlen, ihn wiederzusehen?

*

Wir werden nur dann dort oben mit Gott vereinigt sein, wenn wir es schon hier auf Erden waren. Der Tod wird dabei gar nichts lindern. Wo der Baum hinfällt, da bleibt er liegen.

*

Das Herz neigt sich zu dem hin, was es (im meisten liebt: das stolze Herz zu den Ehren, das habsüchtige zu den Reichtümern; das rachsüchtige denkt an seine abscheulichen Ergötzungen. An was aber denkt der gute Christ? Wohin wird sein Herz sich wenden? Zum Himmel, wo sein guter Gott, wo sein liebstes Gut ist Dreiviertel der Christen arbeiten nur dafür, um ihren Körper, der bald in der Erde verfaulen wird, zufriedenzustellen, während sie an ihre arme Seele, der eine ewige Seligkeit oder Unglückseligkeit bevorsteht, nicht denken. Sie leben sinn- und gedankenlos dahin! Ich zittere um sie!

*

Oh, wie sehr wird man im Augenblicke des Todes die Zeit bereuen, welche man den Vergnügen, den unnützen Unterhaltungen, dem Nichts gewidmet hat, statt sie zur Abtötung, zum Gebet, zu guten Werken, zum Nachdenken über seinen armseligen Zustand und zum Weinen über seine unzähligen Sünden zu benützen! Dann erst sieht man, daß man nichts für den Himmel getan hat.

*

O mein Gott, wie sehr werden wir uns schämen, wenn einst der Tag des Jüngsten Gerichtes unseren Leichtsinn und unsere Undankbarkeit offenbart!

*

Unterhaltet euch oft mit dem tröstenden Gedanken: Mit wem werden wir im Himmel sein? Wir werden im Himmel sein mit Gott, der unser Vater ist; wir werden im Himmel Min mit Jesus Christus, der unser Bruder ist; wir werden im Himmel sein mit der heiligen Jungfrau, die unsere Mutter ist; wir werden Im Himmel sein mit den Engeln und den Heiligen, die unsere Freunde sind.

*

Ein König sprach voll Schmerz in seinen letzten Augenblicken: »Muß ich also wirklich mein Reich verlassen, um in ein Land zu gehen, wo ich niemand kenne?« Seht, das ist die Folge, wenn man nie an die Seligkeit des Himmels denkt! Wir müssen uns schon jetzt Freunde im Himmel machen, um sie nach dem Tode wiederzufinden. Dann haben wir keinen Grund, wie dieser König, zu fürchten, daß wir im Himmel niemand kennen.

*

Ein schlechter Christ will nichts wissen von der schönen Hoffnung des Himmels, welche den guten Christen tröstet und mit Mut erfüllt. Er findet alles, was die Glückseligkeit der Heiligen bildet, hart, lästig und beschwerlich.

*

Außer dem lieben Gott ist nichts dauerhaft, gar nichts! Das Leben vergeht! Das Glück verschwindet; die Gesundheit wird zerstört; Unter der Kanzel von Ars der gute Name wird angegriffen. Wir fahren dahin wie der Wind ... Alles enteilt im Sturmschritt, alles stürzt pfeilschnell dahin. Ach! mein Gott, mein Gott! wie sehr sind also die zu beklagen, die ihre Neigungen auf alle diese Dinge richten und die Geschöpfe mehr suchen als Gott! Gerade deshalb sind sie nie zufrieden und ruhig, sondern stets voll Unruhe und in peinlicher und angstvoller Erwartung.

*

Wir sollten es machen, wie die Könige, die für den Fall ihrer Entthronung ihre Schätze im voraus in Sicherheit bringen. Schicken wir doch unsere guten Werke in den Himmel voraus!

Wenn man an die Seligkeit im Himmel denkt, kann man da seine Blicke noch auf die Erde heften?

*

Wenn du kein Heiliger bist, dann wirst du ein Verworfener sein; es gibt hier kein Mittelding. Man ist entweder das Eine oder das Andere. Beherzige das wohl ! Alle jene, die einst den Himmel besitzen, werden Heilige sein.

 

 

GERECHTE UND HEILIGE

 

Gute Christen, welche es sich angelegen sein lassen, ihre Seele zu retten und ihr Heil zu wirken, sind immer glücklich und zufrieden. Sie werden die ganze Ewigkeit hindurch selig sein.

*

Der gute Christ liebt alle: die Guten, weil sie  gut sind, die Bösen aber aus Mitleid und weil er hofft, sie durch seine Liebe zu bessern. Auch sieht er in ihnen Seelen, die durch das Blut Jesu Christi erkauft worden sind.

*

Das Unterscheidungszeichen der Auserwälten ist die Liebe, wie das Zeichen der Verworfenen der Haß ist.

*

Nicht alle Heiligen haben gut angefangen, aber alle haben gut geendet. Auch wir haben schlecht angefangen, wollen aber doch gut endigen, um uns einst im Himmel ihnen anschließen zu dürfen.

*

Das Herz der Heiligen ist beständig, wie ein Fels mitten im Meere.

*

Ein Heiliger ging einstmals auf den Markt, um zu sehen, ob er in der großen Menge von Leuten jemand fände, der an das Heil seiner Seele dächte. Er fand aber niemand. Arme Welt! Arme Weltleute! Seht auf die Heiligen hin: wie losgeschält waren sie von der Welt und dem Sinnlichen! Mit welcher Verachtung betrachteten sie das alles!

Es war ein Heiliger, dessen ganzes Besitztum in einem Evangelienbuche bestand. Man bat ihn darum. »Nehmet es«, sprach er, »ich gebe euch das, was mich gelehrt hat, alles zu geben«.

*

Die Heiligen sind so selig im Himmel! Keine Versuchungen, keine Leiden mehr! Das ist wahr. Die Heiligen sind aber Rentner und können nichts mehr verdienen.

 

 

 

MARIA, DIE GOTTESMUTTER

 

Der liebe Gott hätte eine schönere Welt erschaffen können als diese. Einem vollkommeneren Geschöpf aber, als Maria ist, konnte er nicht das Dasein geben.

*

Der himmlische Vater betrachtet mit Wohlgefallen das Herz der heiligsten Jungfrau Maria als das Meisterwerk seiner Hände. Man liebt immer sein Werk, besonders wenn es gut vollbracht ist. Der Sohn betrachtet das Herz seiner Mutter als die Quelle, woraus er das Blut geschöpft, das uns erkauft hat. Der Heilige Geist betrachtet es als seinen Tempel.

*

Keine Gnade kommt vom Himmel, ohne durch Marias Hände zu gehen.

*

Alles, um was die Mutter den Sohn bittet, wird ihr auch gewährt.

*

Man tritt in kein Haus, ohne mit dem Pförtner zu reden. Nun seht, die heilige Jungfrau ist die Pförtnerin des Himmels.

*

Das Herz dieser guten Mutter ist nur Liebe und Erbarmung; sie hat kein anderes Verlangen, als uns glücklich zu sehen. Wir brauchen uns nur an sie zu wenden, um erhört zu werden.

*

»Meine Mutter«, spricht unser Herr zu ihr, »ich kann dir nichts abschlagen. Wenn die Hölle Reue fühlen könnte, du würdest ihre Begnadigung erwirken.«

*

Die heilige Jungfrau steht zwischen ihrem Sohn und uns. Je größere Sünder wir sind, desto mehr Zärtlichkeit und Mitleid fühlt sie für uns. Das Kind, das seiner Mutter die meisten Tränen gekostet hat, ist ihrem Herzen das teuerste. Steht eine Mutter nicht immer dem schwächsten und gefährdetsten Kinde bei? Schenkt nicht der Arzt im Krankenhause jenen die größte Aufmerksamkeit, die am schwersten krank sind?

*

Die heilige Jungfrau ist so gut, daß sie uns immer liebevoll behandelt und uns nie straft.

*

Der Sohn hat seine Gerechtigkeit, die Mutter aber hat nur ihre Liebe.

 

 

ÜBER DEN HEILIGEN GEIST

 

Der Heilige Geist ist Licht und Stärke. Er ist es, der uns das Wahre vom Falschen und das Gute vom Bösen unterscheiden läßt. Gleich den Ferngläsern, welche die Gegenstände vergrößern, läßt uns der Heilige Geist das Gute und das Böse im Großen sehen. Mit dem Heiligen Geist sieht man alles im Großen: man sieht die Größe der kleinsten, für Gott vollbrachten Handlungen und die Größe der kleinsten Fehler. Wie ein Uhrenmacher mit seinen Augengläsern die kleinsten Rädchen einer Uhr erkennt, so erkennen wir mit dem Lichte des Heiligen Geistes alle Einzelheiten unseres armen Lebens. Da erscheinen die kleinsten Unvollkommenheiten als sehr groß und die kleinsten Sünden verursachen Abscheu.

*

Jene, die vom Heiligen Geiste geführt werden, haben richtige Vorstellungen. Es gibt daher so viele Ungelehrte, die weit mehr verstehen als die Gelehrten. Wenn man vom Gott des Lichtes und der Stärke geführt wird, kann man sich nicht irren.

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Der Heilige Geist ist unser Führer.

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Der Christ, welcher vom Heiligen Geiste geführt wird, läßt gerne die Güter dieser Welt liegen, um nach den Gütern des Himmels zu streben. Er weiß zu unterscheiden.

*

Der Mensch ist nichts durch sich selber, aber er ist viel mit dem Heiligen Geiste. Der Heilige Geist kann seine Seele erheben und ihn nach oben führen.

*

Für den Menschen, der sich vom Heiligen Geist führen läßt, scheint es keine Welt zu geben. Für die Welt aber scheint es keinen Gott zu geben. — Es kommt also nur darauf an, wer uns führt.

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Ohne den Heiligen Geist wären die Märtyrer gefallen wie die Blätter von den Bäumen fallen.

*

Viele finden die Religion langweilig. Sie haben eben den Heiligen Geist nicht.

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Wer den Heiligen Geist hat, dessen Herz erweitert sich; es badet sich gleichsam in der göttlichen Liebe.

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Wie eine schöne weiße Taube, welche aus dem Wasser kommt und ihre Flügel auf dem Lande schüttelt, kommt der Heilige Geist aus dem unendlichen Ozean der göttlichen Vollkommenheit und schlägt mit den Flügeln über den reinen Seelen, um so den Balsam seiner Liebe in sie zu träufeln.

*

Jene, die den Heiligen Geist haben, bringen nichts Böses hervor: alle Früchte des Heiligen Geistes sind gut.

*

Eine Seele, in welcher der Heilige Geist wohnt, verbreitet so lieblichen Duft wie ein blühender Weinstock.

*

Nehmt in die eine Hand einen Schwamm, der sich angesaugt hat, in die andere aber einen Kieselstein und drückt sie beide. Aus dem Kiesel wird nichts kommen, aus dem Schwamm jedoch viel Flüssigkeit. Der Schwamm versinnbildet die vom Heiligen Geist erfüllte Seele, der Kieselstein aber ist wie das kalte und harte Herz, worin der Heilige Geist nicht wohnt.

*

Eine Seele, die den Heiligen Geist besitzt, findet so viel Genuß im Gebet, daß ihr die Zeit immer zu kurz vorkommt.

*

Der Heilige Geist ist gleich einem Menschen, der einen Wagen mit einem guten Pferd hat und uns einlädt, mit ihm da- oder dorthin zu fahren. Wir brauchen nur »Ja« zu sagen und einzusteigen. — Der Heilige Geist will uns in den Himmel führen. Wir brauchen da auch nur »Ja« zu sagen und uns führen zu lassen.

*

Wie schön ist es, vom Heiligen Geist begleitet zu werden! Oh! Der ist ein guter Führer! — Und doch gibt es Menschen, die ihm nicht folgen wollen.

*

Jeden Morgen sollte man sprechen: »Mein Gott, sende mir Deinen Geist, damit er mich erkennen lasse, was ich bin und was Du bist!«

*

Fragen wir die Verdammten: »Warum seid ihr in der Hölle?« Sie werden uns antworten:

»Weil wir dem Heiligen Geist widerstrebt haben«. Fragen wir dagegen die Heiligen: »Warum seid ihr im Himmel?« so werden sie uns antworten: »Weil wir auf den Heiligen Geist gehört haben«. Wenn uns gute Gedanken kommen, so sind sie der Beweis dafür, daß der Heilige Geist mit uns ist.

*

Der Heilige Geist führt uns, wie eine Mutter ihr zweijähriges Kind an der Hand führt, wie eine Person, die einen Blinden führt.

*

Die Sakramente, die unser Herr eingesetzt hat, würden ohne den Heiligen Geist nichts zu unserem Heile nützen.

Ohne den Heiligen Geist ist alles kalt.

Der Heilige Geist ist wie ein Gärtner, der unsere Seelen hegt und pflegt.

*

Jene Augenblicke, wo wir die Süßigkeiten des Gebetes und der Gegenwart Gottes genießen dürfen, sind Heimsuchungen des Heiligen Geistes.

 

 

GOTTES BARMHERZIGKEIT UND GERECHTIGKEIT

 

Es gibt Menschen, die dem ewigen Vater ein hartes Herz zuschreiben. Oh, wie sehr täuschen sie sich! Der ewige Vater hat, um seine eigene Gerechtigkeit zu entwaffnen, seinem Sohne ein über alle Maßen gutes Herz gegeben. Man gibt nicht, was man nicht hat. Der Heiland hat zu seinem Vater gesagt: »Mein Vater, vergib ihnen!«

*

Der liebe Gott ist ebenso gern bereit, uns zu vergeben, wenn wir ihn darum bitten, wie eine Mutter bereit ist, ihr Kind dem Feuer zu entreißen.

*

Denkt euch eine arme Mutter, die das Beil der Guillotine auf das Haupt ihres Kindes fallen lassen muß: das ist der liebe Gott, wenn er einen Sünder verdammt.

*

»Ich habe zu viel Böses getan«, sagst du, »der liebe Gott kann mir nicht vergeben«. Das ist eine grobe Lästerung. Man setzt damit der Barmherzigkeit Gottes Grenzen, während sie doch keine hat. Sie ist ja unendlich.

*

Hätte jemand auch so viel Böses getan, als nötig ist, um eine ganze Pfarrei ins Verderben zu stürzen, so wird ihm doch der liebe Gott alles verzeihen, wenn er es aufrichtig beichtet, wahrhaft bereut und fest entschlossen ist, es nie mehr zu tun.

*

Der liebe Gott ist gar nicht böse, aber gerecht ist er. Glaubt ihr, er werde euch um den Hals fallen, nachdem ihr ihn euer ganzes Leben lang verachtet habt? O wie sehr irrt ihr euch! Es gibt ein Maß der Gnade und der Sünde, nach welchen sich Gott zurückzieht. — Was würdet ihr von einem Vater sagen, der zwei Kinder, von denen das eine gut, das andere böse ist, auf ganz gleiche Weise behandelte? Gewiß würdet ihr sagen: »Dieser Vater ist nicht gerecht«. Nun seht, auch Gott wäre nicht gerecht, wenn er zwischen denen, die ihm dienen, und denen, die ihn beleidigen, gar keinen Unterschied machen würde.

 

 

VON DEN VERDAMMTEN

 

Wenn ein Verdammter ein einziges Mal sagen könnte: »Mein Gott, ich liebe Dich«, so gäbe es keine Hölle mehr für ihn. Aber ach, diese arme Seele! Sie hat die Macht, zu lieben, verloren, die sie zwar bekommen hatte, von der sie aber keinen Gebrauch zu machen wußte.

*

Nie ist jemand verdammt worden, weil er zu viel Böses getan hat. Viele aber sind in der Hölle wegen einer einzigen Todsünde, die sie nicht bereuen wollten.

*

Wenn die armen Verdammten die Zeit hätten, die wir verlieren, wie gut würden sie sie anwenden! Eine halbe Stunde würde genügen, die Hölle zu entvölkern.

*

Die Verdammten klagen nicht Gott an; sie klagen sich selbst an. Sie sprechen: »Ich habe Gott, meine Seele und den Himmel durch meine Schuld verloren.« Nicht Gott verdammt uns, sondern wir selbst verdammen uns durch unsere Sünden.

 

DIE GÖTTLICHEN TUGENDEN

 

Durch den Glauben glauben wir, was uns Gott verheißen hat. Wir glauben, daß wir ihn einst sehen, daß wir ihn einst besitzen und ewig bei ihm im Himmel sein werden.

*

Wenn man keinen Glauben hat, ist man blind.

*

Die Seelen derjenigen, welche den Glauben nicht haben, sind weit blinder als diejenigen, welche keine Augen haben. — Wir leben in dieser Welt wie im Nebel; der Glaube aber ist der Wind, der ihn zerstreut und die Sonne in unsere Seele scheinen läßt.

*

Die Hoffnung ist es, welche die ganze Glückseligkeit des Menschen auf Erden bildet.

*

Manche hoffen in dieser Welt zu viel, andere dagegen zu wenig.

*

Wahre Liebe ist ein Vorgeschmack des Himmels.

*

Die einzige Glückseligkeit, die wir auf Erden haben, ist: Gott zu lieben, und zu wissen, daß Gott uns liebt.

*

Der Mensch ist aus Liebe erschaffen worden; darum hat er einen so starken Trieb zum Lieben. Dieser ist so groß, daß ihn nichts auf Erden zu befriedigen vermag. Erst wenn er sich zu Gott hinwendet, wird er zufrieden. — Zieht einen Fisch aus dem Wasser: er wird nicht leben. Gerade so verhält es sich mit dem Menschen ohne Gott.

*

Die Vögel sind erschaffen worden, um zu singen, und sie singen! Der Mensch ist erschaffen worden, um Gott zu lieben, und — er liebt ihn nicht!

*

Manche weinen darüber, daß sie Gott nicht lieben. Nun, gerade diese lieben Gott.

*

Unglücklich ist man nur dann, wenn man Gott nicht liebt.

*

Wenn ein Fürst zu einem seiner Untertanen sagen würde: »Ich will dich glücklich machen. Bleib bei mir und genieße alle meine Güter; hüte dich aber ja, mir in irgend etwas zu mißfallen, das du vermeiden kannst und sollst«, — o wie sorgfältig, wie eifrig wäre dieser Untertan bestrebt, seinem Herrn in allen Dingen zu gefallen! Nun seht, eben diesen Antrag macht uns der liebe Gott! — Und doch kümmern wir uns so wenig um seine Freundschaft und machen uns so wenig aus seinen Versprechungen. Ach, welch' unbegreifliche Verblendung!

*

Wenn wir das Glück, Gott zu lieben, recht erkannten, wären wir immer voll Entzücken.

*

Wenn wir das Feuer der Gottesliebe in unsern Herzen durch Gebete und gute Werke zu unterhalten wüßten, so würde es nicht erlöschen.

*

Alles unter den Augen Gottes vollbringen, alles mit Gott, alles, um Gott zu gefallen, o wie schön ist das! Wohlan denn, meine Seele! Verkehre mit dem lieben Gott, arbeite mit ihm, wandle mit ihm, kämpfe und leide mit ihm! Du wirst arbeiten und er wird deine Arbeit segnen; du wirst wandeln und er wird deine Schritte segnen; du wirst leiden und er wird deine Tränen segnen. Wie groß, wie edel, wie tröstend ist es, alles in der Gegenwart Gottes und unter seinen Augen zu tun — und zu denken; »Er sieht alles und schreibt alles auf!« Sprechen wir also jeden Morgen: »Alles, um Dir zu gefallen, o mein Gott, alle meine Handlungen mit Dir!«

*

Von Gott geliebt werden, mit Gott vereinigt sein, in der Gegenwart Gottes wandeln und für Gott leben: ist das nicht ein schönes Leben, — und ein schöner Tod?

*

Ich denke manchmal, daß einst nur wenige gute Werke belohnt werden können, weil wir viele, anstatt aus Liebe zu Gott, aus bloßer Gewohnheit, gedankenlos, oder aus Liebe zu uns selbst verrichten. Wie traurig ist das!

Wenn wir unserer frommen Übungen überdrüssig werden, und uns der Umgang mit Gott langweilt, begeben wir uns dann im Geiste zur Pforte der Hölle und sehen wir uns die armen Verdammten an, die den guten Gott nicht mehr lieben können!

*

Je mehr man die Menschen kennt, desto weniger liebt man sie. Bei Gott ist es umgekehrt; je mehr man ihn kennt, desto mehr liebt man ihn.

*

Wenn man Gott liebt, dann liebt man auch den Nächsten.

*

Man liebt etwas je nach dem Preise, den es uns gekostet hat. Beurteilt darnach die Liebe des Heilandes zu unserer Seele, die ihn all sein Blut gekostet hat!

*

Wenn wir wüßten, wie sehr unser Herr uns liebt, wir würden vor Entzücken sterben!

*

Wenn wir das Herz Jesu nicht lieben, was werden wir dann sonst lieben? In diesem Herzen ist nur Liebe! Wie ist's möglich, daß wir das nicht lieben, was so liebenswürdig ist?

*

O Jesus! Dich kennen, heißt Dich lieben!

 

KREUZZEICHEN UND KIRCHENBESUCH

 

Das Zeichen des Kreuzes ist für den Teufel furchtbar, da wir ihm eben durch das Kreuz entronnen sind. Das Kreuzzeichen muß man mit großer Ehrfurcht machen. Man beginnt beim Kopfe: er ist das Haupt, die Schöpfung, der Vater; dann kommt das Herz, die Liebe, das Leben, die Erlösung, der Sohn; hierauf die Schultern, die Stärke, der Heilige Geist. Alles erinnert uns an das Kreuz. Wir selber sind in Kreuzesgestalt gebildet.

*

Weigern wir uns doch nicht, in die Herberge der heiligen Kirche einzutreten und da den Beistand und die Fürsorge anzunehmen, die uns der barmherzige Samaritan bereitet hat.

*

Wenn wir uns vor dem heiligen Sakramente befinden, so wollen wir, statt rings um uns her zu sehen, unsere Augen und unsern Mund schließen. Unser Herz aber wollen wir öffnen, dann wird der Heiland auch das seinige öffnen. Wir werden zu ihm gehen, und er wird zu uns kommen; wir werden bitten, und er wird geben.

*

Unser Herr ist hier verborgen und erwartet, daß wir ihn besuchen und ihm unsere Bitten vortragen. Er verbirgt sich und sagt zu uns: »Ihr seht mich zwar nicht, aber das macht nichts; bittet mich um alles, was ihr wollt, ich will es euch gewähren!« — Er ist da im Sakramente seiner Liebe, um uns zu trösten. Wir sollen ihn daher auch recht oft besuchen. Wie angenehm ist ihm eine kleine Viertelstunde, die wir unsern oft so unnützen Beschäftigungen entziehen, um zu ihm zu beten, ihn zu besuchen, ihn für alle die Beleidigungen zu trösten, die ihm widerfahren!

*

Ach, wenn wir die Augen der Engel hätten und unsern Herrn Jesus Christus sähen, der hier auf dem Altare gegenwärtig ist und uns ansieht, wie würden wir ihn lieben! Wir würden uns nicht mehr von ihm trennen, wir würden immer zu seinen Füßen bleiben wollen. Dies wäre ein Vorgeschmack des Himmels!

*

Weil sich unser Herr im allerheiligsten Sakramente nicht in seiner ganzen Herrlichkeit zeigt, so lassen wir es an der erforderlichen Ehrfurcht fehlen. Gott ist aber da! Er ist mitten unter uns.

*

Wenn ihr in die Kirche tretet und Weihwasser nehmt, wenn ihr die Hand zur Stirne führt, um das Kreuzzeichen zu machen, so seht auf den Tabernakel hin! Unser Herr Jesus Christus öffnet ihn in demselben Augenblicke, um euch zu segnen.

*

Welche Seligkeit fühlen wir doch in der Gegenwart Gottes, wenn wir uns vor dem Tabernakel allein zu seinen Füßen befinden.

*

Du bist da allein, um deinen Gott anzubeten. Seine Blicke ruhen auf dir allein ...

*

Wenn ihr in der Nacht aufwacht, so begebet euch schnell im Geiste vor den Tabernakel und sprechet zu unserm Herrn: »Mein Gott, siehe, hier bin ich! Ich bin da, um Dich anzubeten, Dich zu loben und zu preisen. Dir zu danken. Dich zu lieben und Dir mit den Engeln Gesellschaft zu leisten.«

*

Wenn wir unsern Herrn Iiebten, so hätten wir immer den vergoldeten Tabernakel, dieses Haus des lieben Gottes, vor den Augen des Geistes.

 

 

VON DER PREDIGT

 

Warum sind viele so blind und so unwissend? — Weil sie sich aus dem Worte Gottes wenig oder nichts machen.

*

Ich glaube, daß eine Person, welche das Wort Gottes nicht hört, nicht selig werden wird; sie weiß ja nicht, wie sie ihr Heil wirken soll. Eine in der Religion gut unterrichtete Person aber hat immer Rettungsmittel zur Verfügung.

*

Ich weiß nicht, was schlimmer ist, während der Messe oder während der Predigt zerstreut zu sein. Ich sehe keinen Unterschied. Während der Messe läßt man die Verdienste des Todes und des Leidens unseres Herrn verloren gehen, während der Predigt aber sein Wort. Der heilige Augustin sagt, dies sei ebenso schlimm, wie wenn jemand nach der Konsekration den Kelch nähme und ihn auf den Boden ausschüttete.

*

Manche gehen während der Predigt hinaus, andere erlauben sich zu lachen, merken nicht auf, oder halten sich für zu gescheit.

*

Ich habe bemerkt, daß man zu keiner Zeit lieber schläft, als gerade während der Predigt. Man sagt vielleicht: »Was kann ich dafür, daß ich schlafen muß?« Nun, wenn ich musizieren würde, dächte gewiß niemand ans Schlafen; alles würde sich rühren, alles wäre wach und munter.

*

Ich denke oft, daß die meisten von den Christen, welche verdammt werden, es deshalb werden, weil sie die Predigt versäumt haben. Sie kannten eben die religiösen Wahrheiten und Pflichten nicht richtig.

*

Man wird sich ein Gewissen daraus machen, eine heilige Messe zu versäumen. Aber man macht sich nichts daraus, eine Predigt zu versäumen. Man bedenkt nicht, daß man Gott auch auf diese Weise schwer beleidigen kann. — Am Tage des Gerichtes, wenn ihr alle neben mir stehen werdet und der liebe Gott zu euch sprechen wird: »Gebt mir Rechenschaft von den Predigten und den Christenlehren, die ihr gehört habt, und von jenen, die ihr hättet hören können!« werdet ihr ganz anders denken.

 

 

ÜBER DAS GEBET

 

Das Gebet ist nichts anderes als eine Vereinigung mit Gott. In dieser innigen Vereinigung sind Gott und die Seele gleichsam zwei zusammengeschmolzene Stücke Wachs, die man nicht mehr trennen kann. Diese Vereinigung Gottes mit seinem kleinen Geschöpf ist eine unbegreifliche Glückseligkeit.

*

Gott hat uns in seiner Güte gestattet, zu ihm sprechen zu dürfen. Unser Gebet ist wie ein Weihrauch, den er mit dem größten Wohlgefallen aufnimmt.

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Das Gebet ist die Erhebung der Seele zum Himmel.

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Je mehr jemand betet, desto mehr will er beten. Der Betende gleicht einem Fisch, der anfangs auf der Oberfläche des Wassers schwimmt, dann untertaucht und immer tiefer hinabdringt. Die Seele versenkt, vertieft, verliert sich in den Süßigkeiten des Umgangs mit Gott.

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Wenn man betet, muß man Gott sein Herz öffnen.

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Um gut zu beten, braucht es nicht vieler Worte. Man weiß, daß im Tabernakel der liebe Gott ist. Man öffnet ihm sein Herz, man ist gern in seiner heiligen Gegenwart. Dies ist das beste Gebet.

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Sobald man am Morgen erwacht, soll man Gott sein Herz, seinen Geist, seine Gedanken, seine Worte, seine Handlungen, seine ganze Person darbringen, um sich ihrer nur zu seiner Ehre zu bedienen.

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Jene, die nicht beten, bücken sich zur Erde, wie ein Maulwurf, der ein Loch macht, um sich darin zu verbergen. Sie sind ganz irdisch, ganz vertiert und denken nur an das Zeitliche.

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Wer nicht betet, ist wie ein Hühnchen, das sich nicht in die Lüfte erheben kann. Wenn es ein wenig fliegt, sinkt es gleich wieder herab. Wer betet, ist dagegen wie ein unerschrockener Adler, der in der Luft schwebt und sich immer der Sonne zu nähern scheint.

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Nichts betrübt das Herz Jesu so sehr, als sehen zu müssen, daß seine Leiden für so viele verloren sind. — Beten wir also für die Bekehrung der Sünder! Dies ist das schönste und nützlichste Gebet. Denn die Gerechten sind auf dem Wege zum Himmel, und den Seelen im Fegfeuer ist der Eintritt dazu gesichert. — Aber die Armen Sünder, die armen Sünder! — Das Los einiger ist unentschieden. Ein Vaterunser und ein Ave Maria könnte sie retten. — Wie viele Seelen können wir doch durch unsere Gebete bekehren! Wer eine Seele vor der Hölle bewahrt, rettet diese und die eigene Seele.

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Wie oft gehen wir in die Kirche, ohne zu wissen, was wir tun und um was wir bitten wollen!

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»Reden Sie nicht so viel in den Zeitungen, aber um so mehr vor dem Tabernakel!«

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O wie schön ist das Gebet! Ein Mensch, der in der Gnade Gottes lebt, hat nicht nötig, daß man ihn beten lehre; er kennt das Gebet von selbst, weil es seinem innersten Bedürfnis entspricht.

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Beim guten Gebet vergeht die Zeit mit großer Schnelligkeit und so angenehm, daß man ihren Ablauf kaum bemerkt.

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Der liebe Gott bedarf unser nicht. Wenn er uns aber gebietet, zu beten, so tut er es, weil er unser Heil will, und weil unser Heil nur darin bestehen kann.

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Wenn im Himmel ein Tag ohne Anbetung möglich wäre, so wäre es nicht mehr der Himmel. Und wenn die armen Verdammten ungeachtet ihrer Leiden beten könnten, so wäre es keine Hölle mehr.

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Zwei Dinge sind erforderlich, um sich mit unserm Herrn zu vereinigen und sein Heil wirken zu können: das Gebet und die Sakramente.

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Das gute Gebet macht die ganze Glückseligkeit des Menschen auf Erden aus.

 

  

SONNTAGSHEILIGUNG

 

Der Sonntag gehört dem lieben Gott. Das ist sein Tag, der Tag des Herrn. — Er hat alle Tage der Woche gemacht und konnte sie alle für sich behalten. Aber er hat euch sechs davon geschenkt und sich nur den siebenten vorbehalten. Mit welchem Rechte rührt ihr das an, was euch nicht gehört? Ihr wißt doch, daß gestohlenes Gut nie Segen bringt. Der Tag, den ihr dem Herrn wegstehlt, wird euch nichts eintragen. Ich kenne zwei sichere Mittel, um arm zu werden: die Sonntagsarbeit und das Stehlen.

*

O wie sehr irrt, wer sich am Sonntag abmüht, indem er sich einbildet, mehr als Andere zu verdienen. Kann denn irgend eine Geldsumme, die er sich erarbeitet, den Schaden aufwiegen, den er durch Übertretung des Gebotes Gottes sich selbst zufügt?

*

Ihr arbeitet unermüdlich. Doch das, was ihr durch Sonntagsarbeit gewinnt, verdirbt euch Seele und Leib. Wenn man jene, die am Sonntag arbeiten, fragen würde: »Was habt ihr denn getan?« so könnten sie gar oft antworten: »Wir haben unsere Seele an den Teufel verkauft, unsern Herrn gekreuzigt und unsere Taufe verleugnet.« Wenn ich Leute am Sonntag fuhrwerken sehe, so denke ich, sie fahren ihre Seele in die Hölle.

*

Was habt ihr gewonnen, wenn ihr am Sonntag arbeitet? Ihr müßt die Erde doch zurücklassen, wenn ihr von hinnen geht. Nichts könnt ihr mitnehmenl Ach, wer so sehr an der Erde hängt, dem wird das Sterben gar schwer!

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Am Sonntagmorgen solltet ihr euern Geist nie mit weltlichen Arbeiten beschäftigen. Nachdem ihr die ganze Woche für euern Leib gearbeitet habt, ist es billig, daß ihr diesen Tag der Sorge um eure Seele weiht und den lieben Gott für eure Sünden um Verzeihung bittet.

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Wenn die Glocken läuten, um euch ins Gotteshaus zu rufen, so denkt, daß es Jesus selber ist, der euch ruft. Sprecht dann mit dem heiligen Propheten: »Freue dich, meine Seele, du gehst in das Haus des Herrn!« Bringt dann Gott eure Ehrerbietung dar, hört sein göttliches Wort an, tragt ihm eure Sorgen vor und bittet ihm um seine Gnaden.

 

 

SITTLICHES LEBEN

 

 

VOM MENSCHEN UND VOM WERT SEINER SEELE

 

Wir sind viel, und wir sind nichts. Nichts ist größer als der Mensch, und nichts kleiner als er. Es gibt nichts Größeres, wenn man seine Seele in Betracht zieht; nichts Kleineres aber, wenn man seinen Leib betrachtet. Und doch beschäftigt man sich mit seinem Leib, als ob man nur ihn zu besorgen hätte!

*

Der liebe Gott hat uns erschaffen und in die Welt gesetzt, weil er uns liebt. Er will uns auch selig machen, weil er uns liebt. — Wie schön ist es, wie groß ist es, Gott zu kennen, zu lieben und ihm zu dienen! Nur das haben wir in dieser Welt zu tun. Alles, was wir außerdem tun, ist verlorene Zeit.

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Sucht der Fisch die Bäume und die Wiese? Nein; er bewegt sich lustig im Wasser. Verweilt der Vogel auf der Erde? Nein; er schwingt sich in die Lüfte. Und der Mensch, der erschaffen ist, um Gott zu lieben, Gott zu besitzen, Gott in sich zu haben, was wird er mit all den Kräften tun, die ihm dazu verliehen sind?

*

Wir sind nur für einen ganz kleinen Augenblick auf der Erde. Zwar scheinen wir uns nicht von der Stelle zu rühren und doch gehen wir mit großen Schritten der Ewigkeit entgegen.

*

Wenn wir unser Los recht begreifen würden, so könnten wir fast sagen, wir seien glücklicher als die Heiligen im Himmel. Sie leben nämlich von ihren früheren Einkünften und können nichts mehr verdienen. Wir aber sind imstande, jeden Augenblick unsere Schätze zu vermehren und Gott durch Leiden, Mühsale und Opfer zu verherrlichen.

*

Viele gehen aus dieser Welt, ohne zu wissen, was sie darin eigentlich hätten tun sollen, und ohne sich je darum gekümmert zu haben.

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Wir haben immer zwei Geheimschreiber: den Teufel, der unsere bösen Handlungen aufschreibt, um uns einst zu verklagen, und den Schutzengel, der die guten aufschreibt, um uns am Tage des Gerichtes zu rechtfertigen.

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Der aus Liebe erschaffene Mensch kann ohne Liebe nicht leben: er liebt entweder Gott, die Welt oder sich selbst.

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Der Mensch hat einen schönen Beruf, den nämlich: zu beten und zu lieben. Betet also und liebet! Das ist die Glückseligkeit des Menschen auf Erden.

*

Auf dieser Welt müssen wir arbeiten und kämpfen. Die Ewigkeit wird lange genug sein, um auszuruhen.

*

Unsere Seele ist alles, unser Leib aber nur ein Haufen Moder. Geht auf den Kirchhof und seht da, was man liebt, wenn man nur seinen Leib liebt!

*

Wir erkennen den Wert unserer Seele am besten an der Mühe, die sich der Teufel gibt, um sie zu verderben. Die Hölle verbündet sich gegen sie, der Himmel für sie. Oh, wie groß muß er doch sein!

*

Die Erde ist zu klein, um unserer Seele das bieten zu können, was sie befriedigen könnte. Sie hat Hunger nach Gott und nur Gott kann sie erfüllen.

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Die ganze Welt kann eine unsterbliche Seele ebenso wenig befriedigen, als ein Fingerhut voll Mehl einen Hungrigen sättigen kann.

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Gott zu besitzen ist die Glückseligkeit der Glückseligkeiten. Diese Glückseligkeit läßt alles übrige vergessen.

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Viele widmen ihre Jugend dem Teufel und bloß ihre letzten Tage dem lieben Gott.

 

 

 

DIE REINE, DEMÜTIGE SEELE

 

Eine reine Seele ist Gegenstand der Bewunderung der drei Personen der Heiligen Dreifaltigkeit: Der Vater betrachtet sein Werk, der Sohn den Preis seines Blutes, der Heilige Geist wohnt darin als in seinem Tempel.

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Nichts ist so schön, wie eine reine Seele. Die reine Seele ist frei von den Dingen der Erde und von sich selbst.

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Gott betrachtet mit Liebe eine reine Seele und gewährt ihr alles, um was sie bittet. Wie könnte er einer Seele widerstehen, welche nur für ihn, durch ihn und in ihm lebt? Sie ist allmächtig über das so gute Herz unseres Herrn.

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Die Macht, die eine reine Seele über den lieben Gott hat, ist unbegreiflich.

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Je reiner man auf Erden gewesen ist, desto näher wird man beim lieben Gott im Himmel sein.

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Was der Leib verliert, das bekommt die Seele, und was der Leib bekommt, das verliert die Seele.

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Wenn eine Seele rein ist, so sieht der ganze Himmel mit Liebe auf sie!

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Das Bild Gottes spiegelt sich in einer reinen Seele wie die Sonne im Wasser.

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Eine reine Seele ist wie eine schöne Perle. So lange sie im Grunde des Meeres in einer Muschel verborgen ist, denkt niemand daran, sie zu bewundern. Wird sie aber in die Sonne gehalten, so glänzt sie und zieht die Blicke auf sich. Ebenso wird eine reine Seele, die den Blicken der Welt verborgen war, einst in der Sonne der Gerechtigkeit vor den Engeln glänzen.

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Die Reinheit kommt vom Himmel. Man muß Gott darum bitten. Wenn wir darum flehen, werden wir sie auch erlangen. Wir müssen alles Mögliche tun, um sie ja nicht zu verlieren.

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Um die Reinheit zu bewahren, sind drei Dinge erforderlich: das Wandeln in der Gegenwart Gottes, das Gebet und die Sakramente. Auch das Lesen der Erbauungsbücher gehört dazu. So wird die Seele genährt.

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Man ist das, was man vor Gott ist, nicht mehr und nicht weniger.

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Heute morgen hätte ich die Ruhe der Seele verloren, wenn ich auf die Beleidigungen gemerkt hätte, die man mir schrieb; und heute abend wäre ich sehr vom Stolze versucht worden, wenn ich all den Komplimenten getraut hätte. O wie klug ist es, auf die eitlen Meinungen und Reden der Menschen kein Gewicht zu legen!

*

Wenn ich mich betrachte, nehme ich nur meine vielen Sünden wahr. Und der liebe Gott läßt mich nicht einmal alle sehen, denn dieser Anblick würde mich in Verzweiflung stürzen. Ich habe kein anderes Mittel gegen diese Versuchung zur Verzweiflung, als mich vor dem Tabernakel niederzuwerfen wie ein Hündlein vor seinem Herrn.

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Ich bin wie eine Null, die nur neben anderen Ziffern einen Wert hat.

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Wie kann man den lieben Gott recht lieben? Durch Demut! Sie bedeutet ja für die Tugenden, was die Kette für den Rosenkranz. Nehmt die Kette weg, und alle Perlen fallen auseinander; unterdrückt die Demut, und alle Tugenden sind verschwunden. Ach, man begreift nicht, wie und worauf ein so kleines Geschöpf wie wir stolz sein kann! Einstmals erschien der Teufel dem heiligen Markarius, mit einer Geißel versehen, wie um ihn zu schlagen, und sprach zu ihm: »Alles, was du tust, tue ich auch: du fastest, und ich esse nie; du wachest, und ich schlafe nie. Nur etwas tust du, was ich nicht tun kann.« — »Nun! was denn?« — »Mich demütigen«, antwortete der Teufel und verschwand.

*

Jene, die uns demütigen, sind unsere Freunde, und nicht die, welche uns loben.

 

 

ÜBER DIE ABTÖTUNG

 

In den Himmel wollen wir kommen, aber mit allen unseren Bequemlichkeiten. Nichts wollen wir entbehren und uns in keiner Hinsicht einschränken. Wir machen ganz das Gegenteil von dem, was die Heiligen getan haben, die sich auf jede Art abzutöten suchten.

*

Der heilige Karl Borromäus hatte in seinem Zimmer ein schönes Kardinalsbett, das jedermann sehen konnte. Daneben aber war ein anderes aus Reisigbündeln, das man nicht sah. Nur in diesem schlief er. Er erwärmte sich nie. Seine Besucher bemerkten oft, daß er sich immer so weit vom Feuer entfernt hielt, daß er es nicht spüren konnte.

*

Auf dem Wege der Selbstverleugnung fällt nur der erste Schritt schwer. Wer ihn aber einmal betreten hat, schreitet ganz von selber fort.

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Wir dürfen nie nach unserer bloßen Neigung handeln, sondern sollen immer nur das tun, was dem lieben Gott am meisten gefällt.

*

Seine Einbildungskraft soll man mäßigen, sie nicht ungehemmt umherschweifen lassen. Man soll seine Augen, seinen Mund mäßigen. Manche haben immer etwas Süßes, etwas Angenehmes im Munde. Auch seine Ohren soll man mäßigen, ihnen nicht gestatten, ausgelassene Gesänge und unnütze Reden zu hören. Manche versehen sich so sehr mit Wohlgerüchen, daß sie ihrer Umgebung lästig werden. Endlich soll man seinen ganzen Leib mäßigen und in Zucht halten. Wie viele denken aber an nichts anderes als an ihr leibliches Wohlsein.

*

O wie gut sind jene kleinen Abtötungen, die von niemand gesehen werden: wenn man z. B. eine Viertelstunde früher aufsteht oder in der Nacht einen Augenblick zum Gebet verwendet.

*

Sehr nützliche Abtötungen sind auch: es sich versagen, am Ofen Wärme zu suchen; wenn man schlecht sitzt, nicht suchen, besser zu sitzen; wenn man sich in einem Garten ergeht, sich den Genuß einiger Früchte zu versagen, die besonders anlocken; bei den Mahlzeiten sich der Leckerbissen zu enthalten; auf den Anblick eines reizenden Gegenstandes zu verzichten, besonders in den Straßen der großen Städte.

*

Wir müssen unser Herz dem Stolz, der Sinnlichkeit und allen übrigen Leidenschaften verschließen, gleichwie man die Türen und Fenster verschließt, damit niemand eindringen kann.

Wir haben nur unsern Willen als Eigentum; dieser ist das Einzige, was wir von uns selbst nehmen können, um es dem lieben Gott zu schenken. Daher ist ihm ein einziger Akt der Verzichtleistung auf den Willen wohlgefälliger, als wenn man dreißig Tage lang fastet.

*

So oft wir unserm Willen entsagen, um den Willen anderer zu tun — sofern es dem Gesetze Gottes nicht widerstrebt — erwerben wir uns große Verdienste, die nur Gott allein bekannt sind. Was macht das Klosterleben so verdienstlich? Dies, daß man in jedem Augenblick seinem Willen entsagt; daß man beständig das abtötet, was in uns das Lebendigste ist. Ich habe oft gedacht, daß das Leben einer armen Dienstmagd, die keinen andern Willen hat als den ihrer Herrschaft, Gott ebenso wohlgefällig ist, als das Leben einer Nonne, die immer die Regel befolgt.

*

Als ein Pfarrer darüber klagte, daß er das Herz seiner Pfarrkinder nicht umwandeln könne, sagte ihm Vianney: »Sie haben gebetet, Sie haben geweint, Sie haben geseufzt. Haben Sie aber auch gefastet, sind Sie auf dem harten Boden gelegen, haben Sie sich gegeißelt? Glauben Sie doch ja nicht, alles getan zu haben, so lange Sie das nicht tun!«

 

 

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KREUZ UND LEID

 

Die Kreuze sind auf dem Wege zum Himmel wie eine schöne steinerne Brücke über einen Fluß, um leicht über ihn gehen

zu können.

*

Das Kreuz ist die Leiter zum Himmel. Um in den Himmel zu kommen, muß man leiden. Der liebe Gott will, daß wir das Kreuz nie aus dem Auge verlieren. Man stellt es daher auch überall auf: an den Wegen, auf den Höhen, auf den öffentlichen Plätzen, so daß wir überall bei seinem Anblick sprechen können: »Seht, wie Gott uns geliebt hat!«

*

Das Kreuz ist die Gabe, womit Gott seine Freunde beschenkt.

*

Man hat den Mut nicht, sein Kreuz zu tragen. Wie töricht ist das! Wir müssen unser Kreuz doch tragen. Was wir auch tun mögen, das Kreuz hält uns fest, wir können ihm nicht entgehen.

*

Die Furcht vor dem Kreuze ist unser größtes Kreuz.

*

Ach, die meisten Menschen fliehen vor Kreuz! Je mehr sie ihm aber entrinnen wollen, desto mehr verfolgt sie das Kreuz, desto schwerer und zermalmender wird es für sie. Wir sollten vielmehr unsere Kreuze benützen, um in den Himmel zu gelangen.

*

Kreuz und Leid vereinigen uns mit unserm Herrn; sie reinigen uns, sie lösen uns von dieser Welt, sie entfernen alle Hindernisse aus unserem Herzen.

*

Die Kreuze, welche in den Flammen der Liebe umgebildet werden, sind wie ein Bündel Dornen, die ins Feuer geworfen und in Asche verwandelt worden sind. Die Dornen sind zwar hart, die Asche aber ist weich.

*

Wie gut stirbt man, wenn man am Kreuze gelebt hatl

*

Durch das Kreuz kommt man in den Himmel.

*

Die Krankheiten, die Versuchungen, die Leiden sind lauter Kreuze, die uns zum Himmel führen.

*

Wie, das Kreuz sollte uns den Frieden verlieren lassen? Es gibt ja der Welt den Frieden und soll ihn auch in unser Herz bringen! Alle unsere Nöte rühren davon her, daß wir das Kreuz nicht lieben. Gerade die Furcht vor den Kreuzen vermehrt unser Kreuz. Ein Kreuz, das gern und ohne allen Einfluß der Eigenliebe — die alles Beschwerliche übertreibt — getragen wird, ist kein Kreuz mehr.

*

Ich begreife nicht, wie es möglich ist, daß ein Christ das Kreuz nicht liebt und es flieht. Flieht man alsdann nicht zugleich auch Den, der sich daran heften ließ und für uns daran starb?

*

Wer das Kreuz nicht liebt, der kann zwar selig werden, doch nur sehr schwer. Er wird dann wie ein Sternchen am Firmament sein. Wer aber für seinen Gott gelitten und gekämpft hat, der wird leuchten wie eine schöne Sonne.

*

Wenn wir die Kreuze mit Ergebung tragen, sind wir außerordentlich fruchtbar an allen Tugenden. Ohne Kreuz sind wir aber dürr und unfruchtbar.

*

Die Weltleute werden trostlos, wenn sie ein Kreuz haben. Die guten Christen aber werden trostlos, wenn sie keines haben. Der Christ lebt mitten unter den Kreuzen, wie der Fisch im Wasser.

*

Das Kreuz ist das gelehrteste Buch, das man lesen kann. Jene, die dieses Buch nicht kennen, sind unwissend, wenn sie auch alle übrigen Bücher kannten. Nur jene sind wirklich gelehrt, die dieses Buch lieben, es zu Rate ziehen und recht andächtig darin lesen.

*

Wir klagen, daß wir leiden müssen! Und doch hätten wir weit mehr Grund zu klagen, wenn wir nicht leiden dürfen, da uns nichts unserm Herrn ähnlicher macht, als das Kreuztragen.

*

»Es ist gar so hart«, sagt ihr, »leiden zu müssen.« Nein, es ist nicht hart. Man muß nur lieben, indem man leidet, und leiden, indem man liebt.

*

Es gibt zwei Arten zu leiden: Leiden, indem man liebt, und leiden, ohne zu lieben.

*

Ob man will oder nicht, man muß doch leiden. Der eine leidet wie der gute Schacher, der andere wie der böse. Beide aber leiden. Der Unterschied ist folgender: Der eine weiß seine Leiden verdienstlich zu machen, er nimmt sie als Sühne für seine Sünden an. Der andere dagegen leidet nur gezwungen.

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Alle Heiligen litten geduldig, voll Freude und mit Beharrlichkeit, weil sie liebten. Wir dagegen leiden mißmutig und ungern. Auch werden wir gleich im ersten Augenblick müde, weil wir eben nicht lieben. Wenn wir Gott liebten, dann würden wir auch das Kreuz lieben, ja wir würden ein Verlangen nach ihm haben, wir würden uns in ihm freuen. Wir würden uns sogar glücklich schätzen, daß wir aus Liebe zu Dem leiden können, der aus Liebe zu uns so viel gelitten hat.

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Der Heiland ist unser Vorbild. Nehmen wir unser Kreuz und folgen wir ihm nach!

*

In einer benachbarten Pfarrei war ein Knabe, der ganz geschunden im Bette lag — so krank und elend war er. Ich sprach zu ihm: »Mein armer Kleiner, du leidest sehr!« — Er antwortete mir: »Nein, Herr Pfarrer, ich fühle mein gestriges Übel nicht und morgen werde ich meinen heutigen Schmerz nicht fühlen.« — »Möchtest du nicht geheilt werden?« — »Nein, denn ich war bös, ehe ich krank wurde; ich könnte es wieder werden. Ich bin gerne so, wie ich jetzt binl« — Seht, wie das Wohlsein oft nachteilige, das Leiden aber gute Folgen hat!

*

Der liebe Gott verlangt von uns nicht den Martertod des Leibes, er verlangt bloß den Martertod des Herzens und des Willens. Immer ist es Gott, der uns dieses Mittel gibt, um ihm unsere Liebe beweisen zu können.

*

Alle Leiden sind süß, wenn man sie in Vereinigung mit unserm Herrn erträgt.

*

Wir müssen um die Liebe zum Kreuze beten, dann wird es süß!

 

 

VERSUCHUNGEN UND PRÜFUNGEN

 

Gleichwie der gute Soldat keine Furcht vor dem Kampfe hat, so soll auch der gute Christ keine Furcht vor der Versuchung haben. Alle Soldaten sind gut in der Garnison; erst auf dem Schlachtfelde erkennt man den Unterschied zwischen den Mutigen und den Feigen.

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In den Kämpfen gegen die Hölle und im Widerstand gegen die Versuchungen beweisen wir Gott unsere Liebe.

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Drei Dinge sind durchaus notwendig gegen die Versuchung: Das Gebet, damit wir erleuchtet werden; die Sakramente, damit wir gestärkt werden; und die Wachsamkeit, damit wir beharrlich bleiben.

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Der Christ soll immer kampfbereit sein. Gleichwie in Kriegszeiten immer Wachen an verschiedenen Orten aufgestellt werden, um acht zu haben, ob der Feind sich nahe, so sollen auch wir immer auf unserer Hut sein. um zu sehen, ob uns der Feind keine Schlinge lege, und ob er nicht heranschleiche, um uns zu überraschen.

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Von zwei Dingen das Eine: der Christ beherrscht entweder seine Leidenschaften, oder seine Leidenschaften beherrschen ihn; es gibt da kein Drittes. Es verhält sich hier gerade so, wie wenn zwei Menschen mit einander ringen: der Stärkere wird den Schwächeren immer zu Boden werfen. Und einer ist gewöhnlich stärker; er ist dann Meister über den andern. Auch mit unsern Neigungen ist der Kampf selten gleich: entweder beherrschen uns unsere Neigungen oder wir beherrschen sie.

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Einst fragte man einen Hirten, wer er sei. »Ein König bin ich«, antwortete er. — »über wen regierst du denn?« — »über meine Untertanen«. — »Und wer sind deine Untertanen?« — »Meine Neigungen«. — Dieser Hirte sagte ganz mit Recht, daß er König sei.

*

Die Versuchung ist eine Quelle von Verdiensten.

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Eines von den Mitteln, durch die man gegen Versuchungen am sichersten Widerstand leistet, ist ein für die Verherrlichung Gottes tätiges Leben. Wie viele überlassen sich der Weichlichkeit und dem Müßiggang! Es ist daher auch nicht zu verwundern, daß sie der Teufel unter seinen Füßen hat.

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Wenn wir meinen, es sei alles verloren, brauchen wir nur zu rufen: »Herr, hilf uns, sonst gehen wir zugrunde!« Unser Herr ist ja immer in unserer Nähe. Er sieht uns mit Wohlgefallen zu, wenn wir gut kämpfen; er lächelt uns zu und spricht: »Wahrhaftig, du liebst mich; ich sehe es, daß du mich liebst.«

*

Man kann fast sagen, man könne sich glücklich schätzen, wenn man Versuchungen hat. Die Versuchung ist nämlich der Zeitpunkt der geistlichen Ernte, wo wir für den Himmel einsammeln.

*

Es wird einmal der Tag kommen, an dem wir einsehen werden, daß wir nicht zu viel getan haben, um den Himmel zu gewinnen.

*

Kämpfen wir unverdrossen! Wenn der Teufel einmal sieht, daß er einfach nichts über uns vermag, dann wird er uns in Frieden lassen. Sein gewöhnliches Verfahren gegen die Sünder, die zu Gott zurückkehren, ist dieses: Er läßt sie die Süßigkeiten der ersten Augenblicke ihrer Bekehrung genießen, weil er wohl weiß, daß er nun nichts gewinnen kann; sie sind da zu ernstlich mit ihrem Heile beschäftigt. Er wartet einige Monate, bis ihr Eifer nachläßt. Dann beginnt er, sie zu bewegen, das Gebet und die Sakramente zu vernachlässigen. Hierauf greift er sie mit verschiedenen Versuchungen an; dann folgen schwere Kämpfe. In dieser Zeit muß man besonders inbrünstig um Kraft bitten, damit man sich ja nicht beugen läßt.

*

Es war einmal eine Heilige, die nach der Versuchung klagte und zum Heiland sprach: »Wo warst du doch, o mein liebster Jesus, während dieses furchtbaren Sturmes?« Er aber antwortete ihr: »Ich war mitten in deinem Herzen und sah mit Freude zu, wie du kämpftest.«

*

Die schlechten Christen läßt der Teufel gern in Ruhe. Gegen jene aber, die nach dem Guten streben, erregt er tausend Verleumdungen, tausend Beschimpfungen. Dies ist eine Quelle von großen Verdiensten.

*

Ein Heiliger ging einmal an einem Kloster vorüber; er sah da viele Teufel, welche die Mönche marterten, ohne daß es ihnen gelang, sie zu verführen. Er ging dann an einer Stadt vorüber und sah da einen einzigen Teufel, der die Arme kreuzte und die ganze Bevölkerung vorüber gehen ließ. Der Heilige fragte ihn, warum er für eine große Stadt allein da sei, während ihrer so viele eine Handvoll Mönche quälten. Der Teufel antwortete ihm, er reiche schon hin für die Stadt, weil er jene, die dem Haß, der Un-keuschheit, der Trunksucht ergeben sind, durch eben diese Leidenschaften fange, so daß also hier sein Geschäft leicht sei, während die Mönche ihm viel mehr zu schaffen machten.

*

Manche sind so schwach, daß sie sich schon bei kleinen Versuchungen wie ein Blatt Papier biegen lassen! Würden sie den tapferen Soldaten gleich stets mutig vordringen, so oft sich die Versuchung naht, dann fühlten sie ihr Herz von Gott gestärkt.

*

Wir dürfen nicht glauben, daß es irgend einen Ort auf Erden gibt, wo wir diesem Krieg entrinnen könnten, überall werden wir den Teufel finden. Und überall wird er sich bemühen, uns den Himmel zu entreißen, überall aber und immer können wir Sieger sein. Es verhält sich da nicht wie bei andern Kämpfen. Von zwei Parteien, die mit einander kämpfen, schreibt sich nicht selten jede den Sieg zu. Hier aber können wir, wenn wir wollen — mit der Gnade, die uns nie versagt wird — immer triumphieren.

*

Wenn wir von der heiligen Gegenwart Gottes recht durchdrungen wären, würde es für uns sehr leicht sein, dem Feinde Widerstand zu leisten. Bei dem Gedanken: »Gott sieht mich!« würden wir nie sündigen.

*

Die Prüfungen, die Gott uns schickt, sind keine Züchtigungen, sondern Gnaden.

*

Die Prüfungen zeigen deutlich, wie wohlgefällig ein Werk Gott ist.

 

 

VON DEN ARMEN UND VOM ALMOSENGEBEN

Wie glücklich sollten wir sein, wenn die Armen zu uns kommen, um uns um eine Gabe zu bitten! Kämen sie nicht, so müßten wir sie aufsuchen; doch dazu haben wir nicht immer Zeit.

*

Die Armen soll man nie zurückweisen. Kann man ihnen nichts geben, so bitte man Gott, er möge Andere anregen, es zu tun.

*

Verachtet die Armen nie, denn diese Verachtung würde auf Gott zurückfallen!

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Es ist nicht übernatürlich verdienstlich, Gutes zu tun, wenn es nur aus natürlichen Antrieben geschieht.

*

Viele geben nur Almosen, um gesehen, gelobt und bewundert zu werden. Andere können nicht genug Dank erhalten. Alle diese handeln nicht recht! — Wenn ihr nur um der Welt willen Almosen spendet, so habt ihr recht, euch zu beklagen. Wenn ihr aber um des lieben Gottes willen Almosen gebt, was liegt dann daran, ob man euch danke? — Wir sollen allen soviel Gutes tun, als wir nur können, unsern Lohn aber nur von Gott allein erwarten.

*

Betrachtet den heiligen Johannes von Gott! Er hatte die Gewohnheit, den Armen die Füße zu waschen, bevor er ihnen zu essen gab. Während er sich eines Tages über die Füße eines Armen neigte, sah er, daß diese durchbohrt waren. Da richtete er tief bewegt sein Haupt empor und rief aus: »Du bist es also, Herr!« Der Heiland aber sprach zu ihm: »Johannes, ich sehe es so gerne, wie du für meine Armen sorgst«, und verschwand.

*

Manche wenden ein: »Oh, die Armen machen einen schlechten Gebrauch von den Almosen.« — Mögen die Armen die Gaben gebrauchen wie sie wollen, sie werden einst darüber Rechenschaft ablegen müssen. Ihr aber werdet wegen der Almosen gerichtet werden, die ihr hättet geben können und nicht gegeben habt.

 

 

DIE SÜNDE UND DER SÜNDER

 

O meine Kinder, wie undankbar sind wir! Der liebe Gott will uns glückselig machen, ganz gewiß. Nur deshalb hat er uns sein Gesetz gegeben. Wir aber wenden uns von ihm ab und neigen uns zu dem Teufel hin. Wir fliehen unsern Freund und suchen unsern Henker auf. Wir begehen Sünden und versinken im Kot. Wenn es sich um unser irdisches Glück handelte, würden wir alles Mögliche tun, aus dem Elende herauszukommen; weil es sich aber nur um unsere Seele handelt, bleiben wir mit unbegreiflicher Gleichgültigkeit und Blindheit darin.

*

Schaut, Gott kommt auf die Erde herab, um das Opfer für unsere Sünden zu werden! Gott leidet, Gott stirbt, Gott erduldet alle erdenkliche Marter, weil er die Last unserer Missetaten tragen will. Erkennen wir doch beim Anblick des Kreuzes die Bosheit der Sünde, und wie sehr wir sie hassen sollen!

*

Wenn wir die schrecklichen Folgen der Sünde recht begreifen würden, hätten wir einen so großen Abscheu vor ihr, daß es kaum möglich wäre, je mehr eine zu begehen.

*

O wie töricht sind wir doch! Der liebe Gott ruft uns zu sich, und wir fliehen ihn! Er will uns selig machen, und wir handeln seinem Willen zuwider! Er gebietet uns, ihn zu lieben, und wir geben unser Herz dem Teufel! Wir wenden die kostbare Zeit, statt unser Heil zu wirken, dazu an, uns zu verderben! Wir führen Kriege gegen ihn mit eben den Mitteln, die er uns gegeben hat, damit wir ihm getreulich dienen sollen!

*

Ach, wer kann die Torheit begreifen, den zu beleidigen, der uns nur Gutes getan hat und fortwährend noch tut, und den Willen des Teufels zu erfüllen, der nur sucht, uns zu schaden und ins Verderben zu stürzen!

*

Die Sünde ist die Mörderin der Seele. Sie reißt uns aus dem Himmel und stürzt uns in die Hölle.

*

Wenn wir es recht einsehen würden, was es heißt, Kinder Gottes zu sein, so könnten wir unmöglich etwas Böses tun; wir wären wie Engel auf Erden.

*

Es gibt Leute, die den lieben Gott nicht lieben, die nicht zu ihm beten, und doch so gut vorwärtskommen. Das ist ein böses Zeichen! Sie haben neben vielem Bösen auch einiges Gutes getan, und dafür belohnt sie der liebe Gott in diesem Leben.

*

Bedenkt ihr es denn nicht, wie wahnsinnig es ist, sich die Hölle zu verdienen, indem man sich mit dem Teufel verbündet, während jeder doch so leicht schon in diesem Leben die Freude des Himmels genießen könnte, wenn er nur Gott liebte und sich durch die Liebe mit ihm vereinigte? Die armen Sünder scheinen mit aller Gewalt den Urteilsspruch, der sie zur Gesellschaft der Teufel verdammt, erzwingen zu wollen.

*

Als Vianney einst vor Erschöpfung zusammengebrochen war und sein Ende nahe schien, frug ihn sein Vikar: »Wenn Sie jetzt die Wahl hätten, sogleich in den Himmel hinaufsteigen zu dürfen oder hier zu bleiben, um an der Bekehrung der Sünder weiter zu arbeiten, was würden Sie wählen?« — »Ich würde bleiben«, lautete die Antwort.

*

Das Herz der Bösen ist ein Ameisenhaufen von Sünden. Es gleicht einem Stück verfaulten Fleisches, um das sich die Würmer streiten.

*

Ihr wißt wohl, daß alle guten Werke, die wir im Stand der Todsünde verrichten, tot sind. Sie können zwar unsere Bekehrung erlangen, was schon ein großes Glück ist, aber sie werden in der Ewigkeit nicht belohnt werden. O ihr Unglücklichen, die ihr lange Zeit in der Sünde lebt, wie viele guten Werke sind für euch verloren, die euch sicher in den Himmel geführt hätten! Wozu nützen euch aber so alle Leiden und Mühseligkeiten des Lebens?!

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Die armen verhärteten Sünder, die ihr Leben fern von Gott zubringen und erst dann in seinem Weinberge arbeiten wollen, wenn sie sonst nichts anderes mehr tun können und die erst dann die Sünde verlassen wollen, wenn die Sünde sie verläßt, sind sehr zu beklagen. Wer so viele Jahre im Bösen versunken war, wer sich gänzlich in den Schlamm der Sünde versenkt hat, ach, bei dem ist ein Wunder nötig, um daraus gerettet zu werden.

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Nur die schlechten Christen wollen vom Gebet und von den Sakramenten nichts wissen und bleiben in der Sünde verstrickt.

*

Wie selten würden wir Böses tun, wenn wir recht ernstlich bedächten, was wir tun! Fragt euch selber: »Was hat uns denn der liebe Gott getan, daß wir fähig sind, ihn zu beleidigen? Was hat er uns denn getan, daß wir ihn unbegreiflicherweise von neuem kreuzigen; ihn, der uns so liebreich der Hölle entrissen hat?« Denkt euch, so oft euch eine Versuchung zur Sünde reizt, recht lebhaft, daß ihr auf dem Wege zur Sünde unserm Herrn begegnet, der zu euch spricht: »Ach, kehrt um, kehrt doch um; denn dort, wohin ihr gehen wollt, werde ich von neuem gekreuzigt!«

*

Der liebe Gott wird auf Erden so sehr beleidigt, daß man versucht sein könnte, um das Ende der Welt zu bitten. Wenn es nicht einige schöne Seelen gäbe, die bei dem vielen Bösen, das man sieht und hört, einem das Herz erquicken und den Augen wohl tun, so könnte man es in diesem Leben nicht aushalten.

 

 

DREI HAUPTSÜNDEN: GEIZ, UNKEUSCHHEIT, STOLZ

 

Es gibt zwei Arten von Geizigen: die Geizigen des Himmels und die Geizigen der Erde. Die Geizigen der Erde gehen mit ihren Gedanken nicht über die Zeit hinaus; sie haben nie genug, sie häufen immerfort auf. Wenn aber der Augenblick des Todes kommt, dann haben sie doch nichts. Der gute Christ — ein Geiziger des Himmels — macht sich sehr wenig aus den Gütern der Erde. Er denkt nur daran, seine Seele zu schmücken. Er sammelt nur das, was ihn ewig befriedigen kann und ewig dauern wird.

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Wenn der Tod kommt, dienen die irdischen Güter nur zur Beunruhigung. Wir nehmen nichts mit. Wir lassen alles zurück.

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Ich glaube, daß niemand so sehr zu beklagen ist, wie die Reichen, wenn sie Gott nicht lieben.

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Die Heiligen hingen den irdischen Gütern nicht so sehr an wie wir. Sie hingen aber dem an, was sie ewig befriedigen wird.

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Der Leib des Christen ist ein Tempel des Heiligen Geistes. Wenn wir aber das Unglück hatten, die Sünde der Unkeuschheit zu begehen, dann werden wir zur Höhle des Teufels.

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Unser Herr hat gesagt, daß nichts Unreines in sein Reich eingehen wird. Wie sollte auch eine befleckte Seele vor Gott erscheinen dürfen, der unendlich rein und heilig ist?

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Wir alle sind gleichsam kleine Spiegel, worin Gott sich betrachtet. Wie könnte sich Gott in einer unreinen Seele erkennen?

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Jene, welche die Reinheit verloren haben, gleichen einem Stück Tuch, das voll Fettflecken ist: Waschet es, trocknet es, die Flecken kehren immer wieder zurückl Es ist daher ein Gnadenwunder nötig, wenn eine unreine Seele wieder rein werden soll.

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Im Blick des Reinen liegt eine Offenheit und Anständigkeit, die gleich zeigt, daß sich sein Herz gern mit dem lieben Gott beschäftigt. Die Blicke des Unreinen dagegen zeigen oft ein unheimliches Feuer. Der Satan setzt sich in seine Augen, um andere zu Falle zu bringen und zum Bösen fortzureißen.

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Der Stolz ist die verfluchte Sünde, welche die Engel aus dem Himmel vertrieben und sie in die Hölle gestürzt hat.

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»Sie haben ein Laster, das Sie in die Hölle zerrt, der Stolz«, erklärte Vianney eines Tages einem Kaufmann.

Der Stolz ist die Kette, die alle Laster verbindet.

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Der christlichen Liebe läuft nichts mehr zuwider als der Stolz. Sie verhalten sich zueinander wie Feuer und Wasser.

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Eine stolze Person glaubt, alles, was sie tut, sei recht getan. Sie will über alle herrschen, die es mit ihr zu tun haben. Sie hat immer recht und hält ihre Meinung stets für besser als die der andern.

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Wollt ihr wissen, ob jemand stolz sei, so hört ihn nur reden! Ein Stolzer will immer das Wort haben, spricht immer nur von sich selber, macht immer alles besser als andere. Nur er tut Gutes. Er tadelt die Handlungen anderer in der Hoffnung, dadurch die seinigen hervorzuheben.

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Es gibt vielerlei Arten, aus Stolz zu sündigen: Viele zeigen Stolz in ihren Kleidern, in ihrer Sprache, in ihrer Haltung, in ihrem Gange. Andere können, wenn sie etwas Gutes tun, es nicht lassen, davon zu erzählen. Der Gedanke, man könnte eine schlechte Meinung von ihnen haben, macht sie trostlos. Manche vermeiden sorgfältig den Umgang mit Armen und suchen stets nur die Gesellschaft der Reichen. Wieder andere rühmen sich und sind voll Eitelkeit, wenn sie Zutritt bei den Großen der Welt haben.

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Die Stolzen und Ruhmsüchtigen haben gar keinen Gewinn von ihren guten Werken. Im Gegenteil, diese verwandeln sich in Sünden.

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Nur der Stolz hindert uns. Heilige zu werden.

 

 

VOM HASS

 

Wenn wir unsern Nächsten hassen, so wendet sich dieser Haß gegen uns. Er ist ein Pfeil, der sich gegen uns kehrt.

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Die Heiligen haben keinen Haß; sie vergeben alles.

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Dem Hasse ist und bleibt die Pforte des Himmels verschlossen.

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Das sicherste Mittel, die Absicht des Teufels zu vereiteln, wenn er in uns Gedanken des Hasses gegen jene erregt, die uns Böses getan haben, ist, recht inbrünstig für ihre Bekehrung zu beten. Das ist das Beste: das Böse durch das Gute zu überwinden! — So haben es die Heiligen immer gemacht.

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Manche stellen sich nach außen fromm, sind aber im Innern wegen der kleinsten Beleidigung, wegen der kleinsten Verleumdung aufgebracht.

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Nur den Teufel und die Sünde dürfen und sollen wir hassen.

 

 

ÜBER DIE HEILIGE BEICHT

 

er beichten will, soll wohl bedenken, was er zu tun im Begriffe ist! Man kann sagen, er habe vor, unserem Herrn die Nägel aus den Händen und Füßen zu ziehen.

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Als einst ein gebildeter Weltmann erklärt hatte: »Ich glaube an die Beicht so wenig als an alles übrige, ich möchte nur mit Ihnen vernünftig reden«, da sagte ihm der Heilige: »Sie haben keinen Glauben, mein Freund? O wie sehr beklage ich Sie! Sie leben im Nebel. Ein kleines Kind weiß mit seinem Katechismus mehr als Sie. Ich hielt mich für sehr unwissend; aber Sie sind es doch noch mehr als ich. — Sie haben keinen Glauben? Gut, lassen Sie sich doch hier nieder! Ich will Ihre Beichte hören. Wenn Sie gebeichtet haben, werden Sie alles glauben wie ich«.— Der Herr kniete nach einigem Widerstreben nieder, machte das Kreuzzeichen — und beichtete. Dann stand er wieder auf, nicht bloß vollkommen getröstet, sondern auch vollkommen glaubend. Er hatte es erfahren, daß der kürzeste und sicherste Weg zum Glauben der ist, die Werke des Glaubens zu tun.

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Wer schwer krank ist, braucht den Arzt und muß sich nach den Vorschriften richten. Ebenso müssen jene, die schwer gesündigt haben, zum Arzt der Seelen ihre Zuflucht nehmen — das ist der Priester — und das vorgeschriebene Heilmittel anwenden — das ist die Beichte.

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Ihr setzt euch der Gefahr aus, das Buß-Sakrament zu entweihen, wenn ihr den Augenblick abwartet, wo Geräusch um den Beichtstuhl gemacht wird, und dann schnell die Sünden bekennt, die am peinlichsten sind. Ihr beruhigt euch leicht, indem ihr euch sagt: »Wir haben sie ja gebeichtet; wenn der Beichtvater nicht recht gehört hat, so ist dies nicht unsere Schuld!« Es ist aber doch eure Schuld, und zwar eine große, da ihr ja unredlich gehandelt habt! Viele sprechen auch manchmal schnell in dem Augenblick, wo der Priester nicht voll aufmerkt.

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»Viele«, sagt man, »beichten, wenige aber bekehren sich.« Das ist leicht begreiflich. Es beichten eben nur wenige mit einem aufrichtigen Reueschmerz. *

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Das Buß-Sakrament entreißt uns den Krallen des Teufels!

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Wenn du gut gebeichtet hast, dann hast du den Teufel angekettet!

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Die Sünden, die wir verbergen, werden alle wieder zum Vorschein kommen. Wollen wir unsere Sünden recht verbergen, so müssen wir sie aufrichtig beichten.

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Wie viele hindert die falsche Scham, aufrichtig zu beichten!

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Wenn man zu den armen Verdammten, die schon lange in der Hölle sind, sagen würde: »Wir wollen einen Priester an die Türe der Hölle stellen. Alle, die beichten wollen, brauchen nur herauszukommen und zu ihm zu gehen« — meint ihr, daß ein Einziger zurückbliebe? Die Schuldigsten würden sich nicht scheuen, ihre Sünden anzuklagen, ja, sie vor der ganzen Welt zu bekennen. Wie schnell würde da die Hölle leer und der Himmel bevölkert! — Nun seht, wir haben noch die Zeit und die Mittel, die den armen Verdammten nicht mehr zur Verfügung stehen.

 

 

HEILIGE KOMMUNION

 

Was der Mensch nicht sagen oder nicht einmal denken kann, und was er nicht zu verlangen gewagt hätte, das hat Gott in seiner unendlichen Liebe gedacht, gesagt und ausgeführt. Oder hätten wir je gewagt, von Gott zu verlangen, er solle seinen Sohn für uns sterben lassen, er solle uns sein Fleisch zu essen und sein Blut zu trinken geben?! Von einer so großen Liebe Gottes zu den Menschen konnte der Mensch gar keinen Begriff haben.

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Als Gott unserer Seele Nahrung geben wollte, damit sie die Kraft habe, ihren Pilgerlauf vollbringen zu können, überblickte er die ganze Schöpfung und fand nichts, das ihrer würdig gewesen wäre. Da wandte er sich auf sich selber zurück und beschloß, sich selber uns zu schenken.

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Die Seele kann sich nur von Gott nähren, nur Gott genügt ihr! Nur Gott kann sie erfüllen! Nur Gott kann ihren Hunger stillen! Sie muß einfach ihren Gott haben!

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Da die Seele, die ein Geist ist, durch nichts Geschaffenes ernährt werden kann, so wollte Gott selber sich ihr zur Speise geben. Aber wie schade! Man nimmt so wenig zu dieser göttlichen Nahrung seine Zuflucht, um sich auf der Wanderung durch die Wüste dieses Lebens zu stärken und aufrecht zu erhalten. Wie eine Person, die neben einem wohl gedeckten Tische vor Hunger stirbt, lassen manche fünfzig, sechzig Jahre vergehen, ohne ihre Seele zu nähren!

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O Mensch, wie groß bist du! Du wirst gespeist und getränkt mit dem Leibe und dem Blute Gottes! O welch süßes Leben ist dieses Leben der Vereinigung mit dem lieben Gott! Das ist der Himmel auf Erden!

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Nicht alle, die sich den Sakramenten nahen, sind Heilige, aber man findet die Heiligen stets unter denen, die sie öfters empfangen.

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Geht zu ihm, um von ihm zu leben und damit ihr für ihn leben könnt! Sagt doch nicht, ihr hättet zuviel zu tun! Hat denn nicht der göttliche Erlöser gesagt: »Kommet alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid und ich will euch erquicken«? Könnt ihr einer so überaus zärtlichen und freundlichen Einladung widerstehen?

*

Sagt nicht: »Wir sind nicht würdig.« Ihr seid doch so bedürftig! Wenn der Heiland an unsere Unwürdigkeit gedacht hätte, dann hätte er sein Liebessakrament nie eingesetzt, denn niemand in dieser Welt ist seiner würdig.

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Eine gut empfangene Kommunion bewirkt, daß eine Seele von der Liebe zu Gott entflammt wird und sich um die Erde nicht mehr kümmert.

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Eine heilige Kommunion, eine einzige, vermag dem Menschen die Erde zu verleiden und ihm einen Vorgeschmack der himmlischen Wonne zu geben.

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Wenn wir den lieben Gott in unserm Herzen haben, dann soll es ganz brennend sein. Das Herz der Jünger von Emmaus brannte schon, als sie ihn nur sprechen hörten.

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Eine Seele, die das Altarssakrament würdig empfangen hat, ist so sehr in die Liebe versenkt, von ihr durchdrungen und umgewandelt, daß man sie in ihren Worten, in ihren Handlungen nicht mehr erkennt. Sie ist dann zu den größten Opfern fähig; sie ist überirdisch.

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Wenn das Menschenherz alle die Güter begreifen könnte, die in der heiligen Kommunion enthalten sind, wäre nichts weiter zu seiner Befriedigung erforderlich. Der Habsüchtige würde nicht mehr seinen Schätzen nachlaufen, der Ehrgeizige nicht mehr dem Ruhme. Ein jeder würde, den Staub abschüttelnd, der Erde entsagen und sich zum Himmel aufschwingen.

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Vergleicht alle guten Werke der Welt mit einer gut empfangenen Kommunion, so sind sie wie ein Stäubchen gegen einen Berg. Betet, wenn ihr den lieben Gott in eurem Herzen habt! Er kann euch da nichts versagen, wo ihr ihm seinen Sohn und die Verdienste seines heiligen Todes und Leidens darbringt.

*

Wenn man vom Tische des Herrn kommt, sollte man nicht gleich lesen. O nein! Denn wozu brauchen wir noch Menschenworte, wenn Gott selber spricht? Lassen wir uns da ja kein Wort von dem entgehen, was der liebe Gott in unserm Herzen spricht!

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Bewahrt unsern Herrn nach der Kommunion recht getreulich in einem frommen und reinen Herzen und in einem gesammelten Geiste! So werdet ihr von einer Kommunion bis zur andern ein verzehrendes Feuer in euch fühlen, das euren Herzen eine unwiderstehliche Neigung zum Guten und den tiefsten Abscheu vor dem Bösen einflößt. *

Wer recht kommuniziert, verliert sich in Gott, wie sich ein Tropfen Wasser im Ozean verliert. Sie sind nicht mehr von einander zu trennen.

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Wenn wir die heilige Kommunion empfangen, empfangen wir unsere Freude und unsere Glückseligkeit.

*

Weinend sagte der sterbende Pfarrer von Ars: »Es ist so traurig, zum letzten Mal kommunizieren zu sollen.«

*

Nach der Kommunion könnten wir, auf die Frage: »Was tragt ihr nun in euer Haus?« antworten: »Wir tragen den Himmel in unser Haus.«

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Wir sollten alles uns Mögliche tun, um es zu verdienen, unseren Herrn alle Tage empfangen zu dürfen.

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Wie schön wird eine Seele in der Ewigkeit sein, wenn sie den lieben Gott oft und würdig empfangen hat! Der Leib unseres Herrn wird durch unsern Leib, sein anbetungswürdiges Blut durch unser Blut hindurchleuchten.

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Wenn wir nach dem Empfang des Sakramentes fühlen, daß unsere Liebe zu Gott erkaltet, so sollen wir schnell die geistliche Kommunion verrichten.

*

Sind wir der sakramentalen Kommunion beraubt, so wollen wir sie durch die geistliche Kommunion ersetzen, die wir ja in jedem Augenblick verrichten können. Wir sollten immer das heiße Verlangen haben, den lieben Gott zu empfangen.

 

 

DAS HEILIGE MESSOPFER

 

Alle guten Werke zusammen kommen an Wert dem Meßopfer nicht gleich, weil sie Werke der Menschen sind, die heilige Messe aber ein Werk Gottes ist.

*

Um die Messe so feiern zu können, wie man es eigentlich sollte, müßte man ein Seraph sein. Wenn man wüßte, was die heilige Messe ist, würde man sterben! Nur im Himmel wird man erkennen, welche Auszeichnung es ist, die Messe lesen zu können! Ach, mein Gott, wie sehr ist ein Priester zu beklagen, der das wie etwas Gewöhnliches verrichtet!

*

Wollen wir vom lieben Gott etwas erlangen, so laßt uns ihm seinen geliebten Sohn mit allen Verdiensten seines Todes und Leidens darbringen! Er wird uns dann nichts versagen können.

*

Wenn man den Wert des heiligen Opfers der Messe erkannte, oder vielmehr, wenn man Glauben hätte, würde man ihr viel eifriger beiwohnen.

 

 

VOM PRIESTER

 

Der Priester ist ein Mensch, der die Stelle Gottes vertritt, ein Mensch, der mit göttlicher Macht bekleidet ist.

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Wenn wir Glauben hätten, sähen wir Gott im Priester verborgen.

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Der Priester wird sich erst im Himmel recht begreifen. Wenn er sich auf Erden begriffe, würde er sterben; nicht vor Schrecken, sondern vor Liebe.

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Wenn ich einem Priester und einem Engel begegnete, so würde ich zuerst den Priester und dann den Engel grüßen. Dieser ist der Freund Gottes, der Priester aber sein Stellvertreter.

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Wenn ihr einen Priester seht, so sollt ihr euch sagen: »Der ist's, der mich zum Kind Gottes gemacht und mir durch die heilige Taufe den Himmel geöffnet hat; der mich von meinen Sünden reinigt und meiner Seele Nahrung gibt.«

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Der heilige Bernhard sagt, daß wir alles durch Maria bekommen. Man kann auch sagen, daß wir alles durch den Priester erhalten; ja, allen Segen, alle himmlischen Gaben.

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Ihr könnt euch an keine einzige Wohltat Gottes erinnern, ohne sogleich auch an den Priester zu denken. Die übrigen Wohltaten Gottes würden euch ohne den Priester nichts nützen. Was würde ein Haus voll Geld nützen, wenn niemand da wäre, der die Türe desselben öffnete? Der Priester hat den Schlüssel zu den himmlischen Schätzen: er öffnet die Türe, er ist der Haushalter des lieben Gottes, der Verwalter seiner Güter. Wenn auch zweihundert Engel da wären, sie könnten euch nicht absolvieren. Jeder Priester aber, auch der einfachste, kann es. Er kann zu euch sprechen: »Gehe hin in FriedenI Deine Sünden sind dir vergeben.«

*

Oh, wie eine wichtige Person ist doch der Priester! Gott gehorcht ihm! Er spricht zwei Worte, und unser Herr kommt auf seine Stimme vom Himmel herab und begibt sich in eine kleine Hostie.

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Der Priester macht durch sein Wort aus einem Stück Brot Gott. Er tut da mehr, als wenn er eine Welt erschaffen würde.

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Wenn das Kind seine Mutter sieht, so eilt es schnell zu ihr; es sträubt sich gegen jene, die es zurückhalten. — Eure Seele neigt sich in der Gegenwart des Priesters von selber zu ihm hin; sie eilt ihm entgegen.

*

Manche behaupten: »Die Priester sagen, was sie wollen.« Nein, die Priester sagen nicht, was sie wollen; sie sagen nur das, was im Evangelium steht. Die Priester, die vor uns waren, haben eben das gesagt, was wir sagen; jene, die nach uns kommen, werden genau dasselbe sagen. Sie alle sagen nur das, was unser Herr gelehrt hat.

*

Nicht auf die Person des Priesters sollte man sehen. Was man auch an dieser Person aussetzen mag, so ist der Priester doch das Werkzeug, dessen sich der liebe Gott bedient, um seine Gnaden auszuspenden. Ihr laßt eine Flüssigkeit durch einen Trichter gehen: Mag dieser von Gold oder von Kupfer sein, ist die Flüssigkeit gut, so bleibt sie immer gut.

*

Wenn man die Religion zerstören will, so beginnt man damit, den Priester anzugreifen, weil da, wo kein Priester mehr ist, auch kein Opfer mehr ist, und weil da, wo kein Opfer mehr ist, auch keine Religion mehr sein wird.

*

Nach Gott ist der Priester alles! Laßt eine Pfarrei zwanzig Jahre ohne Priester sein: man wird die Tiere darin anbeten.

*

Der Priester ist nicht Priester für sich; er ist für euch da.

*

Was uns Priester hindert. Heilige zu werden, das ist der Mangel an Betrachtung. Man kehrt nicht in sich ein, man weiß nicht, was man tut. Gebet, Vereinigung mit Gott ist es, was uns fehlt.

 

 

GEBETSÜBUNGEN

 

 

NOVENE

ZUM HEILIGEN PFARRER VON ARS

 

Die Kirche begeht das Fest d
es hl.
Johannes Maria Vianney am 9. August

 

ErsterTag

Sünde

Der heilige Pfarrer von Ars warnt: »Alles, was der Mensch im Stande der Todsünde vollbringt, hat kein Verdienst vor Gott.«

Gebet. Heiliger Pfarrer von Ars, der du das Werkzeug so vieler Bekehrungen warst, erlange mir die Gnade, die Sünde mehr und mehr zu hassen und stets ein gottgefälliges Leben zu führen. Ich erwähle dich zu meinem mächtigen Fürbitter. Amen. Vater unser usw.

Heiliger Pfarrer von Ars, bitte für mich!

 

ZweiterTag

Abtötung

Der heilige Pfarrer von Ars hat deshalb so Großes zustande gebracht, weil sein Beten und Priesterwirken beständig von strenger Abtötung und harten BuBübungen unterstützt und begleitet war.

Gebet. Heiliger Pfarrer von Ars! Befreie mich doch von meiner Opferscheu und erwirke mir den Mut, mein Sinnen und Trachten auf Gott und das Unvergängliche zu richten. Amen. Vater unser usw.

Heiliger Pfarrer von Ars, bitte für mich!

 

Dritter Tag

Liebe zu Gott

Der heilige Pfarrer von Ars ruft aus: »Der Mensch ist erschaffen, um Gott zu lieben und — er liebt ihn nicht!«

Gebet. Heiliger Pfarrer von Ars! Hilf mir, ich bitte dich, Gott immer mehr und mehr zu lieben und zwar aus meinem ganzen Herzen, aus meiner ganzen Seele, aus meinem ganzen Gemüte und aus allen meinen Kräften. Amen. Vater unser usw.

Heiliger Pfarrer von Ars, bitte für mich!

 

Vierter Tag

Heilige Eucharistie

Der heilige Pfarrer von Ars lehrt: »Anstatt zerstreut vor dem allerheiiigsten Sakrament umherzuschauen, schließen wir doch die Augen und öffnen wir das Herz, dann wird Jesus das seine öffnen.«

Gebet. Erinnere mich, heiliger Pfarrer von Ars, immer wieder Akte des Glaubens zu erwecken, damit ich tiefer und tiefer in das Geheimnis der heiligen Eucharistie eindringe. Amen. Vater unser usw.

Heiliger Pfarrer von Ars, bitte für mich!

 

FünfterTag

Gebet

Der heilige Pfarrer von Ars versichert uns: »Wir würden alles erlangen, wenn wir den lieben Gott mit recht lebendigem Glauben und mit ganz reinem Herzen anflehten.«

Gebet. Heiliger Pfarrer von Ars! Ich vereinige mich in meinem Beten mit dir, der du einen so starken Glauben, ein so kindliches Vertrauen, ein so reines Herz und eine so große Demut hattest. So hoffe ich in meinem Anliegen eher erhört zu werden. Amen. Vater unser usw.

Heiliger Pfarrer von Ars, bitte für mich!

 

Sechster Tag

Versuchung

Der heilige Pfarrer von Ars sagt: »Der Teufel ist schlau, aber er ist nicht stark; ein Kreuzzeichen schon zwingt ihn zur Flucht.«

Gebet. Heiliger Pfarrer von Ars! Wie oft schon habe ich auf deinen Todfeind gehört. Hilf mir, seine Fallstricke zu erkennen und mich seinem Einfluß zu entziehen, insbesondere in meiner letzten Lebensstunde. Amen. Vater unser usw.

Heiliger Pfarrer von Ars, bitte für mich!

 

SiebterTag

Leiden

Der heilige Pfarrer von Ars verkündet: »Alle unsere Nöte haben ihren Grund darin, daß wir das Kreuz nicht lieben!«

Gebet. Heiliger Pfarrer von Ars! Erbitte mir doch vom gekreuzigten Heiland die Gnade, das Geheimnis des Leidens besser zu erfassen, in den vielen Widerwärtigkeiten des Alltags, sowie bei körperlichen und seelischen Leiden die Geduld und den Mut nicht zu verlieren. Amen. Vater unser usw.

Heiliger Pfarrer von Ars, bitte für mich!

 

AchterTag

Nächstenliebe

Der heilige Pfarrer von Ars paßt seine Lehre dem Evangelium an, wenn er weise bemerkt: »Das Unterscheidungszeichen der Auserwählten ist die Liebe.«

Gebet. Heiliger Pfarrer von Ars! Ich kenne das Schriftwort: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.« Meistens aber liebe ich mich selbst mehr. Hilf mir, ich bitte dich, aus diesem Zwiespalt herauszukommen. Amen. Vater unser usw.

Heiliger Pfarrer von Ars, bitte für mich!

 

NeunterTag

Gottgeeintes Leben

Der heilige Pfarrer von Ars betont immer wieder: »Zwei Dinge sind es, die uns mit unserm Herrn vereinigen und unser Heil wirken: Das Gebet und die Sakramente.«

Gebet. Heiliger Pfarrer von Ars! Lehre mich das persönliche innere Beten, damit meine Seele sich immer mehr der Gnade öffne und durch den öfteren Empfang der heiligen Sakramente zur ewigen Vereinigung mit Gott heranreife. Amen. Vater unser usw.

Heiliger Pfarrer von Ars, bitte für mich!

 

 

GEBETDES PRIESTERS

 

Heiliger Johannes Maria, du Patron der Pfarrer, ich bitte dich, sei mein mächtiger Fürsprecher im Himmel und erflehe mir die Gnade, die Herzen der mir anvertrauten Gläubigen für Gott zu gewinnen: die Sünder zur Bekehrung zu führen, die Lauen und Gleichgültigen aufzurütteln und die Schwachen zu stärken. Lehre mich auch, du vorbildlicher Seelenkenner, den Zweifelnden recht zu raten, die Trauernden zu trösten, die Mutlosen aufzurichten und die Guten zu immer größerer Vollkommenheit zu führen. Hilf mir endlich, du großer Seelsorger, in deinem Geist zu arbeiten und zu opfern, um so allen alles zu werden und einst mit den mir anvertrauten Seelen die ewige Herrlichkeit des Himmels zu erlangen. Amen.

 

 

GEBET FÜR LAIEN

 

Heiliger Pfarrer von Ars, bitte Gott, daß er unsere Priester mehr und mehr mit deinem Geiste und deinem großen Seeleneifer erfülle, damit sie wahrhaft würdige Stellvertreter Christi seien und wir willig auf ihre Stimme hören, die Sünde entschiedener meiden und uns auf dem Tugendpfad gerne führen lassen, um einst ins himmlische Vaterland zu gelangen. Amen.